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12. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

23. - 25. Oktober 2013, Berlin

Qualitative Triangulation – Durchführung und Auswertung von Interviews, Gruppendiskussionen und Beobachtungen in einem Forschungsprojekt

Meeting Abstract

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  • presenting/speaker Maren Stamer - Medizinische Hochschule Hannover, Institut für Epidemiologie, Sozialmed. u. Gesundheitssystemf., Forschungsbereich Integrative Rehabilitationsforschung, Hannover, Deutschland

12. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. Berlin, 23.-25.10.2013. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2013. DocT4-13-444

doi: 10.3205/13dkvf039, urn:nbn:de:0183-13dkvf0399

Veröffentlicht: 25. Oktober 2013

© 2013 Stamer.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Triangulation kann sowohl die Verknüpfung quantitativer und qualitativer Methoden als auch die Kombination verschiedener qualitativer Vorgehensweisen implizieren [1]. Im Hinblick auf die Gestaltung von Versorgungsforschungsprojekten gibt es Hinweise darauf, dass vorrangig einzelne qualitative Methoden zum Einsatz gebracht werden [2]. Verbunden mit dem Ziel methodologischer Reflexion wird ein Versorgungsforschungsprojekt in den Mittelpunkt der Betrachtung gerückt, dem eine qualitative Triangulation zugrunde liegt. Inhaltlicher Fokus des Projektes MeeR ist eine vergleichende Qualitätsanalyse von Reha-Einrichtungen unter dem Gesichtspunkt von Rehabilitationserfolg. Ziel der qualitativen Triangulation ist das Erwirken einer aufeinander bezogenen Perspektivenvielfalt innerhalb eines Projektes sowie die damit verbundene Erwartung, auf der Basis der Ergebnisse: Aussagen über einrichtungsbezogen differierende Rehabilitationserfolge machen zu können. Am Beispiel des Projektes hinterfragen wir, welche spezifischen Vorbereitungen, Möglichkeiten und Herausforderungen qualitative Triangulation mit sich bringt.

Methodik: Aufbauend auf eine quantitativ begründete Auswahl von sechs Reha-Einrichtungen ist in jeder dieser Einrichtungen eine einwöchige Visitation durchgeführt worden. Im Verlauf der Visitationen haben Gruppendiskussionen mit Mitarbeitern/-innen und Rehabilitanden/-innen, leitfadengestützte Interviews mit Leitungskräften sowie begleitende Beobachtungen stattgefunden. Im Prozess der Auswertung sind Elemente der zusammenfassenden Inhaltsanalyse [3] mit jener eines kodierenden Vorgehens [1], [4] unter konstanter Bezugnahme auf die Einrichtungsebene miteinander verknüpft worden.

Ergebnisse: Qualitative Fragestellungen sind gekennzeichnet durch kontinuierliche Offenheit gegenüber dem zu untersuchenden Phänomen. Ausgehend von dieser Prämisse gilt es, eine fortwährende Passung zwischen der Untersuchungsfragestellung und den ausgewählten Methoden herzustellen. Ferner ist bereits bei der Vorbereitung abzuwägen, wie sich die Ergebnisse aus den einzelnen Methoden sinnhaft aufeinander beziehen lassen könnten. So ist es z.B. denkbar, physiotherapeutische, pflegerische und ärztliche Erstgespräche zu beobachten, die Teilnehmenden in den Gruppendiskussionen nach der Bedeutung der Aushandlung (interdisziplinärer) Therapieziele zu fragen und mit Leitungskräften in den Interviews über Fragen berufsgruppenspezifischer Zuständigkeiten zu sprechen.

Um einen Einrichtungsvergleich durchführen zu können, sind die Interpretationsergebnisse bezogen auf die einzelnen Methoden im Rahmen der Auswertung zunächst einrichtungsspezifisch – in Form der Erstellung von Fallvignetten [1] – aufeinander bezogen worden. Dabei stellen die Fallvignetten lediglich einen Zwischenschritt im Prozess der Auswertung dar, dessen Ziel der Einrichtungsvergleich ist. Um eine spätere Vergleichbarkeit zu gewährleisten, erscheint eine Festlegung von Hauptkategorien erforderlich, die sich zum einen aus den Leitfäden ergeben und zum anderen aus einer vertieften interpretativen Betrachtung der Materialien aus einer der beteiligten Einrichtungen.

Diskussion: Das Vorgehen im Projekt hat gezeigt, dass eine jeweils methodenspezifische Vorgehensweise, also z.B. eine Kontrastierung der Ergebnisse aller Gruppendiskussionen mit Mitarbeitern/-innen, aufgrund von Erzählanreiz bzw. Leitfadenfragen methodisch leichter umzusetzen erscheint. Bei einem derart methodenspezifischen Vorgehen besteht jedoch die Gefahr, den anvisierten Einrichtungsvergleich und damit die der Untersuchung innewohnende Komplexität des Untersuchungsgegenstandes aus dem Blick zu verlieren. Eine qualitative Triangulation ermöglicht die Herausarbeitung einer übergreifenden Perspektivenvielfalt innerhalb eines Projektes, zugleich geht sie mit der Erfordernis einher, umfangreiche Materialien unter kontinuierlicher Bezugnahme aufeinander auszuwerten. Ein solches Vorgehen ist ohne entsprechende personelle Ressourcen nicht denkbar. Im Rahmen zukünftiger Versorgungsforschungsprojekte gilt es, Möglichkeiten und Grenzen qualitativer Triangulationsstudien vertiefend abzuwägen.


Literatur

1.
Flick U. Qualitative Sozialforschung. Eine Einführung. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Verlag; 2007.
2.
Karbach U, Stamer M, Holmberg C, Güthlin C, Patzelt C, Meyer T. für die AG Qualitative Methoden des DNVF. Qualitative Studien in der Versorgungsforschung – Diskussionspapier, Teil 2: Stand qualitativer Versorgungsforschung in Deutschland – ein exemplarischer Überblick. Gesundheitswesen. 2012;74: 516-25.
3.
Mayring P. Qualitative Inhaltsanalyse. Grundlagen und Techniken. 10. Aufl. Weinheim und Basel: Beltz Verlag; 2008.
4.
Glaser BG, Strauss AL. Grounded Theory. Strategien qualitativer Forschung. 3. unveränderte Aufl. (1. Aufl. 1967). Bern: Verlag Hans Huber; 2010.