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Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2021)

26. - 29.10.2021, Berlin

Mehr als nur eine einfache Repositionshilfe? Stellenwert einer zusätzlichen Drahtcerclage bei der Plattenosteosynthese distaler Femurfrakturen

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Christopher Bliemel - Zentrum für Orthopädie und Unfallchirurgie, Philipps-Universität Marburg, Marburg, Germany
  • Dan Anrich - Zentrum für Orthopädie und Unfallchirurgie, Philipps-Universität Marburg, Marburg, Germany
  • Tom Knauf - Zentrum für Orthopädie und Unfallchirurgie, Philipps-Universität Marburg, Marburg, Germany
  • Ludwig Oberkircher - Zentrum für Orthopädie und Unfallchirurgie, Philipps-Universität Marburg, Marburg, Germany
  • Daphne Eschbach - Zentrum für Orthopädie und Unfallchirurgie, Philipps-Universität Marburg, Marburg, Germany
  • Steffen Ruchholtz - Zentrum für Orthopädie und Unfallchirurgie, Philipps-Universität Marburg, Marburg, Germany
  • Martin Bäumlein - Zentrum für Orthopädie und Unfallchirurgie, Philipps-Universität Marburg, Marburg, Germany

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2021). Berlin, 26.-29.10.2021. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2021. DocAB89-158

doi: 10.3205/21dkou605, urn:nbn:de:0183-21dkou6050

Veröffentlicht: 26. Oktober 2021

© 2021 Bliemel et al.
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Gliederung

Text

Fragestellung: Die Behandlung distaler, suprakondylärer Femurschaftfrakturen kann anspruchsvoll sein. Die Verwendung einer zusätzlichen Drahtcerclage ist ein probates Mittel zur primären Frakturreposition bevor eine überbrückende winkelstabile Plattenosteosynthese zur definitiven Frakturstabilisierung erfolgt.

Eine Erleichterung der Frakturreposition steht die Denudierung des Periosts mit erwiesener negativer Beeinflussung der Frakturheilung entgegen.

Vor diesem Hintergrund war das Ziel dieser Studie, den laststeigernden Effekt einer zusätzlichen Drahtcerclage auf das Osteosynthesekonstrukt genauer zu untersuchen.

Methodik: Acht Paar humane Kadaver Femura mit einem mittleren Alter von 74 Jahren (Spanne 57-95 Jahre) standen für diesen biomechanischen Belastungsversuch zur Verfügung. Als Frakturmodel wurde eine instabile AO/OTA 32-A2.3 Fraktur verwendet. Alle frakturieren Proben wurden mit einer polyaxial, winkelstabilen Plattenosteosynthese stabilisiert. Per Zufallsentscheid wurde jeweils eine Probe eines Femurpaares mit einer zusätzlichen Drahtcerclage stabilisiert. Die Cerclagenanlage erfolgte standardisiert mit einer Zuglast von 200N. Anschließend wurden zyklische Lastversuche an einer Belastungsmaschine (Fa. Instron 5566) durchgeführt. Die Druckbelastung begann mit 800N. Nach jeweils 500 Zyklen wurde die Druckkraft in Schritten um 200N bis zum Versagen der Osteosynthese weiter gesteigert. Das Osteosyntheseversagen wurde durch einen plötzlichen Abfall der Druckkraftrate von 30% bzw. durch eine Druckverformung von > 2cm definiert.

Mit Hilfe des Shapiro-Wilk Tests erfolgte eine Testung auf Normalverteilung. In Abhängigkeit des Testergebnisses erfolgte eine weitere Datenanalyse mittels eines T-Tests für gepaarte Stichproben oder eines Wilcoxon Rangsummentests. Statistische Signifikanz wurde für p-Werte < 0.05 angenommen.

Ergebnisse und Schlussfolgerung: Alle Osteosynthesen hielten mindestens einer Druckkraft von 1200N stand. Die durchschnittliche Versagenslast in der Gruppe mit solitärer Plattenosteosynthese lag bei 2,450N (95% CI: 1,996-2,904N), bzw. in der Gruppe mit additiver Drahtcerclage bei 3,100N (95% CI: 2,662-3,538N) (p=0.018).

Eine Druckverformung mit Cutting-out der Kondylenschrauben und Abscheren der Kondylenregion war der häufigste Grund für ein Osteosyntheseversagen in beiden Versuchsgruppen. Gefolgt wurde diese Art des Osteosyntheseversagens von einer plastischen Verformung der Plattenosteosynthese und Frakturen entlang des Femurschaftes.

Wenngleich die axiale Steifigkeit beider Osteosynthesen vergleichbar war (p=0.208), ergaben sich signifikante Unterschiede hinsichtlich der plastischen Verformung (p=0.035) in beiden Gruppen.

Die Studienergebnisse belegen, dass eine additive Drahtcerclage eine signifikante Steigerung der Versagenslast des Osteosynthesekonstruktes bewirkt. Vor diesem Hintergrund stellt die additive Drahtcerclage mehr als nur ein einfaches Repositionshilfsmittel dar und kann bei entsprechender Frakturmorphologie die Festigkeit der Osteosynthese entscheidend verbessern.