gms | German Medical Science

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2014)

28.10. - 31.10.2014, Berlin

Form und Beweglichkeit der Wirbelsäule während des Sitzens auf unterschiedlichen Sitzmöbeln

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Esther Pries - Charité - Universitätsmedizin Berlin, Julius Wolff Institut, Berlin, Germany
  • Marcel Dreischarf - Charité - Universitätsmedizin Berlin, Julius Wolff Institut, Berlin, Germany
  • Maxim Bashkuev - Charité - Universitätsmedizin Berlin, Julius Wolff Institut, Berlin, Germany
  • Hendrik Schmidt - Charité - Universitätsmedizin Berlin, Julius Wolff Institut, Berlin, Germany

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2014). Berlin, 28.-31.10.2014. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2014. DocWI54-529

doi: 10.3205/14dkou386, urn:nbn:de:0183-14dkou3861

Veröffentlicht: 13. Oktober 2014

© 2014 Pries et al.
Dieser Artikel ist ein Open Access-Artikel und steht unter den Creative Commons Lizenzbedingungen (http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/deed.de). Er darf vervielfältigt, verbreitet und öffentlich zugänglich gemacht werden, vorausgesetzt dass Autor und Quelle genannt werden.


Gliederung

Text

Fragestellung: Da heutzutage 80% der Bevölkerung in industrialisierten Ländern die Arbeit sitzend absolvieren, gewinnt die Sitzergonomie in der Prävention von Rückenschmerz immer größere Bedeutung. Aufgrund der Vermutung, dass statisches langes Sitzen das Risiko der Entstehung von Rückenschmerzen im Lendenwirbelsäulenbereich erhöhen kann, empfehlen Ergonomen Sitzmöbel, die das aktive und aufrechte Sitzen fördern sollen. Ergonomische Untersuchungen konnten jedoch keine gesteigerte Muskelaktivität und Bewegung während des Sitzens auf sogenannten dynamischen Sitzmöbeln feststellen. Oftmals waren diese Untersuchungen dadurch limitiert, dass ein Messen am Rücken auf einem Stuhl mit Rückenlehne nicht möglich war. Mithilfe des Epionics SPINE Messsystems besteht die Möglichkeit durch flexible Sensorstreifen die Rückenform und Bewegungen während des Sitzens auf Sitzmöbeln mit Rückenlehne zu erfassen. Untersucht wurde die Hypothese,ob dynamische Sitzmöbel das gerade Sitzen fördern und Bewegung während des Sitzens steigern. Hierzu wurden erstmalig Langzeitmessungen durchgeführt, um einen Verlauf über 2 h und eventuelle Gewöhnungseffekte zu analysieren.

Methodik: 18 Probanden (10 Männer, 8 Frauen) wurden für jeweils 2 h auf einem normalen Bürostuhl mit fester Rückenlehne, einem Bürostuhl mit rückneigbarer Rückenlehne und beweglicher Sitzfläche und einem Gymnastikball als Extrem, mit dem Epionics SPINE vermessen. Nach 14 Tagen erfolgte eine erneute Messung. Erfasst wurden Lordosewinkel aus einer Referenzmessung und die durchschnittliche Abweichung des Lordosewinkels während des 2-stündigen Sitzens sowie die Anzahl der stattfindenden Flexions- und Extensionsbewegungen und die Zeit, die in der Position verbracht wurde.

Ergebnisse und Schlussfolgerung: Während des Sitzens auf dem Ball wurden signifikant mehr kleine Bewegungen (Änderung des Lordosewinkels zwischen 2° und 17°) durchgeführt als während des Sitzens auf dem statischen und dem dynamischen Stuhl. Dieser Unterschied trat jedoch nur in der Gruppe der Männer auf und war nach 2 Wochen (Gewöhnungseffekte) nicht mehr nachweisbar. Der durchschnittliche Lordosewinkel über 2 h gemittelt, war auf allen Sitzmöbeln gleich. Die Probanden verbrachten die meiste Zeit in vorgebeugter Haltung. In Flexion sind zwei Schwerpunkte in der Haltung zwischen 2° bis 7° und 17° bis 22° Änderung des Lordosewinkels zu erkennen. Diese sind darauf zurückzuführen, dass die Probanden entweder gerade saßen (2° bis 7°) oder die Unterarme auf dem Tisch abgelegt haben und somit in eine vorgebeugte Haltung verfallen sind (17° bis 22°). Hier gab es keine signifikanten Unterschiede zwischen den Sitzmöbeln, was zusammenfassend zu der Aussage führt, dass dynamische Sitzmöbel keinen Einfluss auf die Haltung des Rückens nehmen. Auch kann durch eine flexible Rückenlehne oder eine dynamische Sitzfläche und selbst durch das Extrem des Gymnastikballs die Bewegung während des Sitzens nicht langfristig gesteigert werden. Diese Studie wird vom Bundesinstitut für Sportwissenschaft (MiSpEx Network) finanziert.