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Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2016)

25.10. - 28.10.2016, Berlin

Evaluation der Unfallgeschwindigkeit als prädiktiver Parameter für die Vorhersage von Wirbelsäulenverletzungen bei Pkw-Unfällen mit erfüllten S3-B-Kriterien

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Tobias Großner - Universitätsklinikum Heidelberg, Zentrum Orthopädie, Unfallchirurgie und Paraplegiologie, Sektion Wirbelsäulenchirurgie, Heidelberg, Germany
  • Jörg C. Stephan - Universitätsklinikum Heidelberg, Klinik für Anästhesiologie, Heidelberg, Germany
  • Erik Popp - Universitätsklinikum Heidelberg, Klinik für Anästhesiologie, Ltd. Sektion Notfallmedizin, Heidelberg, Germany
  • Gerhard Schmidmaier - Universitätsklinikum Heidelberg, Zentrum für Orthopädie, Unfallchirurgie und Paraplegiologie, Unfall- und Wiederherstellungschirurgie, Heidelberg, Germany
  • Michael Akbar - Universitätsklinikum Heidelberg, Zentrum für Orthopädie, Unfallchirurgie und Paraplegiologie, Heidelberg, Germany

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2016). Berlin, 25.-28.10.2016. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2016. DocWI38-890

doi: 10.3205/16dkou248, urn:nbn:de:0183-16dkou2488

Veröffentlicht: 10. Oktober 2016

© 2016 Großner et al.
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Gliederung

Text

Fragestellung: Die Zahl an schwer verletzen Patienten bei Verkehrsunfällen ist in den letzten 20 Jahren Patienten deutlich gesunken. Während 1993 der durchschnittliche ISS noch bei ca. 25 lag ist dieser bis 2014 auf ca. 16 gesunken. Der prozentuale Anteil der Patienten die nach einem Verkehrsunfall aufgrund des nur gering ausgeprägten Verletzungsmuster ohne Intensiv-Therapie behandelt werden können stieg von 1993 (6%) auf 24% (2014). Die aktuelle S3-Polytrauma-Leitlinie gibt Handlungsempfehlungen für die Versorgung von Traumapatienten. Bei erfüllten A- oder B-Kriterien (Grade of Recommendation A/B) wird empfohlen den Patienten in den Schockraum zur weiteren Diagnostik/Therapie zu bringen. Während sich die A-Kriterien direkt auf Verletzungsmuster oder Vitalparameter beim Patienten beziehen bilden die B-Kriterien u.a. den Traumahergang, Deformierung der Fahrzeuge sowie die Unfallgeschwindigkeit (delta 30 km/h)ab. Der Stellenwert der B-Kriterien wird seither kontrovers diskutiert, da viele Patienten keine oder nur geringe Verletzungen aufweisen, der Aufwand und die Kosten jedoch immens sind. Während bei schwer verletzten Traumapatienten (ISS > 16) in ca. 28% der Fälle eine Verletzung der Wirbelsäule vorliegt, gibt es nur wenig Daten zu dem Verletzungsmuster der Wirbelsäule bei Patienten die nur aufgrund erfüllter B-Kriterien einer Schockraumversorgung zugeführt werden.

Hauptziel dieser monozentrisch, deskriptiven Studie war es zu ermitteln, wie häufig es bei Patienten die ausschließlich aufgrund mindestens eines B-Kriteriums in den Schockraum eingeliefert wurden, zu Verletzungen der Wirbelsäule gekommen ist. Nebenziel der Studie war es zu überprüfen ob eine bestimme Unfallgeschwindigkeit häufiger zu Verletzungen der Wirbelsäule führt.

Methodik: Erfasst wurden Patienten im Zeitraum 2014 mit Pkw-Unfall bei denen ausschließlich B-Kriterien (mind. eins) vorlagen und die über den Schockraum aufgenommen wurden. n = 105. Es wurden sämtliche Verletzungen der Patienten erfasst, auf Wirbelsäulenverletzungen hin ausgewertet und anschließend mittels ANOVA-Analyse auf signifikante Unterschiede zwischen den Unfallgeschwindigkeitsspannen (0-50, 51-100, 101-150, 151-200 km/h) untersucht.

Ergebnisse und Schlussfolgerung: Insgesamt wiesen 27 Patienten (28%) eine oder mehrere Verletzung im Bereich der Wirbelsäule auf. ISS MW 2,9. In 19 Fällen eine klinisch relevanten HWS Distorsion, 3-mal zu einer BWS/LWS Kontusion, Frakturen in 10 Fällen (3x HWS, 4x BWS, 3x LWS). Am häufigsten traten Verletzungen in der Geschwindigkeitsspanne 51-100 km/h auf. Die ANOVA-Analyse zeigte hier jedoch keinen signifikanten Unterschied gegenüber den anderen Gruppen. Bei höheren Geschwindigkeiten lagen zusätzlich A-Kriterien vor weswegen diese Patienten in der Studie nicht erfasst wurden.

Wirbelsäulenverletzungen bei Pkw-Unfällen sind eine häufige Traumafolge und treten bei allen Geschwindigkeiten auf. Entsprechend genau muss die Diagnostik erfolgen um keine Verletzung zu übersehen - insbesondere bei Unfallgeschwindigkeiten zwischen 51-100 km/h.