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12. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

23. - 25. Oktober 2013, Berlin

Outcome nach Polytrauma – Versorgungsrealität in einem zertifizierten TraumaNetzwerk

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Antonio Ernstberger - Universitätsklinikum Regensburg, Unfallchirurgie, Regensburg, Germany
  • Michael Koller - Universitätsklinikum Regensburg, Zentrum für klinische Studien (ZKS), Regensburg, Germany
  • Julika Loss - Universitätsklinikum Regensburg, Institut für medizinische Soziologie, Lehrstuhl Epidemiologie, Regensburg, Germany
  • Christian Hainz - Universitätsklinikum Regensburg, Unfallchirurgie, Regensburg, Germany
  • Michael Nerlich - Universitätsklinikum Regensburg, Unfallchirurgie, Regensburg, Germany

12. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. Berlin, 23.-25.10.2013. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2013. DocT1-22-88

doi: 10.3205/13dkvf069, urn:nbn:de:0183-13dkvf0699

Veröffentlicht: 25. Oktober 2013

© 2013 Ernstberger et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Die Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU) legte im Weißbuch der Schwerverletztenversorgung 2006 / 2. Auflage 2012 die Struktur- und Prozessqualität für Kliniken, die an der Polytraumaversorgung beteiligt sind, fest und rief zur Bildung von zertifizierten TraumaNetzwerken auf.

In einem Flächenstaat konnte sich ein zertifiziertes TraumaNetzwerk der DGU etablieren, bestehend aus zwei Überregionalen (ÜTZ), 9 Regionalen (RTZ) und 14 Lokalen TraumaZentren (LTZ). Ziel der auf insgesamt drei Jahre ausgelegten Studie ist die Evaluation dieses TraumaNetzwerks unter dem Gesichtspunkt dreier Fragestellungen:

1.
Erreichen Einrichtungen der Standard- und Maximalversorgung vergleichbare (risikoadaptierte) Patientenoutcomes?
2.
Werden die Referenzdaten (Benchmarks) des DGU Traumaregisters 2008 eingehalten oder übertroffen?
3.
Sind die Ergebnisse kompatibel mit der S3-Leitlinie Polytrauma?

Ziel dieser Präsentation ist die Darstellung des Studienkonzepts und der Ergebnisse der Traumadokumentation des ersten Studienjahres 01.03.2012 (first patient in) - 31.12.2012.

Methodik: Es handelt sich um eine prospektive Kohortenstudie mit 24 Monaten Rekrutierungsdauer. Alle schwerstverletzten Patienten (ISS>=16) eines bestimmten TraumaNetzwerks werden eingeschlossen.

Das vorgesehene N beträgt 800 (400 ÜTZ, 400 R/LTZ).

Als Instrumente zur Prozess- und Outcomemessung dienen das TraumaRegisterQM (TR) und der EQ-5D.

Der Vergleich Standard- vs. Maximalversorger, der Vergleich mit Benchmarks des Referenzjahres und der Vergleich mit der S3-Leitlinie Polytrauma sowie die Lebensqualitätsmessung nach 6 Monaten sind der quantitativen Analyse zuzuordnen.

Darüber hinaus wird eine qualitative Analyse durchgeführt werden mit der Erfassung der wirkenden hinderlichen und förderlichen Faktoren (barriers & facilitators) bei der Versorgung Schwerverletzter in der Studienregion. Diese qualitative Analyse versteht sich als Beitrag zur Erklärung der Resultate der quantitativen Analyse und erfolgt im dritten Studienjahr.

Bezüglich der Qualität des, i.S. einer Beobachtungsstudie operierenden, TR-Eintrags ist ein Monitoring-System installiert: Die Vollzähligkeit der Daten wird über ein direktes Monitoring in den Kliniken mit Abgleich der TR-Datensätze mit dem klinikeigenen "Schockraumbuch" oder aber des "KIS" durchgeführt. Um die Vollständigkeit der Daten zu gewährleisten, wird allen Studien-Kliniken Vor-Ort-Hilfe bei der Eingabe der Patientendaten in das TR angeboten. Die Vollständigkeit im TR wird sodann zentral überprüft. Die Richtigkeit der Datensätze wird wiederum mit einem Monitoring in den Kliniken überprüft (25% Stichproben-Vergleich mit den Krankenakten/KIS-Einträgen).

Die Patienten willigen weiterhin schriftlich in die EQ-5D-Befragung ein, welche nach 6 Monaten statt findet. Die Befragung erfolgt via standardisiertem Telefoninterview vom Studienzentrum aus. In Studiengruppentreffen einmal pro Quartal werden alle Studienkliniken über den Fortschritt der Studie informiert.

Im Folgenden berichten wir über erste Ergebnisse hinsichtlich der standardisierten ärztlichen Dokumentation im TraumaRegisterQM (TR).

Statistische Methoden umfassen deskriptive Darstellungen (Aufzählungen, Prozentwerte, Mittelwerte und Standardabweichungen) und die Berechnung von Gruppenunterschieden (ÜTZ versus RTZ/LTZ) mittels Chi-Quadrat-Test und Mann-Whitney-U-Test, je nach Skalierung der Variablen.

Ergebnisse: Vom 01.03.2012-31.12.2012 (9 von 24 Monaten Erhebungszeitraum) konnten in der Studienregion 476 primär eingelieferte Patienten eingeschlossen werden, davon 157 Patienten primär ÜTZ, 319 Patienten primär RTZ/LTZ. Nach Verlegungen ergeben sich zum Ende der Akutphase 193 Patienten ÜTZ, 283 RTZ/LTZ.

76,9% der Patienten waren Männer (78,2% ÜTZ, 76,0% R/LTZ, p=0,565). Das mittlere Alter betrug 47,9 J +/- 22,5J (43J +/- 22J ÜTZ, 51J +/- 23J R/LTZ, p<0,001), der mittlere ISS 27,5 +/- 13,1 (30,1 /-14,1 ÜTZ, 25,8 +/- 12,0 R/LTZ, p<0,001). Die Mortalitätsquote betrug über alle 20,2% (20,7 ÜTZ, 19,8 R/LTZ, p=0,802). Die erwartete Mortalität (RISC-Score) betrug 22,0% (24,0 ÜTZ, 20,5 R/LTZ, p=0,150).

Diskussion/Schlussfolgerung: Es ist gelungen, ein längsschnittliches Studiendesign in einem TraumaNetzwerk zu implementieren, das es erlaubt, auf hohem wissenschaftlichen Niveau dessen Wertigkeit zu überprüfen.

Die Rekrutierung liegt mit 476 Patienten im ersten Studienjahr über den erwarteten 400.

Es konnten keine Unterschiede in der Mortalität zwischen den beiden ÜTZ und den R-/LTZ beobachtet werden, was für ein Funktionieren der Netzwerkphilosophie innerhalb des beobachteten TraumaNetzwerks spricht.

Die Analyse der Lebensqualität (EQ-5D per Telefoninterview) wird zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen und weitere Aufschlüsse über das Patientenoutcome geben.

Die Ergebnisse der Studie, insbesondere auch die der qualitativen Analyse, werden, über die Validierung des TraumaNetzwerkeffektes hinaus, hilfreich sein, die Versorgungsqualität der Schwerstverletzten weiter zu steigern.