Artikel
Systemische Komplikationen nach offener Femurschaftfraktur – eine Analyse mit 5761 Fällen des DGU-Traumaregisters
Suche in Medline nach
Autoren
Veröffentlicht: | 23. Oktober 2013 |
---|
Gliederung
Text
Fragestellung: Obwohl die Versorgungsstrategie der Femurschaftfraktur beim schwer- und mehrfach verletzten Patienten nach Hochrasanztrauma durch Implementierung der Damage-Control Prinzipien in den vergangenen Jahrzehnten revolutioniert wurde, stellt die erfolgreiche Behandlung der offenen Femurschaftfraktur nach wie vor eine besondere traumatologische Herausforderung dar. Das Ziel dieser Studie war der Vergleich von geschlossenen und offenen Femurschaftfrakturen und dem assoziierten Risiko für schwere systemische Komplikationen und Tod.
Methodik: Insgesamt wurden 32582 Datensätze (2002-2010) aus dem Traumaregister der DGU für diese Studie analysiert. Fälle mit unvollständigen Datensätzen wurden exkludiert. Patienten mit Femurschaftfraktur (AO-32) wurden mit Hilfe der Abbreviated Injury Scale (AIS) identifiziert und die Verletzungsschwere anhand des Injury Severity Score (ISS) stratifiziert. Offene Femurschaftfrakturen wurden gemäß der Tscherne/Oestern-Klassifikation charakterisiert. Eine Sepsis wurde anhand der Kriterien des ACCP/ACCM-Konsensus definiert. Die statistische Analytik von Demographie, Verletzungsmuster, -schwere, Therapie und klinischer Ergebnisse erfolgte mittels SPSS Statistics, Chicago, IL.
Ergebnisse und Schlussfolgerung: Insgesamt wurden 5761 Patienten (Ø ISS 25) mit 4423(77%) geschlossenen und 1338 (23%) offenen Femurschaftfrakturen in die Studie eingeschlossen.
Von den offenen Frakturen wurden 334 als Grad I (28.1%), 526 als Grad II (44.3%), 309 als Grad III (26%) und 19 als traumatische Amputation (1.6%) eingestuft. Interessanterweise waren offene Femurschaftfrakturen (OFSF) nicht mit einem erhöhten ISS (24.2% vs. 25.3%; p<0.05) oder einem erhöhten Sepsisrisiko assoziiert (10.1% vs. 9.8%, NS), jedoch mit einer erhöhten Anzahl operativer Eingriffe (2.2 vs. 1.3; p<0.001) und einer verlängerten Liegedauer (in Tagen): OFSF 34.9 vs. CFSF 29.6; p<0.001. Zudem bestand bei offenen Frakturen ein erhöhter Bedarf an Erythrozytenkonzentraten (EKs): OFSF 4.6% vs. GFSF 3.2; p<0.001. Obwohl die Gesamtmortalität bei OFSF (11.8%) geringer war als bei GFSF (14.2%), stieg das Risiko für Sepsis und Tod mit dem Grad des Weichteilschadens an (Sepsis: I° 6%, II° 9.5%, III° 15.9%, IV° 21.1%; Tod: I° 8.1%, II° 9.9%, III° 17.2%, IV° 15.8%). Zusammenfassend belegen unsere Daten, dass die Behandlung offener Femurschaftfrakturen signifikant kosten- und zeitintensiver ist, das Risiko schwerer systemischer Komplikationen und Tod aber durch ein verletzungsadaptiertes Behandlungsprotokoll adressiert werden kann. Neben dem Gesamtzustand des Patienten sollte der Grad des Weichteilschadens bei Wahl der operativen Strategie besondere Berücksichtigung finden.
Literatur
- 1.
- Gustilo RB, Anderson JT. J Bone Joint Surg [Am]. 1976.
- 2.
- Giannoudis PV, et al. J Bone Joint Surg Br. 2006.
- 3.
- Court-Brown CM, et al. Injury. 1998.
- 4.
- Tscherne H, Oestern HJ. Unfallheilkunde. 1982.
- 5.
- Patzakis MJ, et al. J Bone Joint Surg [Am]. 1974.
- 6.
- Giannoudis PV. J Bone Joint Surg [Br]. 2003.
- 7.
- Pape HC, et al. J Am Acad Orthop Surg. 2009.