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Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2016)

25.10. - 28.10.2016, Berlin

Knochenzemente mit Rifampicin: Neue Therapiemöglichkeiten von Implantat-assoziierten Infektionen und Osteomyelitis

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Manfred Fobker - Centrum für Laboratoriumsmedizin, Universitätsklinikum Münster, Münster, Germany
  • Erhard Schulte - Centrum für Laboratoriumsmedizin, Universitätsklinikum Münster, Münster, Germany
  • Dagmar Horn - Apotheke, Universitätsklinikum Münster, Münster, Germany
  • Desiree Block - Institut f. medizinische Mikrobiologie, Universitätsklinikum Münster, Münster, Germany
  • Silke Niemann - Institut f. medizinische Mikrobiologie, Universitätsklinikum Münster, Münster, Germany
  • Niklas Grüneweller - Klinik f. Unfall-, Hand-, u. Wiederherstellungschirurgie, Universitätsklinikum Münster, Münster, Germany
  • Michael J. Raschke - Klinik f. Unfall-, Hand-, u. Wiederherstellungschirurgie, Universitätsklinikum Münster, Münster, Germany
  • Steffen B. Rosslenbroich - Klinik f. Unfall-, Hand-, u. Wiederherstellungschirurgie, Universitätsklinikum Münster, Münster, Germany

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2016). Berlin, 25.-28.10.2016. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2016. DocPO18-1247

doi: 10.3205/16dkou628, urn:nbn:de:0183-16dkou6286

Veröffentlicht: 10. Oktober 2016

© 2016 Fobker et al.
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Gliederung

Text

Fragestellung: Die gram-positiven Bakterien, Staphylococcus aureus und S. epidermidis, sind die wichtigsten Erreger der Knochenerkrankung Osteomyelitis. Das Antibiotikum Rifampicin, das in der Behandlung von Mycobakterien und Methicillin-resistenten Staphylokokken eingesetzt wird, zeigt herausragende Diffusionseigenschaften in das Knochengewebe und wird zudem als Mittel der Wahl zur Verhinderung und Bekämpfung von bakteriellen Biofilmen genutzt. Wenn das Antibiotikum direkt an den Ort der Infektion mit Hilfe eines geeigneten Trägers implantiert wird, können lokal hohe Konzentrationen des Wirkstoffs ohne systemisch toxische Nebenwirkungen erreicht werden.

Es wurde daher ein Verfahren entwickelt, um die bisherige Störung der Polymerisation von Knochenzementen aus Polymethylmethacrylat (PMMA) durch Rifampicin zu beseitigen, damit diese Substanz der lokalen Therapie von Implantat-assoziierten Infektionen und Osteomyelitis zugänglich gemacht werden kann.

Methodik: Durch Zugabe einer nichttoxischen Substanz (3% w/w, Rifaprotect, FBL) wurde Rifampicin (0,1 % w/w) mit einem kommerziell erhältlichen Knochenzement aus PMMA (COPAL® spacem, Heraeus Medical GmbH) vermischt und die Aushärtungszeit bestimmt. Die Biege- und Druckfestigkeitsprüfung der Zemente erfolgte gemäß der Norm ISO 5833. Die antibiotische Aktivität wurde anhand von mikrobiologischen Tests (Biofilmbildung) mit Kulturen aus S. aureus und S. epidermidis geprüft. Die Freisetzung des Antibiotikums aus dem Knochenzement (Elutionskinetik) wurde über 2 Wochen unter Verwendung eines kontinuierlichen Fließkammer-Versuchs (1 ml/min PBS-Puffer) mit Hilfe einer photometrischen Methode quantifiziert und die mikrobiologische Aktivität der Fraktionen getestet.

Ergebnisse und Schlussfolgerung: Die Aushärtungszeit von 8 min wurde durch die Zugabe des Antibiotikums und des Rifaprotects nicht verlängert. Es kam zu keiner zusätzlichen Temperaturveränderung (exotherme Reaktion von 55 +-4°C) nach Mischung der Komponenten. Ebenso blieb die mikrobiologische Aktivität des Rifampicins vollständig erhalten (Verhinderung der Bildung von Biofilmen). Die Biege- und Druckfestigkeitsprüfung der Zemente mit Zusatz (n=12) war statistisch signifikant nicht vermindert gegenüber reinem PMMA und erfüllte damit die Grenzwerte, die für die klinische Verwendung notwendig sind. Durch die Vergrößerung des Anteils von Rifaprotect oder weiteren Antibiotika (Daptomycin, Vancomycin, Teicoplanin) kann die Freisetzungsgeschwindigkeit erhöht und die -kinetik verbessert werden, ohne die mechanischen Eigenschaften des Zements zu verschlechtern. Im Fließkammer-Versuch zeigten die Eluate des Rifampicin-Zements noch nach 2 Wochen eine Konzentration von 0.3 µg/ml Rifampicin (MHK: 0.02 µg/ml) und waren mikrobiologisch aktiv.

Die Entwicklung eines Rifampicin dotierten Knochenzements eröffnet neue Therapieoptionen in der Behandlung und Prophylaxe von Knocheninfektionen. Durch die Kombination des Rifampicins mit anderen Antibiotika könnte der Zement noch effektiver gegen multiresistente Keime eingesetzt werden.