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26. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie e. V.

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie e. V.

11.09. - 13.09.2009, Leipzig

Unterschiede der Stimmlippentätigkeit beim Registerwechsel vom Modal- ins Falsettregister bei Laiensängern und professionellen Sängern anhand der Bestimmung des glottalen Offenquotienten

Vortrag

  • corresponding author presenting/speaker Sebastian Dippold - HNO-Uniklinik Leipzig, Deutschland
  • Michael Fuchs - HNO-Uniklinik Leipzig, Deutschland
  • Matthias Echternach - Universitätsklinikum Freiburg, Deutschland
  • Bernhard Richter - Universitätsklinikum Freiburg, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie. 26. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie (DGPP). Leipzig, 11.-13.09.2009. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2009. Doc09dgppV20

doi: 10.3205/09dgpp31, urn:nbn:de:0183-09dgpp311

Veröffentlicht: 7. September 2009

© 2009 Dippold et al.
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Zusammenfassung

Für die Klangcharakteristik von Gesangsregistern ist eine Kombination aus laryngealem Mechanismus und der Konfiguration des Ansatzrohres verantwortlich. Ziel der Studie war es, den Offenquotienten der Stimmlippen in verschiedenen Registern bei Sängern zu untersuchen, wobei vermutet wurde, dass dieser wie bei untrainierten Stimmen im Falsettregister größer ist als im Modalregister.

Die Gesamtoffenquotienten von 21 männlichen Sängern (10 Laien, 11 professionelle Sänger) wurden mittels Hochgeschwindigkeitsglottographie – nach der auditiven Bestimmung des Registerwechsels – im Modal- und Falsettregister sowie während des Registerwechsels aus einem Glissando aufwärts berechnet, in dem in allen drei Abschnitten jeweils Zeitfenster von 200 ms ausgewertet wurden.

Der Gesamtoffenquotient im Falsettregister war in beiden Gruppen signifikant höher, als im Modalregister (Laien: p=0,0374, Profis: p=0,043), wobei der signifikante Anstieg beim Übergang vom Modalregister zum Registerwechsel stattfand. Dagegen fiel der Anstieg vom Registerwechsel zum Falsett deutlich geringer aus (Laien: p=0,08, Profis: p=0,43). Ein Unterschied im Verhalten der Offenquotienten zwischen den beiden Gruppen konnte nicht festgestellt werden (Modalregister: p=0,09, Falsettregister: p=0,92).

Es bestätigte sich die Hypothese, dass die Stimmlippen während des Singens pro Zeiteinheit im Falsettregister sowohl bei Laien- als auch bei Profisängern prozentual häufiger geöffnet sind als im Modalregister.


Text

Einleitung

Nach der aktuellen Literaturlage ist für die Klangcharakteristik von Gesangsregistern eine Kombination aus laryngealem Mechanismus und der Konfiguration des Vokaltraktes verantwortlich. Ein Parameter zur Charakterisierung des laryngealen Mechanismus stellt der Offenquotient dar. Er ist definiert als das Verhältnis der glottalen Öffnungszeit zur Gesamtperiodendauer. Ziel der Studie war es, mit Hilfe der Hochgeschwindigkeitsglottographie den Offenquotienten der Stimmlippen in verschiedenen Registern sowohl bei männlichen Laiensängern, als auch bei professionellen männlichen Sängern zu bestimmen. Es sollte die in einer Voruntersuchung an nichtsingenden Probanden gestellte Vermutung bestätigt werden, dass die Stimmlippen während des Singens pro Zeiteinheit im Falsettregister prozentual häufiger geöffnet sind als in tiefen Lagen [1].

Material/Methode

Das Probandenkollektiv setzte sich aus 10 männlichen Laiensängern und 11 männlichen professionellen Sängern zusammen. Die Aufnahmen erfolgten mittels Hochgeschwindigkeitsglottographie (HRES Endocam, Fa. Wolf, Knittlingen), die eine anschließende Wiedergabe von jedem einzelnen Schwingungszyklus der Stimmlippen ermöglichte. Dabei wurden die schwingenden Stimmlippen und gleichzeitig das Tonsignal über einen Zeitraum von 2 Sekunden mit einer Aufnahmefrequenz von 4000 Bildern pro Sekunde aufgenommen.

