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Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2021)

26. - 29.10.2021, Berlin

Fruchtgummischlümpfe als Fallstrick der Interpretation einer Polytraumaspirale

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Lars Becker - Universitätsklinikum Essen, Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Essen, Germany
  • Felix Carl Reinecke - Universitätsklinikum Essen, Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Essen, Germany
  • Sonja Vonderhagen - Universitätsklinikum Essen, Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Essen, Germany
  • Marcel Dudda - Universitätsklinikum Essen, Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Essen, Germany

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2021). Berlin, 26.-29.10.2021. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2021. DocAB77-197

doi: 10.3205/21dkou522, urn:nbn:de:0183-21dkou5224

Veröffentlicht: 26. Oktober 2021

© 2021 Becker et al.
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Gliederung

Text

Fragestellung: Die Durchführung einer Ganzkörpercomputertomographie als "Polytraumaspirale" gilt heute als Standard zur Diagnostik eines (potentiell) schwerverletzten Patienten im Rahmen der Schockraumversorgung. So konnte ein Überlebensvorteil für Patienten mit erfolgter CT-Diagnostik in mehreren Studien nachgewiesen werden und es existieren entsprechende Empfehlungen im Weißbuch Schwerverletztenversorgung der DGU und der S3-Leitlinie "Polytrauma". Über die prinzipielle Sinnhaftigkeit dieser Maßnahme besteht daher ein breiter Konsens. Im Rahmen der Beurteilung können jedoch, insbesondere in der Akutphase, Probleme und Unsicherheiten bei der Interpretation der erstellten Bilder entstehen. In dem vorgestellten Fallbericht soll hierbei auf einen möglichen Fallstrick der CT-Diagnostik eingegangen werden.

Methodik: Nach einem Fahrradunfall erfolgte die Einlieferung eines vierzehnjährigen Patienten über den Schockraum. Auf Grund des berichteten Unfallherganges erfolgte zur Diagnostik eine Computertomographie als Polytraumaspirale. Hierbei zeigte sich der Magen mit multiplen, ca. einen Zentimeter messenden und nahezu knochenisodensen Objekten weitgehend gefüllt. Zunächst wurde das Bildmaterial als eine zufällig festgestellte ausgeprägte Fremdkörperingestion interpretiert und eine endoskopische Abklärung erwogen. Nach Befragung des wachen und ansprechbaren Patienten stellte sich die vermeintliche Fremdkörperingestion jedoch als kurz vor dem Unfallereignis verspeiste komplette Tüte Fruchtgummi in Schlumpfform heraus. In einer später erfolgten Testdurchleuchtung mit einem Bildwandler bestätigte sich die auffallend hohe Röntgendichte von verschiedenen Arten an Weingummis.

Ergebnisse und Schlussfolgerung: Im Regelfall sind Nahrungsreste im Magen-Darmtrakt eines nicht nüchternen Patienten im Rahmen der Schockraumversorgung kein diagnostisches Problem. Umgekehrt ist eine verspeiste Tüte Fruchtgummi auch sicherlich nicht als alltäglicher Mageninhalt anzunehmen. Offensichtlich besitzen jedoch Fruchtgummis eine auffallend hohe Röntgendichte und können somit zu einem diagnostischen Fallstrick im Rahmen der Interpretation des Bildmaterials einer Polytraumaspirale bzw. generell einer Computertomographie werden. Durch die Anamneseerhebung entpuppte sich dieser auffällige Befund als harmlos, bei einem Patienten ohne Befragungsmöglichkeit, nach z.B. erfolgter Intubation im Rahmen der Unfallversorgung oder deutlich verringerter Vigilanz, könnten sich jedoch unnötige weitere Untersuchungen wie z.B. eine Gastroskopie anschließen.