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Osteoporotische Insuffizienzfrakturen des Beckens – konservative oder operative Therapie?
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Veröffentlicht: | 10. Oktober 2016 |
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Fragestellung: Den Verletzungen und Erkrankungen des älteren Menschen kommt aufgrund des demographischen Wandels eine besondere Bedeutung im klinischen Alltag zu. Osteoporotische Beckenfrakturen, welche oft ohne adäquates Trauma oder nach einem Low-Energy-Trauma auftreten, können für die Betroffenen aufgrund der langwierigen Beschwerden einen Verlust der Mobilität sowie der bisherigen Lebensweise darstellen. Die alleinige Röntgendiagnostik ist zur Diagnosefindung oft nicht ausreichend. Eine differenzierte Therapieplanung unter Einbeziehung bestehender Komorbiditäten ist erforderlich.
Im Rahmen der Etablierung eines Zentrums für Alterstraumatologie sowie Einführung standardisierter Behandlungspfade für definierte geriatrische Frakturtypologien, war es das Ziel, auch für osteoporotische Insuffizienzfrakturen des Beckens einen klaren Behandlungsalgorithmus zu formulieren. Konservativ und operativ behandelte Patienten wurden hinsichtlich der Dauer des stationären Aufenthaltes, aufgetretener Komplikationen sowie dem Outcome analysiert.
Methodik: Der Behandlungspfad "Osteoporotische Beckenfrakturen" wurde im Oktober 2014 eingeführt. Im Zeitraum 10/2014 bis 12/2015 wurden bisher 64 Beckenfrakturen aufgenommen und analysiert. Einschlusskriterien für die Studie waren Patienten mit einem Alter > 80 J oder > 65 J mit Begleiterkrankungen. Die Analyse umfasste: operative versus konservative Behandlung, VAS, Verweildauer, Komplikationen und notwendige Revisionen sowie die radiologische Kontrolle innerhalb des Follow-up.
Ergebnisse und Schlussfolgerung: Von den 64 bisher analysierten Patienten wurden 54 Patienten konservativ (Gruppe 1) und 10 Patienten operativ (Gruppe 2) behandelt. Die mittlere stationäre Verweildauer in Gruppe 1 betrug 12 Tage, in Gruppe 2 23 Tage. Die Anzahl aufgetretener Komplikationen war in der Gruppe konservativ therapierter Patienten deutlich erhöht (Pneumonie n=4 vs. n=1; Mortalität n=1 vs. n=0).
Eine erhöhte Revisionsrate in der Gruppe operativ therapierter Patienten wurde nicht gesehen. Beide Gruppen erhielten während des gesamten stationären Aufenthaltes Physiotherapie sowie standardisierte Schmerztherapie.
Osteoporotische Insuffizienzfrakturen des Beckens beim alten Menschen stellen eine Herausforderung an den Behandelnden dar. Ein differenzierter Behandlungsalgorithmus wird vorgeschlagen: in Abhängigkeit von Frakturmorphologie, Schmerzgrad sowie beim Patienten bestehender Komorbiditäten ist die konservative Therapie möglich. Das Risiko des Auftretens allgemeiner Komplikationen scheint jedoch erhöht. Die operative Therapie ist trotz des verlängerten stationären Aufenthaltes abhängig vom VAS sowie der allgemeinen Mobilität des Patienten als Therapieoption in Betracht zu ziehen.