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Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2016)

25.10. - 28.10.2016, Berlin

Hängt das Risiko eines Bandscheibenvorfalls von der Art der Belastung ab? – eine In-vitro-Studie

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Nikolaus Berger-Roscher - Institut für Unfallchirurgische Forschung und Biomechanik, Zentrum für Muskuloskelettale Forschung, Universitätsklinikum Ulm, Ulm, Germany
  • Gloria Casaroli - Laboratory of Biological Structure Mechanics , Politecnico di Milano, Mailand, Italy
  • Volker Rasche - Universitätsklinikum Ulm, Klinik für Innere Medizin II, Ulm, Germany
  • Tomaso Villa - Laboratory of Biological Structure Mechanics , Politecnico di Milano, Mailand, Italy
  • Fabio Galbusera - IRCCS Istituto Ortopedico Galeazzi, Milano, Italy
  • Hans-Joachim Wilke - Institut für Unfallchirurgische Forschung und Biomechanik, Zentrum für Muskuloskelettale Forschung, Universitätsklinikum Ulm, Ulm, Germany

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2016). Berlin, 25.-28.10.2016. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2016. DocGR17-462

doi: 10.3205/16dkou447, urn:nbn:de:0183-16dkou4478

Veröffentlicht: 10. Oktober 2016

© 2016 Berger-Roscher et al.
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Gliederung

Text

Fragestellung: Der biomechanische Mechanismus des lumbalen Bandscheibenvorfalls ist bisher nur unzureichend verstanden. Es wurde erst kürzlich von Rajasekaran et al. (2013) in einer In-vivo-Studie gezeigt, dass Bandscheibenvorfälle entweder mit einem Anulusdefekt (35 %) oder einem Endplattenabriss (65 %) einhergehen. Beide Schädigungstypen konnten in einer In-vitro-Studie mit komplexer Belastung von Wilke et al. (2016) reproduziert werden. Der Einfluss der einzelnen Lastrichtungen auf das Ausmaß der Schädigung ist jedoch unbekannt. Das Ziel dieser Studie war es daher zu untersuchen, wie sich einzelne Lastrichtungen auf das Schädigungsrisiko auswirken.

Methodik: Dreißig lumbale Bewegungssegmente vom Schaf wurden in fünf Gruppen eingeteilt und in einem neu entwickelten, dynamischen Bandscheibenbelastungssimulator mit sechs Freiheitsgraden getestet (0-13° Flexion (FL), 0-10° Seitneigung (LB), 0-4° axiale Rotation (AR), 0-800 N axiale Kompression (AC), 1000 Zyklen, 2 Hz. Gruppe 1: alles kombiniert, Gruppe 2: ohne AC, Gruppe 3: ohne AR, Gruppe 4: ohne LB, Gruppe 5: ohne FL). Während des Tests wurde der posteriore Teil der Bandscheibe durch eine Kamera gefilmt. Nach der Testung wurden die Bewegungssegmente sowohl in einem Ultrahochfeld-MRT (11,7 T) als auch einem µCT hinsichtlich Schädigungen untersucht.

Ergebnisse und Schlussfolgerung: Es entstanden zwar keine Bandscheibenvorfälle, jedoch 13 Endplattenabrisse, teilweise mit geringer Schädigung des Anulus und in vier Fällen kleine Anulusdefekte ohne Endplattenabriss (Abbildung 1 [Abb. 1]).

Zehn von 13 großen knöchernen Abrissen entstanden an der caudalen Endplatte der Bandscheibe. Die meisten Endplattenabrisse entstanden bei der Kombination aller Lastrichtungen, wohingegen bei Fehlen von FL oder LB keine nennenswerte Schädigung auftrat. Bei Fehlen von AR oder AC nahm das Ausmaß der Schädigung leicht ab. Alle außer einer der Endplattenabrisse hatten eine intakte knorpelige Endplatte.

Diese Studie hat gezeigt, dass bei komplexer Belastung Endplattenabrisse häufiger erzeugt werden als Anulusrisse und unterstützt somit die klinischen Ergebnisse von Rajasekaran et al. (2013). Es scheint, als haben Flexion und Seitneigung den größten Einfluss auf die Schädigung. Die Erzeugung eines Prolaps bei Endplattenabriss erfordert eine zusätzliche Schädigung der knorpeligen Endplatte. Dies geschieht vermutlich jedoch erst bei höherer axialer Kompression (> 800 N) (Wade et al. 2015, Wilke et al. 2016).