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Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2016)

25.10. - 28.10.2016, Berlin

Die räumliche Organisation superfizieller Chondrozyten – ein neues Diagnosekriterium für einen frühen strukturellen Knorpelschaden im Vergleich zur Rasterelektronenmikroskopie

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Bernd Rolauffs - Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Tübingen, Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie, Tübingen, Germany
  • Klaus Böhme - Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Tübingen, Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie, Tübingen, Germany
  • Sina Bast - Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Tübingen, Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie, Tübingen, Germany
  • Karen Andrea Böhme - Universitätsklinikum Tübingen, Orthopädische Universitätsklinik Tübingen, Zellbiologisches Forschungslabor, Tübingen, Germany
  • Ulrich Stöckle - Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Tübingen, Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie, Eberhard Karls Universität Tübingen, Tübingen, Germany
  • Peter Marten de Zwart - Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Tübingen, Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie, Eberhard Karls Universität Tübingen, Tübingen, Germany
  • Björn Gunnar Ochs - Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Tübingen, Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie, Eberhard Karls Universität Tübingen, Tübingen, Germany
  • Bodo Kurz - Anatomisches Institut , Kiel, Germany

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2016). Berlin, 25.-28.10.2016. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2016. DocGR22-1209

doi: 10.3205/16dkou496, urn:nbn:de:0183-16dkou4963

Veröffentlicht: 10. Oktober 2016

© 2016 Rolauffs et al.
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Gliederung

Text

Fragestellung: In der Frühphase der Arthrose wird das Ausmaß des strukturellen Schadens als gering und theoretisch reversibel angesehen. Entwicklungen zur Frühdiagnose der Arthrose sind für unser Fachgebiet daher von großer Bedeutung. Ein relativ neues Charakteristikum der Knorpelarchitektur sind räumlich definierte Muster, welche humane Chondrozyten an der Gelenkoberfläche bilden. Diese Muster sind - wie biologische Fingerabdrücke - gelenkspezifisch und zeigen in degenerativ veränderten Gelenkoberflächen signifikante Veränderungen. Wir untersuchten, ob intakte und gering geschädigte Knorpeloberflächen anhand der räumlichen Chondrozytenorganisation (CO) und im Vergleich mit rasterelektronenmikroskopischen (REM) Aufnahmen diagnostisch unterschieden werden können.

Methodik: Hierzu wurden 18 1cm2 große Knorpelexplantate aus den Kondylen von 7 Endoprothesen-Patienten hergestellt, mit Propidiumjodid gefärbt und in der Aufsicht auf die Gelenkoberfläche fluoreszenz-mikroskopisch in 40 Einzelregionen aufgenommen, um individuell die CO der Regionen darzustellen. Die CO wurde mit einer 4-Punkt-Skala klassifiziert (Grad 0: CO wie im gesunden Gelenk mit Chondrozyten-Strings, 1: leichte Abweichung der CO mit zellulären Double Strings, 2: Zell-Cluster, 3: zellfreies Areal) und Zellzahl, Zell-Zell-Abstände und Clark-Evans-Index als Maß einer gruppierten Organisation wurden quantifiziert. Dieselben Gelenkoberflächen wurden mit REM visualisiert und der strukturelle Schaden aller 40 Regionen wurde mit einer 3-Punkt-Skala klassifiziert (Grad 0: glatt, 1: leicht furchig, 2: stark geschädigt) sowie anhand von REM-Grauwerten quantifiziert. Statistische Analysen erfolgten per Region mit SigmaPlot.

Ergebnisse und Schlussfolgerung: In 33% wich die CO leicht von der typischen CO gesunder Gelenke ab, in 17% lagen Zell-Cluster (Merkmal der Arthrose) und in 50% zellfreie Areale ohne erkennbare Chondrozyten (Zeichen einer fortgeschrittenen Arthrose) vor. Die REM-Technik visualisierte unterschiedliche Schadensausmaße (Grad 0: 39%, 1: 22%, 2: 39%). Die REM- und die CO-Klassifizierungen korrelierten signifikant (p<0.001, cc=0.916). Eine CO typisch für gesunde Gelenke wurde in keinem Fall beobachtet; selbst Explantate mit einer im REM-Bild intakten Oberfläche (Grad 0) zeigten bereits eine abnorme CO. Eine zunehmende Entropie als Maß des Schadens korrelierte mit einer abnehmenden Ordnung sowie einer abnehmenden Zellzahl und steigenden Zell-Zell-Abständen (p<0.0001).

Das Ausmaß struktureller Schäden der Gelenkoberfläche korrelierte mit einer spezifischen Form der CO superfizieller Chondrozyten. Selbst in REM-Bildern mit glatter Gelenkoberfläche lag eine abnorme CO vor. Somit sind Arthrose-induzierte Veränderungen der CO superfizieller Chondrozyten bereits vor strukturellen Schäden der Gelenkoberfläche quantifizierbar und die CO damit ein vielversprechender Bild-basierter Biomarker für die Diagnostik der Früharthrose. Inwieweit die CO klinisch-technisch visualisiert werden kann, wird in Folgestudien beantwortet.