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Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2016)

25.10. - 28.10.2016, Berlin

Welche Rolle spielt die Facettengelenkbeteiligung L5/S1 bei Insuffizienzfrakturen des Os sacrum?

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Markus Heinecke - BG Klinikum Bergmannstrost Halle, Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie, Halle/S., Germany
  • Friederike Klauke - BG Klinikum Bergmannstrost Halle, Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie, Halle/S., Germany
  • Gunther O. Hofmann - BG Klinikum Bergmannstrost Halle, Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie, Halle/S., Germany
  • Gunther O. Hofmann - Universitätsklinikum Jena, Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Jena, Germany
  • Thomas Mendel - BG Klinikum Bergmannstrost Halle, Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie, Halle/S., Germany
  • Thomas Mendel - Universitätsklinikum Jena, Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Jena, Germany

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2016). Berlin, 25.-28.10.2016. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2016. DocPO12-705

doi: 10.3205/16dkou537, urn:nbn:de:0183-16dkou5378

Veröffentlicht: 10. Oktober 2016

© 2016 Heinecke et al.
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Gliederung

Text

Fragestellung: Bilaterale Sakruminsuffizienzfrakturen (BIF) gewinnen aufgrund des demografischen Wandels und der damit verbundenen steigenden Osteoporose-Inzidenz stetig an Bedeutung. Oft sind betroffene Patienten in ihrer Mobilität schmerzbedingt erheblich eingeschränkt. Während Frakturmorphe und Stabilitätsgrad traumatischer Verletzungen des hinteren Beckenringes weitgehend verstanden sind, herrscht hierüber bei osteoporotischen Spontanfrakturen noch weitgehend Unklarheit. Insbesondere die Frage, in welcher Häufigkeit bei BIF eine Facettengelenkbeteiligung L5/S1 mit potenziell resultierender Segmentinstabilität vorliegt, ist bis dato unbeantwortet.

Methodik: In einer retrospektiven Studie wurden präoperative CT- und MRT-Datensätze von 46 Patienten (∅79±10 Jahre, m: n=4, w: n=42) mit operativ versorgter BIF im Zeitraum von 07/2013 bis 01/2016 analysiert. 26 Patienten wurden mittels vertebropelviner Aufhängung (VP) versorgt, 18 erhielten eine transsacrale Verschraubung mittels Gewindestab (BTS). Die Analyse des Frakturverlaufs in Bezug zu neuralen Strukturen erfolgte nach der Denis-Klassifikation. Zur Beurteilung der Mitbeteiligung der/des Facettengelenke(s) L5/S1 wurde die Isler-Einteilung verwendet. Rückblickend wurde die Frakturkonsolidierung, insbesondere mit Augenmerk auf die Facette(n) L5/S1 im Vergleich der Osteosyntheseverfahren ausgewertet.

Ergebnisse und Schlussfolgerung: Die Bilddatenauswertung ergab folgende Verteilung der Frakturtypen nach Denis: Zone 1 n=11 (24%), Zone 2 n=7 (15%) und Zone 3 n=28 (61%). Letztere inkludierten alle Frakturen mit Querkomponente durch den Sakrumkorpus sub-S1 bzw. -S2 (U- und H-Frakturen). In 6 von 43 Fällen (13%) fand sich mindestens einseitig ein Bruchverlauf medial des Facettfortsatzes S1 (Isler 2 oder 3) mit potenziell resultierender rotatorischer Instabilität des Segmentes L5/S1. 5 (83%) dieser Fälle waren U- oder H-Frakturen. Vier dieser 6 Patienten erhielten eine das Segment fixierende VP, 1 Patient eine VP mit zusätzlicher BTS. In 1 Fall wurde nur eine BTS durchgeführt, die Facettenverletzung somit nicht adressiert. Alle 6 Patienten mit Sakrumfrakturen Typ Isler 2 und 3 zeigten im 6-Monats-Followup unabhängig vom OP-Verfahren eine komplette Frakturkonsolidierung.

Die von Isler beschriebene Problematik der S1-Facettfortsatzbeteiligung bei vertikal instabilen Sakrumfrakturen (Typ C) ist einleuchtend. Folgerichtig ist in diesen Fällen eine das L5/S1-Segment transfixierende VP indiziert. Unsere Ergebnisse zeigen, dass Facettenbeteiligungen auch bei BIF in 13% (zumeist bei U- oder H-Frakturen) vorliegen. Jedoch finden sich bisher keine Hinweise auf Sekundärfolgen im L5/S1-Segment, wenn wie bei der BTS keine lumbopelvine Fixation durchgeführt wird. Es bleibt zu vermuten, dass die S1-Facettbeteiligung im Rahmen von BIF im Gegensatz zu C-Verletzungen des Beckens nach Hochrasanztraumata eine untergeordnete Rolle spielt. In jedem Fall sollte dieser Aspekt jedoch in fortführenden Studien Berücksichtigung finden.