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12. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

23. - 25. Oktober 2013, Berlin

Nutzung und Linkage von Routinedaten aus Sicht einer Krankenkasse

Meeting Abstract

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  • presenting/speaker Elke Scharnetzky - D A K - Gesundheit Unternehmen Leben, Vorstandsreferat Versorgungsforschung (0010 30), Hamburg, Deutschland

12. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. Berlin, 23.-25.10.2013. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2013. DocT4-15-481

doi: 10.3205/13dkvf041, urn:nbn:de:0183-13dkvf0412

Veröffentlicht: 25. Oktober 2013

© 2013 Scharnetzky.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Abrechnungsdaten der Gesetzlichen Krankenversicherungen werden zunehmend für die Versorgungsforschung in Deutschland genutzt. Die Regelungen im Sozialgesetzbuch (SGB) zur Übermittlung von Leistungsdaten (SGB V §§ 294 bis 303) im Zusammenhang mit der Vergütung der Leistungserbringer bestimmen den Umfang und die Qualität dieser Daten. Darüber hinaus liegen den Kassen weitere zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderliche Daten vor, beispielsweise zu soziodemographischen Merkmalen wie Alter, Geschlecht, Wohnort und Versicherungszeiten. Neben diesen Daten, die primär administrativen Zwecken dienen und daher auch als ‚Sekundärdaten’ bezeichnet werden, besteht die Möglichkeit, durch die Befragung von Versicherten auch Primärdaten für die Forschung zu gewinnen.

Methodik: Es soll die Entwicklung und die Durchführung von Kooperationsprojekten mit externen wissenschaftlichen Institutionen aus der Perspektive einer Krankenkasse vorgestellt werden. Was sollten Wissenschaftler beachten, die mit Kassen kooperieren wollen? Welche Möglichkeiten der Projektdurchführung kommen unter Beachtung der datenschutzrechtlichen Bestimmungen überhaupt in Betracht?

Ergebnisse: Um eine Kasse für die Kooperation zu gewinnen, muss ein Projekt in erster Linie inhaltlich und methodisch überzeugen. Welches Ziel verfolgt die Studie? Welche Fragestellungen sollen untersucht werden? Wie ist das Studiendesign? Wie soll methodisch vorgegangen werden? Welcher Nutzen ist für die Versicherten und/oder für die Allgemeinheit zu erwarten? Welche Risiken könnten sich für die Versicherten und/oder die Kasse aus dem geplanten Projekt ergeben? Welchen Aufwand verursacht das Projekt für die Kasse?

Die bei den Krankenkassen gespeicherten versichertenbezogenen Daten sind Sozialdaten, die einem besonderen Schutz (Sozialgeheimnis) unterliegen. Die Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der Leistungserbringer stehen den Sozialdaten rechtlich gleich. Grundsätzlich gibt es - bezogen auf den Datenschutz - drei Möglichkeiten, Abrechnungsdaten für die Forschung bereitzustellen: die Übermittlung anonymer Daten, die Übermittlung mit Einwilligung der Betroffenen und die Übermittlung von Sozialdaten für die Forschung nach § 75 SGB X.

Der geringste Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Betroffenen erfolgt, wenn die Anonymität gewahrt bleiben kann. Dies ist die bevorzugte Vorgehensweise, sofern die Ziele des Forschungsprojekts mit anonymisierten Daten erreicht werden können.

Wenn es zur Erreichung der Forschungsziele erforderlich ist, die Kassendaten mit weiteren Daten zu verknüpfen, kann die Anonymität der Studienteilnehmer in der Regel nicht gewahrt bleiben. In diesem Fall muss grundsätzlich das Einverständnis der Betroffenen zur Übermittlung, Verknüpfung und Auswertung der Daten eingeholt werden. Damit der Versicherte wirksam einwilligen kann, muss er über das geplante Forschungsprojekt umfassend informiert werden, insbesondere über den vorgesehenen Zweck der Erhebung und die Verarbeitung und Nutzung seiner Daten. Auch auf die Folgen der Verweigerung der Einwilligung ist er hinzuweisen.

Die Nutzung von Sozialdaten für die Forschung regelt § 75 SGB X. Die Übermittlung bedarf der vorherigen Genehmigung durch die oberste Bundes- oder Landesbehörde, die für den Bereich, aus dem die Daten herrühren, zuständig ist. Eine Übermittlung von Daten ohne Einwilligung des Betroffenen ist hiernach nicht zulässig, soweit es zumutbar ist, die Einwilligung des Betroffenen einzuholen oder den Zweck der Forschung auf andere Weise zu erreichen, beispielsweise mit Hilfe von anonymisierten Daten. Wenn beides nicht möglich ist, muss außerdem das öffentliche Interesse an der Forschung das Geheimhaltungsinteresse des Betroffenen erheblich überwiegen, damit eine Datenübermittlung genehmigt werden kann. Weiterhin muss dargelegt werden, dass die Daten für ein bestimmtes Vorhaben der wissenschaftlichen Forschung im Sozialleistungsbereich erforderlich sind. Der Antrag nach §75 SGB X wird zweckmäßigerweise von den Wissenschaftlern in Abstimmung mit der Kasse vorbereitet. Antragstellerin in dem Verfahren ist die Kasse.

Die Abstimmung aller praktischen, vertraglichen und datenschutzrechtlichen Fragen ist erfahrungsgemäß aufwendig, so dass aus unserer Sicht eine möglichst frühzeitige Einbindung der Kasse in die Projektplanung anzustreben ist.

Diskussion: Ziel dieses Beitrags ist es, interessierten Wissenschaftlern die Möglichkeiten der Kooperation sowie die Anliegen und Belange von Krankenkassen näher zu bringen, um so die Entwicklung von Forschungskooperationen zu fördern.