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Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2021)

26. - 29.10.2021, Berlin

Restrisiko in der in der Schockraum-CT-Diagnostik (number needed to fail)

Meeting Abstract

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  • presenting/speaker Kristine Baran - Universitätsmedizin Mannheim, Orthopädisch-Unfallchirurgisches Zentrum, Mannheim, Germany
  • Manuela Köck - Universitätsmedizin Mannheim, Orthopädisch-Unfallchirurgisches Zentrum, Mannheim, Germany
  • Suna Brunnemer - Universitätsmedizin Mannheim, Orthopädisch-Unfallchirurgisches Zentrum, Mannheim, Germany
  • Udo Obertacke - Universitätsmedizin Mannheim, Orthopädisch-Unfallchirurgisches Zentrum, Mannheim, Germany

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2021). Berlin, 26.-29.10.2021. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2021. DocAB82-1190

doi: 10.3205/21dkou565, urn:nbn:de:0183-21dkou5654

Veröffentlicht: 26. Oktober 2021

© 2021 Baran et al.
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Gliederung

Text

Fragestellung: Die Schockraum-CT/Sonographie-Diagnostik (oder der diagnostische Schockraum-Algorithmus) ist aktuell relativ einheitlich etabliert und nach ATLS-Prinzipien strukturiert ("primary survey" etc.).

Die vorliegende Studienfragestellung war, mit welcher Versagensrate für unerkennbare, lebensgefährliche Verletzungen - trotz sorgfältiger Einhaltung des o.g. Algorithmus - gerechnet werden muss (Restrisiko). Dieses Restrisiko ist nicht bedeutungsgleich mit den in der Literatur bekannten "missed injuries", welche grundsätzlich erkennbare, aber erst verzögert diagnostizierte Verletzungen betreffen.

Methodik: 2694 Patienten wurden von 2016-2019 im eigenen Universitätsklinikum nach einem Unfallereignis und mit den präklinischen A- und B-Kriterien der S-3-Leitlinie der AWMF einem diagnostischen Schockraum-Algorithmus mit Ganzkörper-CT, e-FAST-Sonographie und programmierter 6-Stunden e-FAST-Kontrolle ("tertiary survey") unterzogen.

Die weitere Analyse der Patientenverläufe erfolgte hinsichtlich einer sekundären Notfall-OP aufgrund einer lebensgefährlichen Verletzung, die nicht im o.g. primären Algorithmus erkannt werden konnte.

Bei der Zuteilung zur Kategorie "primär nicht erkennbare Verletzung trotz sorgfältiger Einhaltung der diagnostischen Abläufe" wurden die primär erstellten Protokolle/Befunde bzw. Original-Abbildungen einer nochmaligen Plausibilitätskontrolle unterzogen.

Ein positives Votum der Ethikkommission für die retrospektive Untersuchung und Auswertung von Patientendaten lag vor.

Ergebnisse und Schlussfolgerung: In 7 Fällen (von 2694 Patienten in der Schockraumdiagnostik) hat der o.g. diagnostische Algorithmus versagt: bei einer sekundären epiduralen Blutung (13 h nach Schockraum-Diagnostik) und 6 abdominellen Hohlorganverletzungen (diagnostisches Intervall 5,5 h - 8 Tage). Bei 2 Hohlorganverletzungen war der weitere Verlauf letal. Das mittlere Alter der betroffenen 7 Pat. betrug 50,4 Jahre (18-90), die mittlere Verletzungsschwere nach ISS 33,7 Punkte (17-50).

Die "Versagensquote" im eigenen Kollektiv war damit 2,6 Promille. Definiert man eine "number needed to fail" für die angewendete programmierte Schockraumdiagnostik, wäre diese 385 [1 / 0,0026]. Das Konfidenzintervall - unter Zugrundelegung der Stichprobe - ist 0,0010 - 0,0053.

Die Versagensquote trotz sorgfältigem Einhalten aller Abläufe, erscheint numerisch gering, das Restrisiko ist aber vorhanden: die potentiell tödlichen Konsequenzen müssen zur Suche nach weiteren diagnostischen Schritten - und nicht zum Verzicht auf Teile der Diagnostik, oder sogar Einschränkung der Indikationen zum diagnos¬tischen Schockraum-Algorithmus führen.

Die "Themen" des Restrisikos (sekundäre Hirnblutungen und abdominelle Hohlorganverletzungen) sind in keiner Weise neu oder unbekannt, sie können nur jetzt quantifiziert werden. Tatsächlich neue Risikofelder konnte die vorliegende Studie nicht erkennen.