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Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2021)

26. - 29.10.2021, Berlin

Wie die Patienteneinwilligung die Vollzähligkeit der TraumaRegister-Fälle minimiert

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Claudius Thiedemann - Universitätsklinikum Regensburg, Klinik und Poliklinik für Unfallchirurgie, Regensburg, Germany
  • Tanja Herbst - Universitätsklinikum Regensburg, Klinik und Poliklinik für Unfallchirurgie, Regensburg, Germany
  • Julia Lenz - Universitätsklinikum Regensburg, Klinik und Poliklinik für Unfallchirurgie, Regensburg, Germany
  • Siegmund Lang - Universitätsklinikum Regensburg, Klinik und Poliklinik für Unfallchirurgie, Regensburg, Germany
  • Daniel Popp - Universitätsklinikum Regensburg, Klinik und Poliklinik für Unfallchirurgie, Regensburg, Germany
  • Volker Alt - Universitätsklinikum Regensburg, Klinik und Poliklinik für Unfallchirurgie, Regensburg, Germany
  • Antonio Ernstberger - Klinikum Osnabrück, Klinik für Unfall- und Handchirurgie, Osnabrück, Germany

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2021). Berlin, 26.-29.10.2021. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2021. DocAB76-298

doi: 10.3205/21dkou510, urn:nbn:de:0183-21dkou5100

Veröffentlicht: 26. Oktober 2021

© 2021 Thiedemann et al.
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Gliederung

Text

Fragestellung: Datensätze, die bisher als pseudonymisiert galten, werden seit dem Inkrafttreten der EU-DSGVO im Jahr 2018 aus völlig neuen Blickwinkeln betrachtet. So ist die Weitergabe von Daten an einen zentralen Server, wie im TraumaRegister DGU® (TR) verwendet, nur noch mit Einwilligungserklärung möglich. Diese Verordnung stellt die ca. 600 deutschen Kliniken, die am TR teilnehmen, vor große organisatorische und personelle Engpässe.

In dieser retrospektiven single-center Studie wurden die Rücklaufquoten eines Überregionalen Trauma Zentrums (ÜTZ) evaluiert, um Möglichkeiten und Probleme der zusätzlichen Einholung von Einwilligungserklärungen aufzuzeigen.

Methodik: Die primären Einschlusskriterien entsprechen den Kriterien des TR und die Zuordnung zur unfallchirurgischen Organisationseinheit.

Ausgeschlossen werden mussten neben Verbrennungen und Verbrühungenauch Patienten nach Strangulationen.

Insgesamt konnten so, über einen Zeitraum von 12 Monaten, 276 Studienpatienten identifiziert werden.

Ergebnisse und Schlussfolgerung: Von den 276 eingeschlossenen Patienten verstarben 22. Bei den verbleibenden Patienten konnte in 178 Fällen (64,5%) eine Einverständniserklärung eingeholt werden. Betrachtet man ausschließlich die 254 überlebenden Patienten, beträgt die Rate 70,1% (Tabelle 1 [Tab. 1]).

Betrachtet man die Quote der fehlenden Einwilligungen (n=98/100%) zeigt sich, dass die Gruppe der tatsächlichen Verweigerungen (n=8/8,16%) nur einen Bruchteil ausmacht, jedoch trotz großem Aufwand vor allem der Aufenthalt in anderen (Ø UCH/NCH) Fachbereichen (n=41/41,39%), frühe Weiterverlegungen (n=9/9,18%) oder Sprachbarrieren (n=6/6,12%) Probleme bereiten.

Echte, explizite Verweigerungen sind selten, der Großteil der Patienten und auch der Angehörigen/Betreuer stand einer Datenübertragung in das TR sehr aufgeschlossen gegenüber. Es zeigt sich, dass die Bereitschaft, durch reine Datenübertragung aktiv an der Verbesserung künftiger Schwerverletztenversorgung mitzuwirken, bei sachlicher und adäquater Information groß ist und selten in Frage gestellt wird.

Problematisch ist viel mehr, Patienten auf fachfremden Stationen ohne zusätzlichen organisatorischen Aufwand zu erreichen und in Zeiten mit dünn gestrickten Personaldecke den zeitlichen Einsatz so gering wie möglich zu halten, um den unbedingten Vorrang der Patientenversorgung auf Kosten der Forschung nicht zu gefährden.

Auch die nicht endgültig geklärte Rechtslage, ob Daten verstorbener Patienten auch ohne Einwilligung des Patienten oder seiner Angehörigen an das TR übermittelt werden dürfen, oder ob dieses gegen die ärztliche Schweigepflicht verstößt, untergräbt die Möglichkeit zur Forschung. Fehlt zukünftig, durch die untersagte Datenübertragung Verstorbener, der primäre Endpunkt Letalität, verliert letztlich die gesamte Polytraumaforschung die Möglichkeit, ihrer Bestimmung nachzukommen.