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Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2016)

25.10. - 28.10.2016, Berlin

Gerinnungsmanagement beim Polytrauma: Greift die S3-Leitlinie und wird das Outcome dadurch verbessert? Ergebnisse aus einem überregionalen Traumazentrum

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Katharina Angerpointner - Universitätsklinikum Regensburg, Klinik und Poliklinik für Unfallchirurgie, Regensburg, Germany
  • Daniel Mahr - Universitätsklinikum Regensburg, Klinik und Poliklinik für Unfallchirurgie, Regensburg, Germany
  • Franz Hilber - Universitätsklinikum Regensburg, Klinik und Poliklinik für Unfallchirurgie, Regensburg, Germany
  • Gaby Schöberl - Universitätsklinikum Regensburg, Klinik und Poliklinik für Unfallchirurgie, Regensburg, Germany
  • Michael Nerlich - Universitätsklinikum Regensburg, Klinik und Poliklinik für Unfallchirurgie, Regensburg, Germany
  • Antonio Ernstberger - Universitätsklinikum Regensburg, Klinik und Poliklinik für Unfallchirurgie, Regensburg, Germany

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2016). Berlin, 25.-28.10.2016. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2016. DocWI38-599

doi: 10.3205/16dkou250, urn:nbn:de:0183-16dkou2504

Veröffentlicht: 10. Oktober 2016

© 2016 Angerpointner et al.
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Gliederung

Text

Fragestellung: Die unkontrollierbare Blutung gilt als häufigste Todesursache bei Patienten in der Frühphase nach Polytrauma. Das Gerinnungsmanagement erlangt immer größere Bedeutung. Entgegen der ursprünglichen These, dass die posttraumatische Gerinnungsstörung sekundär entsteht, stellt diese ein eigenständiges Krankheitsbild dar. Eine einheitliche internationale Klassifikation gibt es jedoch nicht. Am 01.07.2011 erschien die aktuell gültige interdisziplinäre S3-Leitlinie Polytrauma/Schwerverletztenversorgung der DGU. Wurden die Leitlinienempfehlungen in der Präklinik und an einem überregionalen Traumazentrum umgesetzt? Konnte die Letalität dadurch gesenkt werden? Profitierten die Patienten durch ein besseres Outcome?

Methodik: Von 2007 bis 2012 wurden die Daten von Schockraumpatienten eines überregionalen Traumazentrums von geschulten Studienassistenten erfasst und anhand der Variablen des DGU-Traumaregisters sowie weiteren 300 Variablen aus Präklinik und Schockraumablauf dokumentiert. Eingeschlossen wurden Patienten, die zum Unfallzeitpunkt mindestens 16 Jahre waren, deren ISS ≥ 16 war und die primär an der Studienklinik behandelt wurden (n=438). Zum Vergleich wurde das Studienkollektiv in 2 Gruppen eingeteilt. Für den Zeitraum vor der Einführung der S3-Leitlinie wurden die Jahre 2008/2009 gewählt (n=165), für den Zeitraum nach Einführung der Leitlinie die Jahre 2011/2012 (n=173). Die Patienten der Jahre 2007 (n=25) und 2010 (n=75) wurden nicht berücksichtigt.

Die Gruppen 08/09 und 11/12 wurden in einer deskriptiven Analyse miteinander verglichen.

Ergebnisse und Schlussfolgerung: In beiden Gruppen unterschieden sich Alter, Geschlecht, Art des Traumas, ISS-Werte, AIS-Werte aller Körperregionen ausgenommen des Thorax nicht signifikant voneinander. Am Thorax waren die Patienten aus der Gruppe 08/09 signifikant schwerer verletzt als die Patienten aus der Gruppe 11/12. Präklinisch folgte das Gerinnungsmanagement den Leitlinienempfehlungen durch signifikant reduzierte Volumengabe (1.601 ml/1.193 ml, p<0,001) und zunehmende Monotherapie mit Kristalloiden. Auch innerklinisch erfolgte leitliniengerecht die aggressivere Substitution von zellulären Blutprodukten sowie Gerinnungsfaktoren. Die Blutplasma-Gabe wurde reduziert. Körpertemperatur und Azidämie unterschieden sich in beiden Gruppen nicht. Das allgemeine Outcome zeigte keine signifikanten Unterschiede. In der Untergruppe der Patienten mit Gerinnungsversagen nahm die Letalität in der Gruppe 11/12 jedoch signifikant ab (53,8%/38,5%, p<0,001), der Glasgow Outcome Scale besserte sich signifikant (p<0,001).

Fazit:

1.
Präklinisch erfolgte eine restriktivere Volumentherapie mit vermehrtem Einsatz von Kristalloiden
2.
Innerklinisch zeigte sich ein Wandel hin zu einem aggressiven Gerinnungsmanagement
3.
Die wesentlichen Empfehlungen zum Gerinnungs- und Volumenmanagement der S3-Leitlinien wurden umgesetzt
4.
Signifikant bessere Ergebnisse zeigten sich bei polytraumatisierten Patienten mit Gerinnungsversagen in der Gruppe 11/12 bezüglich Letalität und Glasgow-Outcome-Scale.