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Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2021)

26. - 29.10.2021, Berlin

Schockraumindikation nach Unfallhergang: Ist ein „Schockraum light“ möglich? Ergebnisse einer prä- und innerklinischen Beobachtungsstudie

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Philipp Faul - BG-Unfallklinik Frankfurt, Unfallchirurgie und Orthopädische Chirurgie, Frankfurt, Germany
  • Paul Hagebusch - Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Frankfurt am Main, Unfallchirurgie und Orthopädische Chirurgie, Frankfurt, Germany
  • Uwe Schweigkofler - Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Frankfurt am Main, Unfallchirurgie und Orthopädische Chirurgie, Frankfurt, Germany
  • Reinhard Hoffmann - Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Frankfurt am Main, Unfallchirurgie und Orthopädische Chirurgie, Frankfurt, Germany

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2021). Berlin, 26.-29.10.2021. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2021. DocAB82-213

doi: 10.3205/21dkou560, urn:nbn:de:0183-21dkou5600

Veröffentlicht: 26. Oktober 2021

© 2021 Faul et al.
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Gliederung

Text

Fragestellung: Durch die Festschreibung von Standards in der Schwerverletztenversorgung hat die Qualität der Traumaversorgung zugenommen. Neben der präklinisch gestellten Schockraumindikation stellt das Schockraummanagement ein entscheidendes Kriterium dar. Die überarbeiteten Leitlinien haben zu einer signifikanten Senkung der Mortalität, aber auch zu einer relevanten Mehrauslastung der Schockräume (SR) geführt. Insbesondere die Anzahl der Schockraumindikationen nach Unfallhergang (SRnUh), also die Alarmierung nach GoR B-Kriterien, spielt eine entscheidende Rolle. Bei sinkenden Zahlen polytraumatisierter Patienten (Pat) und zunehmendem ökonomischem Druck wird die Frage nach einer möglichen Reduktion der personellen Schockraumzusammenstellung i.S. eines Schockraum light (SRL) kontrovers diskutiert. In diesem Zusammenhang wurde das Anmeldeverhalten und die tatsächliche Verletzungsschwere der Pat bei SRnUh untersucht. Die Ergebnisse wurden in den Kontext eines ressourcensparenden SRL gesetzt.

Methodik: In einem überregionalen Traumazentrum (üRTZ) wurden präklinische Rettungskräfte und klinisch tätige Unfallchirurgen im SR zu Pat, die nach GoR B-Kriterien zugewiesen wurden, zu den Auswahlkriterien der Alarmierung und den offensichtlichen Verletzungsfolgen befragt. Neben dem Verletzungsausmaß, der durchgeführten Diagnostik und den eingeleiteten Maßnahmen wurden weitere für die Behandlung relevante Parameter erhoben. Ergänzend wurde der Rettungsdienst (RD) nach einer alternativen SRL-Anmeldung befragt.

Ergebnisse und Schlussfolgerung: Untersucht wurden 205 Fälle eines üRTZ bei SRnUh. 123 Pat wurden notärztlich gesehen. 82 Indikationen wurden durch nichtärztliches Personal gestellt. Neben Rettungshubschrauber (18,1 %) und Rettungswagen (81,9%) kam das Notarzteinsatzfahrzeug ergänzend 86 mal zum Einsatz. Aus präklinischer Sicht wäre in 62,9% ein SRL ausreichend gewesen. Nach innerklinischem Primary Survey wurden deutlich häufiger offensichtliche Verletzungsfolgen als durch den RD dokumentiert (105 vs. 54 Pat). Der durchschnittliche ISS-Wert lag bei 9,7. 45 Pat waren mit einem ISS >=16 schwerverletzt bzw. polytraumatisiert. Dabei erlitten 75,6 % schwere Kopf- u./o. Wirbelsäulenverletzungen. Ältere Pat (>=60 Jahre) waren deutlich häufiger vertreten: 48,9% dieser Altersgruppe wieß einen ISS >= 16 auf. 28 Pat mussten notfallmäßig operiert werden. In 71 Fällen war ein Intensivaufenthalt erforderlich, 1 Pat verstarb.

Nahezu 1/4 der im Kollektiv SRnUh untersuchten Pat zeigen potenziell lebensbedrohliche Verletzungen. Auffällig ist die hohe Anzahl an präklinisch unterschätzten schwerwiegenden Kopf- und Wirbelsäulenverletzungen. In Zusammenschau der Daten ist eine priorisierte unverzügliche Schockraumbehandlung bei SRnUh unerlässlich. Die Indikation für einen SRL ist für die Behandlung von nach B-Kriterien zugewiesenen Pat kritisch zu prüfen und kann aktuell nicht uneingeschränkt empfohlen werden. Eine Ressourcenreduzierung sollte erst erfolgen, wenn die Schockraumaktivierungskriterien weiterführend reevaluiert wurden.