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Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2016)

25.10. - 28.10.2016, Berlin

Triple Rekonstruktion des Streckapparates des Kniegelenks unter Verwendung einer Quadrizepssehnenumkippplastik, Augmentation mit Sehnen des M. Semitendinosus wie auch des M. Gracilis, sowie additive Verstärkung mittels Gastrocnemiuslappen

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Sebastian Eichberger - BG Unfallklinik Duisburg, Duisburg, Germany
  • Tobias Gensior - BG Unfallklinik Duisburg, Duisburg, Germany
  • Martin Glombitza - BG Unfallklinik Duisburg, Duisburg, Germany
  • Peter-Michael Hax - BG Unfallklinik Duisburg, Duisburg, Germany

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2016). Berlin, 25.-28.10.2016. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2016. DocPO19-944

doi: 10.3205/16dkou633, urn:nbn:de:0183-16dkou6335

Veröffentlicht: 10. Oktober 2016

© 2016 Eichberger et al.
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Gliederung

Text

Fragestellung: Der Kniegelenkinfekt ist der häufigste Gelenkinfekt des Menschen. Unbehandelt oder unzureichend therapiert führt er zu irreversiblen Gelenkdestruktionen mit ausgeprägten Funktionseinbußen bis hin zum Verlust der Extremität. Die Genese ist vielfältig und muss in der Therapie berücksichtigt werden. An erster Stelle steht immer die Infektberuhigung. Hierzu sind radikale chirurgische Debridements erforderlich. Diese können zu großen Substanzverlusten an Weichteilen und Knochen führen. Nicht selten kann dabei die Funktion des Gelenks nicht erhalten werden. Ziel operativer Maßnahmen ist daher neben der Infektberuhigung, auch die Wiederherstellung der Funktion des Gelenks. Hierzu möchten wir im folgenden Fallbericht eine Möglichkeit der komplexen Rekonstruktion bei vollständigem Verlust des Streckapparates vorstellen.

Methodik: Der Patient erlitt eine pathologische Patellafraktur aufgrund einer aseptischen Osteitis bei Gichtarthritis. Diese wurde zunächst osteosynthetisch mittels Schraube und Zuggurtung versorgt. Es kam zur Ausbildung eines Kniegelenkinfekts mit Osteomyelitis der Femurkondyle, wie auch der Tibia mit Keimnachweis eines Staphylococcus aureus. Es erfolgten mehrere radikale chirurgische Debridements, sowie eine gezielte antibiotische Therapie. Dadurch konnte eine Infektsanierung erreicht werden, jedoch nur unter vollständigen Verlust des Streckapparates. Da der Patient eine Einsteifung des Kniegelenks strikt ablehnte, erfolgte durch uns im Rahmen einer Salvage Procedure eine aufwendige Rekonstruktion des Kniegelenkstreckapparates. Hierzu führten wir eine Quadrizepssehnenumkippplastik durch, welche wir sowohl mit einer Durchflechtung der am Tibiakopf verbliebenen Sehnen des M. Semitendinosus und M. Gracilis augmentierten, als auch mit einer Gastrocnemiusplastik kombinierten zur zusätzlichen Verstärkung und Deckung des medialen Kapseldefektes. Die Nachbehandlung erfolgte zunächst in einer Mecron Schiene mit passiver Beübungen. Über die ersten 6 Wochen bis 60°, anschließend aktiv- assistiert über weitere 6 Wochen. Daraufhin erfolgte die Freigabe der Beugung bis 90° und mehr. Der Heilungsverlauf war durch eine kurzfristige Reexazerbation des Kniegelenksinfektes mit erneuter Synovialektomie verzögert. Schlussendlich konnte eine anhaltende Infektberuhigung erreicht werden. In der letztmaligen Vorstellung in unserer Sprechstunde war der Patient in Vollbelastung ohne Gehstützen mobilisiert. Das passive Bewegungsaumaß war annähernd frei. Aktiv verblieb ein Streckdefizit von 15°.

Ergebnisse und Schlussfolgerung: Das Ziel der septischen Chirurgie bei einem ausgeprägtem Kniegelenkinfekt ist zunächst die Infektberuhigung, anschließend der Extremitätenerhalt und sofern dies erreicht ist, die bestmögliche Gelenkfunktion. Salvage Proceduren in der septischen Chirurgie sind häufig Individuallösungen. Mit dem hier vorgestellten Operationsverfahren ist es auch bei vollständigem Verlust des Streckapparates und ausgeprägtem Weichteildefekt möglich einen funktionsfähiges Kniegelenk zu Rekonstruieren.