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Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2021)

26. - 29.10.2021, Berlin

Bewältigungsmechanismen schwerverletzter Patienten über 20 Jahre nach Trauma. Eine retrospektive Langzeitstudie

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Yannik Kalbas - Universitätsspital Zürich, Klinik für Traumatologie, Zürich, Switzerland
  • Sascha Halvachizadeh - UniversitätsSpital Zürich, Traumatologie, Universität Zürich, Zürich, Switzerland
  • Anna-Theresa Luidl - Medizinische Fakultät RWTH Aachen, Aachen, Germany
  • Boris Zelle - UT Health San Antonio, San Antonio, TX, United States
  • Roman Pfeifer - UniversitätsSpital Zürich, Klinik für Traumatologie, Zürich, Switzerland
  • Hans-Christoph Pape - Klinikdirektor, Klinik für Traumatologie, Universitätsspital Zürich, Zürich, Switzerland

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2021). Berlin, 26.-29.10.2021. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2021. DocAB82-1393

doi: 10.3205/21dkou561, urn:nbn:de:0183-21dkou5610

Veröffentlicht: 26. Oktober 2021

© 2021 Kalbas et al.
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Gliederung

Text

Fragestellung: Es existieren wenige Studien zu der psychiatrischen Langzeitergebnissen schwerverletzter Patienten und diese fokussieren sich zudem meist nur auf negative Effekte wie posttraumatische Belastungsstörung und Depression. In dieser Retrospektiven Kohortenstudie untersuchen wir Bewältigungsmechanismen mehrfachverletzter Patienten mindestens 20 Jahre nach Trauma.

Methodik: 631 Patienten, die ein Mehrfachverletzung zwischen 1971 und 1990 erlitten haben wurden nach 20+ Jahren kontaktiert. Alle Patienten waren zum Unfallzeitpunkt zwischen 3 und 60 Jahre alt und wurden im selben deutschen Krankenhaus der Maximalversorgung behandelt. Patienten erhielten einen Fragebogen mit unter anderem 37 Fragen zum Thema persönliche Reifung durch Belastung. Hierbei wurden jeweils subjektive Verbesserungen in spezifischen Aspekten erfragt. Antwortmöglichkeiten waren «viel», «etwas» und «überhaupt nicht». Die erfragten Aspekte fassen sich zu fünf Subskalen zusammen: (1) Beziehung zu Anderen, (2) persönliche Stärken, (3) Wertschätzung des Lebens, (4) neue Möglichkeiten und (5) religiöse Veränderungen. Korrelationsanalysen (Pearson's R, ANOVA) untersuchten diese Angaben in Bezug auf demografische Merkmale.

Ergebnisse und Schlussfolgerung: 337 Patienten komplettierten den Fragebogen und konnten eingeschlossen werden. Die Geschlechterverteilung war 114 weiblich (33.8%) zu 223 männlich (66.2%). 96.5% der Patienten gaben in zumindest eine der 37 Fragen «viele» subjektive Verbesserungen an. Etwa ein Drittel der Patienten beschrieben Verbesserungen in Bezug auf ihre Wertschätzung des Lebens (36.2%) und ihrer Wahrnehmung neuer Möglichkeiten (32.5%). Zudem gaben 29.2% verbesserte Beziehungen zu anderen an. Subjektive Verbesserungen der persönlichen Stärken und religiöse Veränderungen wurden nur von 23.4 % bzw. 20.5% der Patienten beschrieben. Wir konnten statistisch signifikante Zusammenhänge (p<0.05) zwischen der Ausprägung der Bewältigungsmechanismen und dem Alter, der Verletzungsschwere, weiblichem Geschlecht und verheiratetem Familienstand feststellen.

20 Jahre nach schwerer Verletzung beschreiben Patienten subjektive Verbesserungen Ihrer Wertschätzung des Lebens, der Beziehung zu anderen und der Wahrnehmung neuer Möglichkeiten. Derartige Bewältigungsmechanismen sollten in der Nachbetreuung schwerverletzter Patienten identifiziert und gepflegt werden um sie im subjektive Erleben des Traumas und der damit verbundenen Einschränkungen zu unterstützen.