Die Sänger wurden aufgefordert, ein Glissando von ihrer tiefen Lage (Modalregister) bis in ihre hohe Lage (Falsettregister) zu singen. Anschließend erfolgte die auditive Bestimmung des Registerwechsels und die Ermittlung des Offenquotienten im Modalregister, während des Registerwechsels und im Falsettregister für ein Zeitintervall von jeweils 200 ms. Dies gelang mit Hilfe einer speziellen Software (HRES Endocam), welche den Offenquotienten nicht nur für die Offenfläche im Bereich der gesamten Glottis, sondern auch für Trajektoren im Bereich der vorderen, mittleren und hinteren Stimmlippe berechnete (s. Abbildung 1 [Abb. 1]).

Ein Vergleich der Offenquotienten wurde anschließend sowohl zwischen den beiden Gruppen (T-Test für unverbundene Stichproben) als auch innerhalb einer Gruppe (T-Test für verbundene Stichproben) durchgeführt.

Ergebnisse

Der Offenquotient für die Gesamtfläche war im Falsettregister in beiden Gruppen signifikant höher, als im Modalregister (Laiensänger: p=0,037, professionelle Sänger: p=0,043), wobei der signifikante Anstieg beim Übergang vom Modalregister zum Registerwechsel stattfand. Der Anstieg des Offenquotienten vom Registerwechsel zum Falsett fiel deutlich geringer aus (Laiensänger: p=0,08, professionelle Sänger: p=0,43). Ein Unterschied im Verhalten der Offenquotienten zwischen den beiden Gruppen konnte nicht festgestellt werden (Modalregister: p=0,74, Falsettregister: p=0,74).

Die Offenquotienten der einzelnen Trajektoren waren im Falsettregister bei den Laiensängern alle signifikant höher als im Modalregister (vorne: p=0,005, mittig: p=0,007, hinten: p=0,02). Hingegen zeigten die Offenquotienten der Trajektoren der professionellen Sänger keinen signifikanten Unterschied zwischen Falsett- und Modalregister (vorne: p=0,18, mittig: p=0,22, hinten: p=0,53).

Auch im Vergleich der Registerfunktionen untereinander konnte kein signifikanter Unterschied in den ortsspezifischen Offenquotienten beider Gruppen nachgewiesen werden (Modalregister: vorne: p=0,47, mittig: p=0,36, hinten: p=0,56; Falsettregister: vorne: p=0,92, mittig: p=0,38, hinten: p=0,41).

Diskussion

Die vorliegenden Daten zeigen, dass die Stimmlippen während des Singens pro Zeiteinheit im Falsettregister sowohl bei Laien als auch bei professionellen Sängern prozentual häufiger als im Modalregister geöffnet sind. Demnach stehen diese Untersuchungen im Einklang zu Untersuchungen, die einen ähnlichen Effekt bei nicht trainierten Stimmen nachweisen konnten [1]. Gleichwohl konnte dieser Effekt hinsichtlich der professionellen Sänger nur in Bezug auf die Flächenfunktion dargestellt werden. Bei den Trajektoren zeigten sich keine signifikanten Unterschiede. Ein möglicher Grund könnte darin liegen, dass die Trajektoren – ähnlich einem Kymogramm – nur eine Linie im Bereich der Glottis abbilden und daher nur einen Teilaspekt beleuchten. Andere Parameter, insbesondere die Aktivität der Kehlkopfmuskeln in den einzelnen Registerfunktionen können nach wie vor nicht ausreichend detektiert werden.

Für die Untersuchung der Konfiguration des Vokaltraktes bei unterschiedlichen Registern ist durch die Anwendung der Magnetresonanztechnik eine hilfreiche Methode gefunden worden, deren abschließende Ergebnisse noch ausstehen.


Literatur

1.
Echternach M, Dippold S, Sundberg J, Richter B. High-Speed Imaging und Elektroglottographie für die Analyse von Registerübergängen bei nicht trainierten männlichen Stimmen. In: 26. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie (DGPP); 2009. Doc09dgppP12. Verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/dgpp2009/09dgpp32.shtml Externer Link