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Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2016)

25.10. - 28.10.2016, Berlin

Segmentkinematik der Halswirbelsäule nach Implantation zweier Bandscheibenprothesen in Flexion/Extension und Lateralflexion

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Martin M. Wachowski - Universitätsmedizin Göttingen, Unfallchirurgie, Plastische und Wiederherstellungschirurgie, Göttingen, Germany
  • Jan Weiland - Universitätsmedizin Göttingen, Kieferorthopädie, Göttingen, Germany
  • Markus Wagner - Universitätsmedizin Göttingen, Kieferorthopädie, Göttingen, Germany
  • Jochen Dörner - Orthopaedicum Northeim/Göttingen, Northeim, Germany
  • Dietmar Kubein-Meesenburg - Universitätsmedizin Göttingen, Kieferorthopädie, Göttingen, Germany
  • Hans Nägerl - Universitätsmedizin Göttingen, Kieferorthopädie, Göttingen, Germany

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2016). Berlin, 25.-28.10.2016. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2016. DocGR17-698

doi: 10.3205/16dkou448, urn:nbn:de:0183-16dkou4486

Veröffentlicht: 10. Oktober 2016

© 2016 Wachowski et al.
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Gliederung

Text

Fragestellung: Die Kinematik der Segmente innerhalb der Halswirbelsäule nach Einbau von Bandscheibenprothesen ist bisher kaum erforscht.

In der vorliegenden Studie wurde in vitro untersucht, wie sich die Segmente C3/C4 und C5/C6 in Flexion/Extension und in Lateralflexion kinematisch unterscheiden und welchen Einfluss die Implantationen von PRESTIGE® und BRYAN® Bandscheibenprothesen (Fa. Medtronic) darauf haben.

Methodik: Ein zyklisches, zeitabhängiges, axiales Dreiecksdrehmoment wurde rückwirkungsfrei, mono-segmental (Amplitude: 2,25 Nm, Freq.: 1 min-1) an 8 C3/C4- und 8 C5/C6-Segmente humaner Wirbelsäulen (68,7 ± 13,5 Jahre) angelegt. Jedes Segment wurde zusätzlich stationär axial belastet. Position und Betrag dieser Vorlasten (0 N - 70 N) wurden variiert. Die Präzision einer selbst entwickelten 6D-Messapparatur (Auflösung: <2,4 µm für Translation; <0,001° für Rotation) reichte aus, um mehr als 400 Segment-Positionen pro Bewegungszyklus bestimmen zu können. Damit konnte die Position und Ausrichtung der momentanen Schraub-(Rotations-)achse (IHA) als Funktion des Rotationswinkels zunächst für die intakten Segmente, dann nach sukzessiver Implantation der Bandscheibenprothesen, ermittelt werden.

Ergebnisse: In Relation zum sagittal gerichteten Drehmoment bei Lateralflexion war die IHA für C3/C4 um 22,7° (SD = 11,2°), hingegen für C5/C6 nur um 13,5° (SD = 3,0°) nach ventro-kaudal gekippt. Bei allen Segmenten wanderte die Rotationsachse bis zu mehreren Zentimetern. Für C5/C6 zeigte sich eine geringere Abhängigkeit der Wanderung von der anliegenden Vorlast als bei C3/C4-Segment.

Die Implantation der PRESTIGE® zog beim C3/C4-Segment eine signifikante Verlagerung der IHA-Wanderungsstrecke (Rastpolkurve) nach kranial um 5mm nach sich. Mit der BRYAN®-Prothese fand sich die IHA-Rastpolkurve sogar 8mm höher, wobei der Wanderungsvorgang der IHA praktisch unverändert blieb. Beim C5/C6-Segment fanden sich hingegen mit beiden Prothesen nach lateral deutlich verlängerte Rastpolkurven ohne kraniale Verschiebung.

Die Ausrichtung der IHA blieb annähernd konstant.

Bei Flexion/Extension fand sich für beide Segmenthöhen eine auf wenige Millimeter beschränkte Rastpolkurve der annähernd transversal gerichteten IHA. Die Implantation führte bei beiden Bandscheibenprothesen zu einer kleinen Verlagerung der Rastpolkurven nach kranio-dorsal.

Schlussfolgerungen: Bei sagittal ausgerichtetem Drehmoment findet sich eine aus Lateralflexion und Axialrotation gekoppelte Bewegung. Beide Prothesen (PRESTIGE® und BRYAN®) erlauben weiterhin variable Wanderungen der IHA. Die Kinematik wird für beide Segmenthöhen durch PRESTIGE® und besonders durch BRYAN® verändert, indem die IHA sowohl bei Lateralflexion, als auch bei Flexion/Extension verschoben wird. Dies kann zum einen an einer zusätzlichen Gelenkführung durch die Implantate und/oder an den durch die Implantate bedingten Änderungen der Facettenkontakte und der damit geänderten Gelenkführungen liegen.

In vivo kann dies zum vorzeitigen Verschleiß der Nachbarsegmente führen.