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Untersuchung der Schmerzwahrnehmung und der Risikofaktoren für eine Schmerzchronifizierung bei Patienten mit Infektionen der Wirbelsäule
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Veröffentlicht: | 26. Oktober 2021 |
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Fragestellung: Infektionen der Wirbelsäule stellen eine therapeutische Herausforderung dar. Der oft langwierige Krankheitsverlauf wird von Schmerzen begleitet, die auch nach erfolgreicher Behandlung zu einem chronischen Schmerzempfinden führen können. Im Gegensatz zum akuten Schmerz erfordert der chronische Schmerz einen interdisziplinären Therapieansatz. Ziel dieser Studie ist es, mögliche Risikofaktoren für ein chronisches Schmerzerleben von Patienten mit Wirbelsäuleninfektionen zu untersuchen.
Methodik: In einer prospektiven Studie wurden 14 Patienten mit Wirbelsäuleninfektionen bei Aufnahme (T1), bei Entlassung aus der stationären Therapie (T2) und drei bis acht Monate postoperativ (T3) untersucht mittels
- 1.
- standardisierten Fragebögen (Patient Health Questionnaire (PHQ), Pain Catastrophising Scale (PCS), Relationship Questionnaire (RQ), Coping-Strategies-Questionnaire (CSQ-D), Oswestry Disability Index (ODI), Rosenberg Self-Esteem Scale (RSES), Tampa Scale) zur kognitiven Schmerzverarbeitung und affektiven Risikofaktoren für die Entwicklung chronischer Schmerzen und
- 2.
- Quantitativer Sensorischer Testung (QST) zu Schwellen- und Wahrnehmungswerten für Temperatur, Druck und Schmerz.
Die Patienten mit Wirbelsäuleninfektion wurden außerdem mit gesunden Personen (Kontrollgruppe, n=20) verglichen. Die Daten wurden mittels Mann-Whitney U-Test und t-Test (p<0,05) analysiert.
Ergebnisse und Schlussfolgerung: In die Studie wurden acht männliche und sechs weibliche Patienten mit einem Durchschnittsalter von 66 Jahren (±16,92) aufgenommen. Die stationäre Behandlung der Patienten mit Wirbelsäuleninfektionen dauerte im Durchschnitt 45,3 Tage (±33,13). Die Patienten klagten seit 3,43 Monaten (±2,77) vor der stationären Behandlung über Schmerzen. Die visuelle Analogskala (VAS) für Schmerzen (0-10) und der Oswestry Disability Index ergaben eine signifikante Verbesserung im Verlauf der Studie. Allerdings berichteten die Patienten über mehr katastrophisierendes Denken (T1-3: p<0,01) sowie Angst vor Bewegung und (Wieder-)Verletzung. Darüber hinaus wurden aktiveBewältigungsstrategien wie Ablenkung und Umdeutung von Schmerzempfindungen, jedoch auch passive Strategien wie Beten und Hoffen vermehrt eingesetzt. Im Vergleich zu gesunden Personen im QST zeigten die Patienten verminderte Kältewahrnehmungssschwellen in der Kontrollregion (Hand) (T1-3: p<0,01) und am unteren Rücken (T1-3: p<0,05) sowie erhöhte Wärmewahrnehmungsschwellen an der Hand (T1-3: P<0,001).
Zusammenfassend zeigen unsere Ergebnisse, dass Patienten mit Wirbelsäuleninfektionen nicht an einer Schmerzchronifizierung leiden, jedoch von einem interdisziplinären Therapieansatz profitieren könnten, der die Förderung aktiver Schmerzbewältigungsstrategien sowie die Auseinandersetzung mit Bewegungsangst und katastrophisierenden Denken betont. Es legt nahe, dass Patienten mit Wirbelsäuleninfektionen ein anderes Schmerzverarbeitungs- und -wahrnehmungsmuster haben, welche bei der Behandlung von Wirbelsäuleninfektionen frühzeitig thematisiert werden sollte.