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Untersuchung eines Neugeborenenscreenings auf kongenitale Cytomegalovirus (cCMV)-Infektionen
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Veröffentlicht: | 28. Oktober 2021 |
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Gliederung
Zusammenfassung
Hintergrund: Kongenitale Infektion mit dem Cytomegalovirus (cCMV) sind weltweit die führende Ursache für kongenitale Infektionen; sie verursachen neurologische, ophthalmologische und andere Befunde, am häufigsten Hörstörungen. Etwa 90% von ihnen sind bei der Geburt asymptomatisch, sind aber in ca. 15% mit späteren Schallempfindungsschwerhörigkeiten und anderen Folgeerscheinungen verbunden. In einer Kohortenstudie, durchgeführt in Doha, Katar, und im Ruhrgebiet, Deutschland, wurden kürzlich Durchführbarkeit und Ergebnisse eines Neugeborenen-cCMV-Screenings untersucht, weiterhin die regionsspezifische Prävalenz von cCMV-Infektionen und ein neuropädiatrisches, audiologisches und opthalmologisches Nachsorgeprogramm.
Material und Methoden: 12.447 Neugeborene, 6.128 aus Deutschland, 6.319 aus Katar, erhielten ein CMV-Screening mit PCR-Tests von Flüssigspeichelproben aus Wangenabstrichen. Eine cCMV-Infektion wurde durch den Nachweis von CMV-DNA im Blut und/oder Urin der Neugeborenen bestätigt, die das Screening nicht bestanden.
Ergebnisse: Die Prävalenz an cCMV-Infektionen lag für Deutschland bei 0,33%. Die Spezifität des Screenings betrug 99,7 (95% CI 99,63%–99,77%), die Sensitivität 100% (95% CI 100%–100%), der positive Vorhersagewert 0,52 (95% CI 0,51–0,53), der negative prädiktive Wert 1 (95% CI 1,00–1,00). Vier infizierte Kinder zeigten Symptome: ein Kind war bei der Geburt symptomatisch, eines hatte eine angeborene Schwerhörigkeit, die auch durch ein Neugeborenen-Hörscreening festgestellt wurde, eines entwickelte eine spät einsetzende Schwerhörigkeit und zusätzliche Symptome während des ersten Lebensjahres, eines zeigte pathologische Befunde im Hirn-MRT. Die drei Kinder mit klinischen Symptomen wurden antiviral und mit Hörgeräten behandelt.
Diskussion: 0,32 pro Tausend Säuglinge zeigten in Deutschland oder Katar bei der Geburt oder später cCMV-Infektions-Symptome. Durch das Screening und ein bisher 1–3-jähriges Follow-up wurden 0,33 pro Tausend Neugeborene für Deutschland identifiziert, die versteckte oder spät einsetzende Symptome entwickelten und rechtzeitig behandelt wurden oder die verdeckte Symptome hatten, die eine weitere Überwachung erforderten.
Fazit: Um cCMV-infizierte Kinder frühzeitig zu erkennen, scheint ein universelles neonatales Screening empfehlenswert. Zudem wurde ein Algorithmus entwickelt, der eine Stratifizierung infizierter Säuglinge nach niedrigem und hohem Risiko für spät auftretende cCMV-Symptome ermöglicht.
Funding: Gefördert durch den Qatar National Research Fund, NPRP7-1845-3-480
Text
Hintergrund
Die Infektion mit dem kongenitalen Cytomegalovirus (cCMV) ist weltweit die häufigste Ursache für kongenitale Infektionen, die zu neurologischen, ophthalmologischen und anderen Befunden führen, am häufigsten zu einem Hörverlust. Etwa 10–15% dieser Infektionen sind bei der Geburt symptomatisch, 85–90% sind asymptomatisch und entgehen einer frühzeitigen Diagnose und Intervention, führen aber bei 5–25% zu einem sensorineuralen Hörverlust und anderen Folgeerscheinungen. Kürzlich hat eine internationale cCMV-Konsensgruppe empfohlen, ein universelles cCMV-Screening von Neugeborenen in Betracht zu ziehen. Diese Kohortenstudie, die in Doha, Katar, und im Ruhrgebiet, Deutschland, durchgeführt wurde, untersuchte die Durchführbarkeit und die Ergebnisse eines solchen Screenings sowie die regionsspezifische Prävalenz von cCMV-Infektionen und evaluierte ein Follow-up-Programm.
