Artikel
Biomechanische Simulation der Entstehung eines Genu valgum bei Hüftdysplasie
Suche in Medline nach
Autoren
Veröffentlicht: | 26. Oktober 2021 |
---|
Gliederung
Text
Fragestellung: Längen- und Dickenwachstum der Knochen werden durch biologische und mechanische Faktoren moduliert. Dadurch können pathologische Belastungen eine Ursache von Fehlstellungen sein. Computersimulationen können Spannungen im Knocheninneren und die sich daraus ergebenden Wachstumsreize berechnen. Studien beschreiben das gleichzeitige Vorliegen eines Genu valgum bei einigen Patienten mit Hüftdysplasie. Diese Studie testet die Hypothese, dass ein bei Hüftdysplasien auftretender höherer vertikaler Anteil der Hüftgelenkskraft zur Entstehung eines Genu valgum in einem mechanobiologischen Computermodell führen kann.
Methodik: Aus der Literatur wird eine finite-Elemente Geometrie des rechten Femur eines gesunden achtjährigen Kindes (Gewicht: 20,4 kg, Größe: 1,24 m, CCD-Winkel: 127°, Anteversion: 27°) mit entsprechenden durch Ganganalyse und Mehrkörpersimulation ermittelten Gelenk- und Muskelkräften verwendet. Die Wachstumsfugen werden mit einer jeweils 0,.6 mm dicken Proliferations- und Hypertrophiezone modelliert. Zur Simulation des Wachstums wird ein etabliertes mechanobiologische Modell genutzt, wonach hydrostatische Spannungen das Fugenwachstum verlangsamen, während deviatorische Scherspannungen dies erhöhen und appositionelles Wachstum durch Druckspannung stimuliert wird. Die biologischen Wachstumsraten werden so kalibriert, dass 30% des Wachstums in der proximalen und 70% in der distalen Fuge stattfindet. Das Wachstum infolge von Proliferation wird dabei als isotrop angenommen, während die Hypertrophie in Richtung der betragsmäßig höchsten Hauptspannung erfolgt. Für die Simulation der Hüftdysplasie wird der vertikale Anteil der Hüftgelenksresultierenden um 23% erhöht.
Ergebnisse und Schlussfolgerung: Nach sechs simulierten Monaten zeigt sich bei erhöhter vertikaler Hüftkraftkomponente eine Verringerung des lateralen distalen femoralen Winkels (LDFA) auf 84° bei Längenzunahme von 19,.3 mm und Dickenwachstum von 0,.36 mm. Im Vergleich dazu ergibt die Simulation mit physiologischen Kräften einen Winkel von 89° im altersentsprechenden Normbereich (87,3°-89,0°) sowie eine Längenzunahme von 16,8 mm und einer Dickenzunahme am Schaft von 0,36 mm (Abbildung 1 [Abb. 1]).
Die Simulation legt nahe, dass die klinischen Beobachtungen des entstehenden Genu valgum bei Hüftdysplasie durch die pathologische Biomechanik des Hüftgelenks erklärt werden können. Die Biegespannung im Bereich der distalen Epiphysenfuge führt dabei medial zu höheren Wachstumsraten. Bei physiologischer Hüftgelenksresultierender ergibt sich eine Druckspannung mit gleichmäßigerem Wachstum. Weitere Simulationen müssen untersuchen, inwiefern pathologische Hüftgelenkskräfte muskulär kompensiert werden können, um die Entstehung sekundärer Fehlstellungen zu vermeiden.