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12. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

23. - 25. Oktober 2013, Berlin

Bone Evaluation Study (BEST) – Epidemiologie und Versorgung der Osteoporose in Deutschland

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Silvia Klein - IGES Institut, Berlin, Germany
  • Peyman Hadji - Universitätsklinikum Giessen und Marburg, Marburg, Germany
  • Bertram Häussler - IGES Institut, Berlin, Germany
  • Roland Linder - WINEG, Hamburg, Germany
  • Thomas Steinle - AMGEN GmbH, München, Germany
  • Frank Verheyen - WINEG, Hamburg, Germany
  • Holger Gothe - IGES Institut, Berlin, Germany

12. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. Berlin, 23.-25.10.2013. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2013. DocT2-13-192

doi: 10.3205/13dkvf077, urn:nbn:de:0183-13dkvf0773

Veröffentlicht: 25. Oktober 2013

© 2013 Klein et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Osteoporose ist eine systemische Erkrankung, die zu einer verminderten Knochendichte und einem erhöhten Fraktur-Risiko führt. Osteoporose ist gut therapierbar, sodass Frakturen vermeidbar sind. In der alternden Bevölkerung werden die Prävalenz von Osteoporose und Osteoporose-assoziierten Frakturen voraussichtlich stark zunehmen, was zu hohen Kosten für das Gesundheitssystem führen wird.

Die Studie BoneEVA hat im Jahr 2003 Angaben zur Häufigkeit der Osteoporose und mit der Krankheit einhergehenden Frakturen sowie Defizite bei der Versorgung von Menschen mit Osteoporose ermittelt [1], [2].

Die BEST-Studie analysiert mithilfe von Sekundärdaten jetzt auch sektorenübergreifend Prävalenz und Inzidenz von Osteoporose sowie der Osteoporose-assoziierten Frakturen [3], beschreibt die Inanspruchnahme von Diagnostik und Therapie (Persistenz) sowie die damit einhergehenden Kosten und bestimmt Veränderungen seit 2003.

Methodik: Mithilfe von anonymisierten Abrechnungsdaten der Techniker Krankenkasse (2006-2009) wurde eine retrospektive Kohortenstudie durchgeführt. Eingeschlossen wurden Versicherte ab einem Alter von 50 Jahren mit ambulanten Diagnosen, Krankenhaus-, Anschlussheilbehandlungs- und Arbeitsunfähigkeitsdiagnosen mit dem ICD-10-Kode M80.* und M81.* sowie mit Verordnungen osteoporosespezifischer Arzneimittel. Darüber hinaus wurden Versicherte mit Frakturen über die Diagnosen (S22.*-S82.*) identifiziert. Bei Hochrechnungen auf die deutsche Bevölkerung wurde die Alters- und Geschlechtsstruktur der Versicherten berücksichtigt.

Zur Quantifizierung der Kosten wurden die direkten Gesamtkosten sowie die direkten osteoporose- bzw. frakturbedingten Kosten zu Lasten der Kranken- und Pflegeversicherung ermittelt (ambulante und stationäre Versorgung, Rehabilitation, Arzneimittel-Versorgung, Heil- und Hilfsmittel, Pflege sowie Krankengeldzahlungen aufgrund von Osteoporose).

Ergebnisse: Die Prävalenz der Osteoporose betrug 12% (Frauen: 22%; Männer: 5%) hochgerechnet auf Deutschland ergibt dies 5,6 Mio. Menschen mit Osteoporose. Die Inzidenz lag bei 1,9%, was 768.000 Menschen jährlich entspricht. 27% der identifizierten Versicherten mit Osteoporose erlitten innerhalb des Beobachtungszeitraums mindestens eine Fraktur. 69% der Versicherten mit einer Fraktur erlitten sogar mehrfach Frakturen.

Unter den Versicherten mit Osteoporose erhielten innerhalb des Beobachtungszeitraums 18% osteoporosebezogene Verordnungen (24% Basistherapie, 26% Bisphosphonate, 13% Hormontherapie). Die Gesamtpersistenz nach 360 Tagen lag bei 16,8%. Versicherte mit Osteoporose und Frakturen erhielten in 33% aller Fälle eine Basistherapie. Durchschnittlich erhielten nur 45% der Patienten mit Frakturen während des Beobachtungszeitraums osteoporosespezifische Arzneimittel.

Bei 14% der Versicherten mit Osteoporose und Frakturen fand sich eine Knochendichtemessung in den Krankenversicherungsdaten.

2009 sind der TK krankheitsbezogene Kosten in Höhe von insgesamt 142 Mio. Euro entstanden; das entspricht 714 Euro pro betroffenem Versicherten (Frauen: 700 Euro; Männer: 767 Euro). Die Höhe der Versorgungskosten stieg mit der Zahl der Frakturen pro Versichertem an: Versicherte ohne Fraktur verursachten durchschnittliche Kosten von 342 Euro, bei Versicherten mit einer oder mehreren Frakturen waren es 1.826 Euro. Die Hochrechnung der osteoporosebedingten Kosten pro Versichertem nach Alter und Geschlecht auf alle an Osteoporose erkrankten Personen über 50 Jahren in Deutschland ergibt Gesamtkosten von 4,5 Mrd. Euro im Jahr 2009 für die spezifische Versorgung dieser Patienten.

Diskussion/Schlussfolgerung: Die in BEST auf Basis von Routinedaten ermittelte Prävalenz liegt deutlich höher als die vom RKI im telefonischen Gesundheitssurvey 2009 (GEDA) ausgewiesenen 11,9% (Frauen: 17,6%; Männer: 5,2%) [4], aber niedriger als die in der BoneEVA ermittelten Werte (28,8%; Frauen: 39,0%; Männer: 9,7%) [1], [2]. Bei der in der BEST ermittelten Prävalenz wird mit berücksichtigt, dass es auch Versicherte gibt,, die im Beobachtungszeitraum osteoporosebedingte Frakturen erlitten haben, aber nicht die Diagnose Osteoporose erhalten haben oder deshalb behandelt wurden.

Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass sich die Versorgung seit 2003 verbessert hat. Trotzdem liegen die Verordnungsprävalenzen, die Persistenz und die Häufigkeit der Knochendichtemessung unterhalb dessen, was bei leitliniengemäßem Vorgehen zu erwarten ist. Auch der Anteil an Osteoporose-Patienten mit mehreren Frakturen innerhalb des Beobachtungszeitraums ist höher als erwartet. Die Osteoporose stellt neben Tumor- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen eine der kostspieligsten Krankheitsentitäten dar. Diagnostik, Behandlungsraten und Persistenz sollten optimiert werden, um die Lebensqualität der Betroffenen zu erhalten und vermeidbare Gesundheitsausgaben einzusparen.

Die Studie wurde mit freundlicher Unterstützung der Firmen AMGEN GmbH und Nycomed Deutschland GmbH durchgeführt.


Literatur

1.
Häussler et al. Osteoporos Int. 2007.
2.
Häussler, et al. DÄB. 2006.
3.
Hadji et al. DÄB. 2013.
4.
RKI. GEDA. 2011.