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Humerales Stress-Shielding nach Implantation von zementfreier Megaprothese des proximalen Humerus
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Veröffentlicht: | 26. Oktober 2021 |
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Fragestellung: Die Rekonstruktion des proximalen Humerus mittels modularer Tumorendoprothese ist eine Behandlungsoption nach Resektion bösartiger Knochentumoren. Ein radiologisches Phänomen nach dieser Versorgung ist das Auftreten von periimplantärem "Stress-Shielding" (SS) am Knochen-Prothesen-Interface.
Ziel dieser Studie war es, Häufigkeit und Ausmaß des SS, sowie mögliche Risikofaktoren und den Einfluss auf Implantatüberleben zu untersuchen.
Methodik: Retrospektive Single-Center-Studie mit 80 Pat., die bei malignem Knochentumor (76 Sarkome, 4 Metastasen) mit zementfreiem prox. Humerusersatz versorgt wurden (anat. n=55, invers n=25). Radiolog. Follow-up (FU) von mind. 12 Monaten (Median 49, IQR 28-91). Stress-Shielding wurde definiert als postoperativ neu aufgetretene axiale Knochenresorption bis zum Prothesenschaft (Abbildung 1 [Abb. 1]).
Der mediane Schaftdurchmesser betrug 12mm (IQR 10-12), bei einer Schaftlänge von 75mm und mittlerer Rekonstruktion von 150mm (range 65-225). Das mediane Verhältnis von Rekonstruktion zu Schaftlänge war 2 (IQR 1,6-2,5).
Es wurden (nicht-)parametrische Analysen mit dem Mann-Whitney U-Test oder dem Student's t-Test durchgeführt. Der Chi-Quadrat-Test wurde für kategoriale Variablen mit Signifikanzniveau von p<0,05 angewendet.
Ergebnisse und Schlussfolgerung: In 94% (75/80) bestanden radiolog. Anzeichen für SS. Zum letzten FU lag das SS des prox. Schaft-Knochen-Interface im Mittel bei 14% (IQR 8-23) der Schaftlänge. Bei 11% (8/75) lag ein Ausmaß von mehr als 50% und bei 33% (25/75) von mehr als 20% vor. In über 50% der Fälle war das SS zirkumferentiell.
Es bestand keine Korrelation zwischen FU und Ausmaß des SS (p=0,34). Geschlecht, Prothesentyp, intra- vs. extraartikuläre Resektion und Radiotherapie schienen nicht mit SS assoziiert, während chemotherapeutisch behandelte Patienten ein vermehrtes SS aufwiesen (16 vs. 10%, p=0,003). Patienten mit SS >20 bzw. 50% hatten ein größeres Verhältnis von Rekonstruktions- zur Schaftlänge (2,17:2,0; p=0<0,001 bzw. 2,5:2,0; p< 0,001).
Bei 2,5 % (2/80) erfolgte eine Revisionsoperation wegen aseptischer Lockerung (55 und 75 Monate n. Index-OP bei 45 bzw. 23 % SS). Patienten mit SS>20% hatten einen niedrigeren ASES-Score als jene mit geringem SS (61 vs. 71, p=0,085).
Postoperatives Stress-shielding des Humerus nach Rekonstruktion mit unzementierter modularer Tumorprothese scheint ein verbreitetes radiologisches Phänomen. Die klinische Relevanz hinsichtlich aseptischer Lockerungen und Revisionsraten scheint jedoch auch bei erhöhtem Ausmaß eher gering. Bei asymptomatischem SS erscheint die regelmäßige Beobachtung ausreichend. Ein Einfluss auf die postoperative Funktion könnte bedingt vorliegen. Dies ist in zukünftigen prospektiven Studien weiter zu untersuchen.