Material und Methode
12.447 Neugeborene, 6.128 aus Deutschland, 6.319 aus Katar, erhielten ein CMV-Screening mit PCR-Tests von Flüssigspeichelproben aus Wangenabstrichen. Eine cCMV-Infektion wurde durch den Nachweis von CMV-DNA im Blut und/oder Urin der Neugeborenen bestätigt, die das Screening nicht bestanden. Die infizierten Säuglinge wurden in ein Langzeit-Follow-up-Programm aufgenommen.
Ergebnisse
Bei 38 Säuglingen aus Deutschland und 15 aus Katar wurde CMV-DNA nachgewiesen. Für 18 deutsche und 3 katarische Säuglinge wurde eine Infektion bestätigt, bei mindestens zwei weiteren deutschen und sechs katarischen Babys war eine Infektion höchstwahrscheinlich (hohe Viruslast im Speichel, aber Babys lost-to-follow-up). Diese Ergebnisse entsprechen einer Prävalenz von cCMV-Infektionen von 0,33% (95% Konfidenzintervall [CI] 0,19%–0,47%) in Deutschland und von 0,14% (95% CI 0,09%–0,19%) in Katar. Die Spezifität des Screenings betrug 99,7 (95% CI 99,63%–99,77%) in Deutschland und 99,9% (95% CI 99,86%–99,94%) in Katar. In einer Kontrollgruppe von 329 Neugeborenen wurde kein falsch negativer Fall festgestellt. Vier infizierte Säuglinge zeigten Symptome: ein Kind war bei der Geburt symptomatisch (Deutschland, obligatorisch nicht bestandenes Screening), ein Kind (Katar) hatte eine angeborene Schwerhörigkeit, die (auch) durch ein Neugeborenen-Hörscreening identifiziert wurde, ein Kind (Deutschland) entwickelte eine spät einsetzende Schwerhörigkeit und zusätzliche Symptome während seines ersten Lebensjahres, ein weiteres Kind (Deutschland) zeigte pathologische Befunde im cMRI (zerebrale Magnetresonanztomographie). Die drei Kinder mit klinischen Symptomen erhielten sowohl eine antivirale als auch eine rechtzeitige symptomatische Behandlung mit Hörgeräten und zusätzlichen Rehabilitationsmaßnahmen.
Für eine kosteneffiziente Nachsorge, die möglichst wenige Eltern beunruhigt, deren Kinder ihr Leben lang asymptomatisch bleiben, hat unsere Gruppe einen Screening-Algorithmus entwickelt, der auf einem hochempfindlichen quantitativen Echtzeit-PCR-Test basiert und eine Stratifizierung infizierter Säuglinge nach niedrigem und hohem Risiko für spät auftretende cCMV-Symptome ermöglicht (Abbildung 1 [Abb. 1]), [1].
Diskussion
0,32 pro 1000 Säuglinge zeigten in Deutschland oder Katar bei der Geburt oder später cCMV-Infektions-Symptome. Durch das Screening und ein bisher 1–3-jähriges Follow-up wurden 0,24 von tausend Neugeborenen (0,33 für Deutschland, 0,16 für Katar) identifiziert, die versteckte oder spät auftretende Symptome entwickelten und rechtzeitig behandelt wurden oder die verdeckte Symptome hatten, die eine weitere Überwachung erfordern.
Fazit
Um cCMV-infizierte Kinder frühzeitig zu erkennen, scheint ein universelles neonatales Screening empfehlenswert.
Funding
Gefördert durch den Qatar National Research Fund, NPRP7-1845-3-480
Literatur
- 1.
- Nagel A, Dimitrakopoulou E, Teig N, Kern P, Lücke T, Michna D, Korn K, Steininger P, Shahada K, Neumann K, Überla K. Characterization of a universal screening approach for congenital CMV infection based on a highly-sensitive, quantitative, multiplex real-time PCR assay. PLoS One. 2020 Jan 9;15(1):e0227143. DOI: 10.1371/journal.pone.0227143