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Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2014)

28.10. - 31.10.2014, Berlin

Der Einfluss von induzierter Hypothermie auf die Transfusionsrate und die Letalität schwerverletzter Patienten

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Kai Oliver Jensen - UniversitätsSpital Zürich, Klinik für Unfallchirurgie, Zürich, Switzerland
  • Stephanie Angst - UniversitätsSpital Zürich, Klinik für Unfallchirurgie, Zürich, Switzerland
  • Andrea Kraus - Universität Zürich, Institut für Sozial- und Präventivmedizin, Abteilung Biostatistik, Zürich, Switzerland
  • Philipp Mommsen - Medizinische Hochschule Hannover, Unfallchirurgische Klinik, Hannover, Germany
  • Frank Hildebrand - Universitätsklinikum Aachen, Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie, Aachen, Germany
  • Guido Wanner - UniversitätsSpital Zürich, Klinik für Unfallchirurgie, Zürich, Switzerland
  • Hans-Peter Simmen - UniversitätsSpital Zürich, Klinik für Unfallchirurgie, Zürich, Switzerland
  • Kai Sprengel - UniversitätsSpital Zürich, Klinik für Unfallchirurgie, Zürich, Switzerland

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2014). Berlin, 28.-31.10.2014. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2014. DocWI27-1319

doi: 10.3205/14dkou155, urn:nbn:de:0183-14dkou1551

Veröffentlicht: 13. Oktober 2014

© 2014 Jensen et al.
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Gliederung

Text

Fragestellung: Hypothermie ist eine etablierte, jedoch kontrovers diskutierte Therapie in der Postreanimationsphase nach Herzstillstand und bei der Behandlung des schweren Schädel-Hirn-Traumas. Insbesondere der Einfluss auf Blutgerinnung und Blutungsneigung ist nicht hinreichend geklärt. Ziel dieser Studie war, zu zeigen, dass die induzierte Hypothermie bei schwerverletzten Patienten keinen negativen Effekt auf die Transfusionsrate innerhalb der ersten 48 Stunden und auf die Letalität hat.

Methodik: In dieser retrospektiven multizentrischen Studie von drei Level 1 Traumazentren wurden 564 schwerverletzte Patienten (ISS ≥16 Punkte) der Jahre 2009 bis 2011 ausgewertet. Hiervon qualifizierten 43 Patienten durch ein Alter ≤50 Jahren und Vorliegen einer schweren Schädel-Hirn-Verletzung (AIS-Kopf ≥3) für die induzierte Hypothermie im Krankenhaus A. Das Ziel der induzierten Hypothermie wurde als Körperkerntemperatur von 35°C festgelegt. Die hypothermen Patienten (n=43) wurden über das Alter und AIS Kopf mit jeweils einem normothermen Patienten aus dem Krankenhaus B und C gematcht (n=86). Die hieraus resultierten Doppel-Paarungen wurden hinsichtlich der Korrelation zwischen induzierter Hypothermie sowie Transfusionsrate, Komplikationen und Letalität untersucht. Um einen Bias durch unterschiedliche Transfusionsalgorithmen zu vermeiden, wurde dies bei den restlichen Patienten aller drei Krankenhäuser (n=435) analysiert. Die statistische Auswertung wurde mittels Matched-pair-Testungen, R-bootstrap Stichproben, square-and-add Ansatz und multiplen linearen oder logistischen Regressionsanalysen durchgeführt. Wo benötigt wurde das Signifikanzniveau bei p<0,05 festgelegt.

Ergebnisse: Das Durchschnittsalter der hypothermen Patienten betrug 35,7 Jahre, der mittlere ISS war 30 Punkte und die Geschlechtsverteilung zeigte 83,7% Männer. Das Durchschnittsalter der normothermen Patienten betrug 36,7 Jahre, der mittlere ISS war 33 Punkte und die Geschlechtsverteilung zeigte 75,6% Männer. Die hypothermen Patienten wiesen eine Letalität von 16,3% gegenüber 34,9% in der gematchten Gruppe normothermer Patienten auf. Es wurden durchschnittlich 1,9 versus 4,2 Einheiten Erythrozyten-Konzentrat, 384 ml versus 641 ml gefrorenes Frischplasma und 12 ml versus 42 ml Thrombozyten-Konzentrat transfundiert. Hypotherme Patienten wiesen tendenziell eine höhere Rate an Lungenversagen (39,5% vs. 9,3%), Sepsis (23,3% vs. 8,15%) und Thromboembolien (20,9% vs. 4,7%) im Vergleich zu normothermen Patienten auf, ohne signifikante Unterschiede zwischen den Gruppen.

Schlussfolgerungen: Obschon die induzierte Hypothermie tendenziell mit einer höheren Komplikationsrate assoziiert war, führte sie weder zu einer höheren Transfusionsrate, noch zu einer Erhöhung der Letalität bei schwerverletzten Patienten. Die induzierte Hypothermie scheint eine valable therapeutische Option beim Schwerverletzten, muss jedoch hinsichtlich der Komplikationen in weiteren klinischen Studien evaluiert werden.