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Erstbeschreibung der Implantation einer Knie-Totalendoprothese bei Hajdu-Cheney-Syndrom mit posttraumatischer Pangonarthrose – Fallbericht mit skelettaler Charakterisierung
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Veröffentlicht: | 26. Oktober 2021 |
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Fragestellung: Die Herausforderungen der endoprothetischen Versorgung von Patienten mit hereditären Osteopathien sind bisher nicht vollständig untersucht. Das Hajdu-Cheney-Syndrom (HCS) ist eine seltene genetische Skeletterkrankung, die durch Mutationen im NOTCH2-Gen verursacht wird und durch eine schwere Beeinträchtigung der Knochenqualität gekennzeichnet ist. Während Notch2 als wichtiger Signalweg in der Homöostase der Gelenkentwicklung diskutiert wird und im korrespondierenden Mausmodell eine posttraumatische Degeneration des Gelenkknorpels beschrieben wird, bleibt der Pathomechanimus in humanen Untersuchungen bislang unklar.
Methodik: Wir beschreiben erstmalig die Implantation einer Knie-Totalendoprothese (TEP) bei einem HCS-Patienten mit schwerer sekundärer Pangonarthrose. Das klinische Behandlungsergebnis wurde mit dem Knee Injury and Osteoarthritis Outcome Score (KOOS) quantifiziert. Die laborchemische Analyse umfasste die Bestimmung von Calcium, Phosphat, Cholecalciferol, Parathormon, Osteocalcin, knochenspezifischer und unspezifischer alkalischer Phosphatase im Serum, sowie Deoxypyridinolin-Crosslinks pro Kreatinin im Urin. Bildgebend erfolgten Untersuchungen der Knochendichte mittels Dual-Röntgen-Absorptiometrie (Lunar iDXA, GE Healthcare, Madison, WI, USA) und der peripheren Knochenmikrostruktur mittels hochauflösender peripherer quantitativer Computertomographie (XtremeCT, Scanco Medical, Brütisellen, Switzerland). Das intraoperativ gewonnene Resektionsmaterial des Tibiaplateaus wurde zur Herstellung unentkalkter Schnitt- und Schliffpräparate aufgearbeitet und mit Toluidin-Blau gefärbt. Anschließend wurde eine histomorphometrische Auswertung mit dem Bildanalysesystem Osteomeasure (Osteometrics Inc., USA) im Vergleich zu einer lokalisations-, alters- und geschlechtsspezifischen Kontrollperson durchgeführt.
Ergebnisse und Schlussfolgerung: Die Implantation einer Knie-TEP stellt für HCS-Patienten mit krankheitsbedingt prädestiniert erscheinender Arthrose eine erfolgreiche Behandlungsmodalität dar. Im Rahmen einer holistischen Behandlungsstrategie sollte zeitgerecht präoperativ eine antiresorptive Therapie implementiert werden, die Entscheidung zur intraoperativen zementierten Verankerung großzügig erfolgen, sowie postoperativ engmaschige Nachsorgeuntersuchungen und körperliches Training postuliert werden.
Ferner gibt unser multimethodisches Assessment einen repräsentativen Einblick in den Skelettstatus bei HCS mit therapieresistentem Krankheitsverlauf unter intermittierender antiresorptiver Therapie, sowie eine lokal fortgeschrittene Knorpeldegeneration des posttraumatisch betroffenen Kniegelenkes. Darüber hinaus bestätigt die histologische Aufarbeitung des Tibiaplateaus einen deutlich aktivierten subchondralen Knochenumbau, passend zu den laborchemischen Ergebnissen der Knochenumbauparameter. Neben den skelettalen Manifestationen unterstreicht dieser Fallbericht, dass ein überaktives Notch2-Signaling womöglich traumatisch induzierte osteoarthrotische Veränderungen auslöst bzw. beschleunigt.