Artikel
Die präoperative Bestimmung der Ratio distales Fragment/Gesamtlänge Radius bei kindlichen Unterarmfrakturen als Konsequenz einer kritischen Analyse der Indikationsstellung und Komplikationen nach intramedullärer Osteosynthese.
Suche in Medline nach
Autoren
Veröffentlicht: | 11. November 2003 |
---|
Gliederung
Text
Fragestellung
Seit 1998 wird in unserer Klinik die intramedulläre Schienung nach Prévot als Standardverfahren der operativen Versorgung geschlossener kindlicher Unterarmschaftfrakturen eingesetzt. Aufgrund der ausgezeichneten Ergebnisse wurde die Indikationsstellung in den vergangenen 3 Jahren stark ausgeweitet und auch metaphysennahe Frakturen in dieser Weise versorgt. Dabei traten in einigen Fällen durch sekundäre Dislokationen verursachte Achs- oder Rotationsfehlstellungen auf, die einen weiteren operativen Eingriff mit Verfahrenswechsel notwendig machten. Hierbei war in allen Fällen ein zu kurzes distales Radiusfragment die Ursache für das Scheitern der Methode. Von einer allgemeinen Auswertung unseres Patientenguts ausgehend sollte ein Parameter erarbeitet werden, der die präoperative Indikationsstellung zur intramedullären Osteosynthese dahingehend unterstützt, komplikationsträchtige Fälle zu erkennen, um sie primär einer Alternativtechnik zuzuführen. Insbesondere interessierte dabei, welchen Einfluss das Verhältnis Länge des distalen Radiusfragments zur Gesamtlänge des Radius auf die Komplikationsrate hat.
Methoden
Es erfolgte eine retrospektive Auswertung aller von 1998 bis 2002 in unserer Klinik mittels intramedullärer Nagelung versorgten Fälle geschlossener kindlicher Unterarmschaftfrakturen mit Einteilung der Frakturen nach AO-Klassifikation. Die Längen des distalen Radiusfragments und des Gesamtradius wurden ausgemessen und aus diesen Größen ein Quotient gebildet. Die so erhaltene Ratio der komplikationslos verheilten Fälle und die Ratio der nachoperierten Fälle wurden verglichen. Schließlich wurde ein Grenzwert dieser Ratio aus dem Mittelwert der nachoperierten Patienten gebildet, bis zu welchem die Anwendung der intramedullären Nagelung empirisch noch gerechtfertigt ist.
Ergebnisse
Von 1998 bis 2002 wurden 105 Fälle geschlossener kindlicher Unterarmschaftfrakturen mittels elastischer Markraumschienung nach Prévot versorgt. Bei 8 Patienten (7,6%) war eine operative Revision notwendig. Hierbei war die Ursache in 5 Fällen eine Refraktur durch erneuten Sturz auf den betroffenen Unterarm. In 3 Fällen kam es zu einer frühen sekundäre Dislokation, nämlich einer Dislocatio ad latum des distalen Radiusfragments nach lateral mit gleichzeitiger Dislocatio ad axim > 20°. In zwei Fällen wurde auf eine Plattenosteosynthese, in einem Fall auf eine perkutane Kirschnerdrahtosteosynthese umgestiegen. Die durchschnittliche Ratio distales Fragment/Gesamtlänge Radius der nachoperierten Patienten mit Achs- oder Rotationsfehlstellung lag bei 0.2 ±0.04. Hieraus ergibt sich, daß bei der Indikationsstellung zur intramedullären Osteosynthese bei einem Verhältnis von distalem Radiusfragment zu Gesamtradiuslänge von < 0.25 an eine antegrade Schienung des Radius bzw. an ein alternatives Therapieverfahren wie die Plattenosteosynthese beim adoleszenten Kind oder die perkutane Kirschnerdrahtosteosynthese gedacht werden sollte.
Schlussfolgerungen
Die intramedullären Nagelung nach Prévot hat sich als sicheres und wenig traumatisierendes Verfahren zur operativen Versorgung geschlossener kindlicher Unterarmschaftfrakturen bewährt. Bei der mit zunehmender Erfahrung ausgeweiteten Indikationsstellung hatten wir die Ratio distales Fragment/Gesamtlänge Radius für ein geeignetes Hilfsmittel, um bereits präoperativ das erfolgversprechendste Verfahren für den jeweiligen Patienten zu ermitteln.