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12. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

23. - 25. Oktober 2013, Berlin

Kosteneffektivität einer stationären pneumologischen Rehabilitation bei Patienten mit Asthma bronchiale

Meeting Abstract

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  • presenting/speaker Ines Aumann - Center for Health Economics Research Hannover, Hannover, Germany
  • Heidrun Lingner - MHH Institut für Allgemeinmedizin, Hannover, Germany
  • Konrad Schultz - Zentrum für Rehabilitation Pneumologie und Orthopädie, Bad Reichenhall, Germany
  • Anne Prenzler - Center for Health Economics Research Hannover, Hannover, Germany

12. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. Berlin, 23.-25.10.2013. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2013. DocT1-11-282

doi: 10.3205/13dkvf049, urn:nbn:de:0183-13dkvf0499

Veröffentlicht: 25. Oktober 2013

© 2013 Aumann et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: 6,1% in der erwachsenen Bevölkerung in Deutschland leiden an Asthma bronchiale. Der Anteil der Reha-Verfahren wegen Erkrankungen der Atmungsorgane ist mit unter 3% im Vergleich zur absoluten Häufigkeit dieser Volkskrankheiten weiterhin sehr gering. Da für Deutschland keine Studien zum Kosten-Nutzen-Verhältnis einer stationären pneumologischen Rehabilitation (st. pneumo. Reha.) vorliegen und vor dem Hintergrund knapper Ressourcen soll die Kosteneffektivität der st. pneumo. Reha. analysiert werden.

Methodik: Interventionsgruppe (IG): Berücksichtigt wurden Patienten mit Asthma, die zwischen 05 - 09. 2009 an einer dreiwöchigen st. pneumo. Reha. teilgenommen haben (ProKaR-Studie). Zu den Zeitpunkten vor, am Ende sowie 3, 6 und 12 Monate nach der Reha wurden Daten zur Lebensqualität(LQ), Inanspruchnahme medizinischer Leistungen sowie zur Arbeits- und Erwerbsfähigkeit erhoben. Die Patienten wurden für eine stratifizierte Analyse entsprechend der Asthmakontrolle (kontrolliert, teilweise kontrolliert, unkontrolliert) zusammengefasst. Diese Einteilung wurde um die Schweregrade der Global Initiative for Asthma (GINA) erweitert (feste Bezugsgröße für die Berechnung der Kosten). Die LQ Messung erfolgte über standardisierte Fragebögen (Asthma Quality of Life Questionnaire (AQLQ) und St. George´s Respiratory Questionnaire (SGRQ).

Berechnungsgrundlage für die Kosteneffektivität: Perspektive der Sozialversicherungsträger und das Preisjahr 2009. Die Kosten der IG wurden bis zu einem Zeitraum von 6 Monaten nach Reha auf Basis der Angaben aus ProKaR berechnet. Ergänzungen zum Ressourcenverbrauch wurden durch Expertengespräche und den nationalen Versorgungsleitlinien getroffen. Die virtuelle Kontrollgruppe (KG) wurde mit Hilfe von Nutzenparametern der LQ der IG vor der Reha konstruiert. Die Kosten der Kontrollgruppe (KG) wurden anhand der Inanspruchnahme med. Leistungen der IG vor Beginn der Reha berechnet. Diese wurden über den gesamten Zeitraum konstant gehalten. Die Berechnung der st. Kosten basiert auf Daten aus internationalen Studien. Ambulante Kosten wurden mit Hilfe von Experteninterviews vervollständigt. Anhand der ermittelten Kosten und der Nutzen der IG- und KG wurde die inkrementelle Kosteneffektivität (ICER) in Abhängigkeit vom Schweregrad berechnet.

Ergebnisse: Teilgenommen: 178 Patienten mit Asthma, bei denen (a) trotz adäquater ambulanter Behandlung alltagsrelevante bio-psycho-soziale Krankheitsfolgen persistierten und (b) nach Prüfung durch den sozialmed. Dienst der Kostenträger eine st. pneumo. Reha bewilligt wurde. 57% der Patienten wiesen zu T0 ein GINA-Grad 3-4 (mittelschweres bis schweres persistierendes Asthma) auf, bei 66,8% lag ein unkontrolliertes Asthma vor. Durchschnittliche Kosten IG: 5.223E. Davon entfallen 3.107E auf den st. Reha-Aufenthalt, 1.747E auf die Krankengeldzahlung und 223E auf die Arzneimittelkosten (AMK). Durchschnittliche Kosten virtuelle KG: 1.247 E. Bei der IG sind die st. Kosten und AMK über den Studienzeitraum geringer als bei der KG. Als klinisch relevanter Unterschied in der LQ gelten beim AQLQ eine Zunahme um 0,5 Punkte bzw. eine Verringerung um 4 Punkte beim SGRQ. Die LQ der IG nach der Reha: 5,47 bzw. 27,83 Punkte (AQLQ bzw. SGRQ) und ist damit um 0,87 bzw. 10,73 Punkte besser als die LQ der KG (4,60 bzw. 38,56), d.h. die Besserung ist sowohl statistisch signifikant als auch klinisch relevant. Im Laufe der folgenden 6 Mo. nimmt der LQ-Unterschied gegenüber der KG wieder ab, der Unterschied ist aber weiter signifikant (Besserung nach 6 Monaten noch 0,38 (AQLQ) bzw. 6,07 (SGRQ)). Die ICER beträgt 4.036E pro klinisch relevanter Verbesserung (0,5 Punkte bzgl AQLQ) 2.171E (4 Punkte bzgl. SGRQ) über einen Zeitraum von 6 Mo. Die Berechnung der ICER für einzelne Schweregrade ergab, dass für Patienten mit GINA 2 zwischen 2.833E und 4.695E, mit GINA 3 zwischen 2.231E und 3.903E und GINA 4 zwischen 1.032E und 1.685E aufgebracht werden müssten, um eine klinisch relevante Verbesserung der LQ zu erreichen.

Diskussion/Schlussfolgerung: Die Kosten der IG nach Abschluss der Reha sind in einigen Leistungsbereichen (AMK, st. Kosten) geringer als die Kosten, die in der KG entstehen; jedoch sind die Kosten der Reha während des betrachteten Zeitraumes höher als die darauffolgenden Einsparungen innerhalb der ersten 6 Mo. Wie weit sich dieser Einspareffekt über 4 Jahren Wartefrist auswirkt, bis zu einer erneuten Reha Bewilligung, kann aufgrund der vorliegenden Daten nicht angegeben werden. Dem finanziellen Aufwand stehen eine Verbesserung der LQ und der Asthmakontrolle, der Rehabilitanden gegenüber. Auch nach 6 Monaten weist die IG noch eine signifikant bessere LQ auf als zu Reha-Beginn, und das obwohl dieser Messzeitpunkt in die Wintermonate fällt, in der Asthmatiker witterungsbedingt häufiger an Exazerbationen leiden. Insgesamt lassen die Ergebnisse dieser Analyse vermuten, dass aus Sicht der Sozialversicherungsträger eine pneumologische Rehabilitation bei Asthma-Patienten mit höherem Schweregrad kosteneffektiver ist.

Anmerkung: Geteilte Erstautorenschaft von Ines Aumann und Heidrun Lingner.