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Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2016)

25.10. - 28.10.2016, Berlin

Der neue Aachener Mobilitäts- und Balance Index (AMBI) zur Erfassung des Sturzrisikos bei geriatrischen Patienten

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Matthias Knobe - Klinik für Unfallchirurgie und Wiederherstellungschirurgie, Universitätsklinikum der RWTH Aachen, Aachen, Germany
  • Meike Giesen - Klinik für Unfallchirurgie und Wiederherstellungschirurgie, Universitätsklinikum der RWTH Aachen, Aachen, Germany
  • Sarah Plate - Klinik für Unfallchirurgie und Wiederherstellungschirurgie, Universitätsklinikum der RWTH Aachen, Aachen, Germany
  • Ulrike Schemmann - Klinik für Unfallchirurgie und Wiederherstellungschirurgie, Universitätsklinikum der RWTH Aachen, Aachen, Germany
  • Jürgen Förster - Klinik für Unfallchirurgie und Wiederherstellungschirurgie, Universitätsklinikum der RWTH Aachen, Aachen, Germany
  • Hans-Christoph Pape - Klinik für Unfallchirurgie und Wiederherstellungschirurgie, Universitätsklinikum der RWTH Aachen, Aachen, Germany

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2016). Berlin, 25.-28.10.2016. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2016. DocWI29-1046

doi: 10.3205/16dkou174, urn:nbn:de:0183-16dkou1745

Veröffentlicht: 10. Oktober 2016

© 2016 Knobe et al.
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Gliederung

Text

Fragestellung: Trotz weitreichender gesundheitlicher und gesellschaftspolitischer Konsequenzen ist das Sturzrisiko bei älteren Personen nach wie vor schwer erfassbar und die Vorhersage ungenau. Trotz seiner weitreichenden Anwendung besitzt z.B. der Tinetti-Test Schwächen, wie seine geringe Spezifität und die eher subjektiv zu bewertende Ganganalyse. Primäres Studienziel war die Validitätsprüfung des neuen AMBI-Scores (Aachener Mobilitäts- und Balance Index, 7 Einzeltestverfahren, objektive Kriterien). Daneben wurde die Korrelation von subjektiver Risiko-Einschätzung durch den Patienten mit objektiven Testverfahren hinterfragt.

Methodik: Im Zeitraum von 03/14 bis 09/14 wurden bei 24 geriatrischen Personen der neu entwickelte AMBI-Score (Timed-Up-and-Go-Test, Stuhlaufstehtest, 10-Meter-Gehtest, 360-Grad-Wendung, Tandem-Stand, Tandem-Gang, Handkraft) sowie der 2-stufige Tinetti-Test (Balance- und Ganganalyse) vergleichend erhoben und eine Korrelationsanalyse durchgeführt. Eine Kontrollgruppe junger Probanden (n=10) absolvierte ebenfalls beide Testverfahren, um die Zeitgrenzen zu evaluieren. Die Sturzangst und das individuelle Sturzrisiko sollten vom Patienten auf einer Visuellen Analog Skala (VAS, 1=niedrigstes Risiko und 10=höchstes Risiko) bewertet werden. Im Rahmen der objektiven Analyse wurden additiv der DEM-Tect, Umfangmessungen der Extremitäten, die Sturzanzahl im letzten Jahr und die dadurch bedingten Krankenhausaufenthalte evaluiert.

Ergebnisse: Das mittlere Alter der Patienten (w/m 17/7, BMI 25.9) betrug 79,5 (± 8,2 Jahre), das der Kontrollgruppe (w/m 5/5) 26,7 ± 3,7 Jahre. Es zeigte sich eine signifikante Korrelation zwischen AMBI-Score (6.3 ± 2.9 Punkte (17 Punkte max., hohe Sturzgefahr)) und Tinetti-Test (22.4 ± 4.4 Punkte (28 Punkte max., geringe Sturzgefahr); r=-0.78, P<0.001). Während der Tinetti-Test (Cut-off 20 Punkte) 7 von 16 Patienten (44%) mit Sturzanamnese (MW 1.2 Stürze/Jahr) identifizierte, kennzeichnete der AMBI-Score (Cut-off 7 Punkte) 9 von diesen Patienten (56%, n.s.). Patienten mit schwerer Sturzanamnese (Krankenhausaufenthalte, MW 0.54/Jahr) wurden zu gleichen Anteilen erkannt. Eine signifikante Korrelation zwischen subjektivem Sturzrisiko (VAS 4.1/10) sowie der Sturzangst (VAS 3.8/10) und den Resultaten beider objektiver Testverfahren ergab sich hierbei nicht. Sturzangst und Sturzrisiko korrelierten mit der individuellen Sturzanamnese (P=0.020) sowie mit der Handkraft rechts (P=0.038) und den Umfängen an Ober- und Unterarm links (P=0.009).

Schlussfolgerung: Der neue AMBI-Score korreliert hochsignifikant mit dem Tinetti-Test und zeigt eine vergleichbare Diskriminierung bezüglich der Sturzgefahr. Beide objektiven Testverfahren zeigen diesbezüglich jedoch deutliche Schwächen. Obwohl Sturzangst und Sturzrisiko nach durchlebten Stürzen zunehmen, beurteilt die Mehrheit der geriatrischen Patienten ihre Gangsicherheit abweichend von der objektiven Bewertung als eher gut. Muskuläre Defizite steigern dagegen auch subjektiv das Sturzrisiko.