gms | German Medical Science

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2014)

28.10. - 31.10.2014, Berlin

Temporärer Spinaler Schock mit akutem Querschnittsyndrom durch thorakalen Bandscheibenvorfall – eine Falldarstellung

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Henning Tretow - Universitätsklinikum Münster, Klinik für Allgemeine Orthopädie und Tumororthopädie, Kinderorthopädie, Deformitätenrekonstruktion u. Fußchirurgie, Münster, Germany
  • Björn Vogt - Universitätsklinikum Münster, Klinik für Allgemeine Orthopädie und Tumororthopädie, Kinderorthopädie, Deformitätenrekonstruktion u. Fußchirurgie, Münster, Germany
  • Frank Schiedel - Universitätsklinikum Münster, Klinik für Allgemeine Orthopädie und Tumororthopädie, Kinderorthopädie, Deformitätenrekonstruktion u. Fußchirurgie, Münster, Germany
  • Robert Rödl - Universitätsklinikum Münster, Kinderorthopädie, Deformitätenrekonstr. und Fußchir., Münster, Germany
  • Tobias L. Schulte - Klinik für Allgemeine Orthopädie und Tumororthopädie, Universitätsklinikum Münster, Münster, Germany
  • Viola Bullmann - St. Franziskus-Hospital, Köln, Germany

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2014). Berlin, 28.-31.10.2014. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2014. DocPO17-1487

doi: 10.3205/14dkou665, urn:nbn:de:0183-14dkou6650

Veröffentlicht: 13. Oktober 2014

© 2014 Tretow et al.
Dieser Artikel ist ein Open Access-Artikel und steht unter den Creative Commons Lizenzbedingungen (http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/deed.de). Er darf vervielfältigt, verbreitet und öffentlich zugänglich gemacht werden, vorausgesetzt dass Autor und Quelle genannt werden.


Gliederung

Text

Fragestellung: Der thorakale Bandscheibenvorfall äußert sich klinisch häufig mit einer variablen und äußerst unspezifischen Schmerz- und neurologischen Symptomatik, so dass es bei der initialen Differentialdiagnostik zu Fehleinschätzungen kommen kann.

Wir berichten über den Fall einer 32-jährigen, zuvor gesunden Frau, die sich mit plötzlicher Exazerbation seit etwa acht Wochen bestehender thorakaler Rückenschmerzen gefolgt von rasch progredienter Paraplegie und akuter Blasenentleerungsstörung ohne auslösendes Ereignis ambulant vorstellte. Die neurologische Untersuchung ergab eine linksbetonte Hypästhesie sub Th7, linksbetonte schwere motorische Ausfälle der unteren Extremitäten sowie einen Harnverhalt (ASIA-Scale C). MR-tomographisch fand sich eine moderate Rückenmarkskompression durch einen mediolateralen Bandscheibenprolaps Th7/8 links und eine langstreckige Signalalteration im ventralen Anteil des Rückenmarks mit einer kraniokaudalen Ausdehnung von 7 cm in T2-Wichtung.

Methodik: Zur Dekompression des Myelons erfolgte eine notfallmäßige Sequestrektomie des prolabierten Bandscheibenmaterials über einen ventralen transthorakalen Zugang. Direkt postoperativ zeigte sich eine vollständige Aufhebung der Rückenschmerzen bei allerdings unveränderten neurologischen Defiziten. In der postoperativen MRT-Kontrolle ergab sich eine suffiziente Dekompression des Rückenmarks, jedoch eine Zunahme des ventralen Myelopathiesignals auf 10 cm. Unter dem Verdacht einer Rückenmarksischämie wurden durch zusätzliche klinische, serologische und radiologische Untersuchungen weitere Ursachen für ein A. spinalis anterior-Syndrom ausgeschlossen.

Ergebnisse und Schlussfolgerung: Unter der multimodalen Therapie mit frühzeitiger neurologischer Rehabilitationsmaßnahme kam es zum Rückgang der neurologischen Defizite. Sechs Monate postoperativ zeigte die Patientin nur rechts ein minimales Kraftdefizit (4+/5) bei sonst voller Kraft aller Muskelgruppen der unteren Extremitäten, so dass schließlich eine Mobilisation ohne Hilfsmittel möglich war. Auch die Blasenfunktion war wieder regelrecht. Allerdings persistierte zunächst eine dissoziierte Sensibilitätsstörung mit verminderter Schmerz- und Temperaturempfindung links. MR-tomographisch fand sich eine deutliche Regredienz des Myelopathiesignals.

Thorakale Bandscheibenvorfälle und spinale Ischämie stellen jeweils seltene Konditionen dar. Bei fehlendem Nachweis anderer Ursachen halten die Autoren eine direkte mechanische Kompression einer Segmentarterie links (evtl. Adamkiewicz-Arterie) durch den Bandscheibenvorfall als Ursache für die Rückenmarksischämie für möglich. Eine exakte Diagnose von akuten symptomatischen thorakalen Bandscheibenvorfällen ist oft schwierig. Im Fall einer zusätzlichen Rückenmarksischämie sind erweiterte differentialdiagnostische Maßnahmen erforderlich. Eine zeitnahe und erfolgreiche operative Dekompression führte in diesem Fall zu einem nahezu vollständigen Rückgang der Symptome mit erfreulichem Ausgang für die Patientin.