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23. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie e. V.

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie e. V.

15. - 17.09.2006, Heidelberg

Hochfrequenztympanometrie in neuem Licht

New role of high-frequency tympanometry

Vortrag

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie. 23. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie. Heidelberg, 15.-17.09.2006. Düsseldorf, Köln: German Medical Science; 2006. Doc06dgppV35

Die elektronische Version dieses Artikels ist vollständig und ist verfügbar unter: http://www.egms.de/de/meetings/dgpp2006/06dgpp53.shtml

Veröffentlicht: 5. September 2006

© 2006 Limberger et al.
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Zusammenfassung

Einleitung: Die Hochfrequenztympanometrie in der Pädaudiologie wurde bisher im Vergleich zur 226-Hz-Tympanometrie unter dem Aspekt beleuchtet, welche der beiden Methoden bei Säuglingen und Kleinstkindern das zuverlässigste Ergebnis im Verhältnis zur Otoskopie liefert [1], [2].

Patienten und Methoden: Wir werteten bisher die ohrmikroskopischen Trommelfellbefunde, die 226Hz- und 1000Hz-Tympanometrie von 36 Kindern und Erwachsenen (71 Ohren) aus, wobei die Ohrmikroskopie als „Goldstandard“ gewertet wurde.

Ergebnisse: Bei den Ohren, bei denen die 226Hz-Tympnanometrie in der Lage war, den ohrmikroskopischen Befund richtig zu detektieren, betrug das Gehörgangsvolumen im Mittel 0,87 ml (SD: 0,22), während es bei differenten Befunden im Mittel bei 0,55 ml (SD: 0,20 ml) lag. Bei der 1000Hz-Tympanometrie fanden sich genau umgekehrte Verhältnisse. Die richtig erkannten Befunde waren zu kleineren Gehörgangsvolumina verschoben (Mittelwert: 0,61 ml, SD: 0,23 ml), während die nicht richtig erkannten Befunde deutlich höhere Gehörgangsvolumina aufwiesen, der Mittelwert lag hier bei 0,89 ml (SD: 0,17 ml).

Fazit: An Hand dieser Ergebnisse erscheint vielmehr das Gehörgangsvolumen der entscheidende Faktor zu sein, welche Sondentonfrequenz bei der Tympanometrie in der Lage ist, die „wahre“ Compliance zu erkennen. Dies würde für die Praxis bedeuten, dass z.B. bei Kindern mit Down Syndrom die 1000Hz-Tympanometrie deutlich länger angewendet werden sollte.


Text

Einleitung

Die Hochfrequenztympanometrie in der Pädaudiologie wurde bisher im Vergleich zur 226-Hz-Tympanometrie unter dem Aspekt beleuchtet, welche der beiden Methoden bei Säuglingen und Kleinstkindern das zuverlässigste Ergebnis liefert, wobei als „Goldstandard“ die Ohrmikroskopie galt [1], [2]. Nur wenige Autoren zweifelten dies an und stellten fest, dass auch hier häufig Fehler unterlaufen [3], [4].

Patienten und Methoden

Bei 36 Kindern und Erwachsenen im Alter von 10 Tagen bis 19 Jahren (71 Ohren) wurden die ohrmikroskopischen Trommelfellbefunde, die 226Hz-Tympanometrie und 1000Hz-Tympanometrie erfasst, wobei wir die Ohrmikroskopie ebenfalls als „Goldstandard“ wählten. Wir verglichen, wie häufig in beiden Formen der Tympanometrie der gleiche Befund vorlag wie in der Ohrmikroskopie. Dann errechneten wir Mittel und Standardabweichungen der Gehörgangsvolumina bei den richtig erkannten und nicht übereinstimmenden Befunden.

Ergebnisse

Zunächst konnten wir die Beobachtungen insbesondere von Schade und Harris bestätigen, welche feststellten, dass bei Säuglingen und Kleinstkindern die 1000Hz- Tympanometrie zuverlässiger Mittelohrpathologien erkennen kann.

Bei 30 Ohren ergab die 1000Hz-Tympanometrie das gleiche Ergebnis wie die Ohrmikroskopie, bei 31 Ohren war das Tympanogramm gipflig, entsprechend dem Ohrbefund, die Compliance jedoch zu hoch, bzw. mehrgipflig. Bei 52 Ohren lieferte die 226Hz-Tympanometrie das gleiche Resultat.

Im nächsten Schritt wurden die Gehörgangsvolumina betrachtet, bei denen die 226Hz-Tympanometrie in der Lage war, den ohrmikroskopischen Befund richtig zu detektieren, dieses Volumen lag bei 0,87 ml (SD: 0,22), während die Gehörgangsvolumina bei nicht übereinstimmenden Befunden im Mittel bei 0,73 ml (SD: 0,18 ml) lagen.

Genau umgekehrt erschienen die Verhältnisse bei der 1000Hz-Tympanometrie. Die richtig erkannten Befunde waren zu kleineren Gehörgangsvolumina verschoben (Mittelwert: 0,61 ml, SD: 0,23 ml), während die nicht richtig erkannten Befunde deutlich höhere Gehörgangsvolumina aufwiesen, der Mittelwert lag hier bei 0,89 ml (SD: 0,17 ml).

Es zeigte sich weiterhin, dass bei pathologischen Mittelohrbefunden, d.h. einem ohrmikroskopischen Paukenhöhlenerguss, das Gehörgangsvolumen der richtig erkannten Befunde bei der 1000Hz-Tympanometrie noch kleiner war, es lag hier im Mittel bei 0,52 ml. Ebenfalls interessant sind die Befunde der 1000Hz-Tympanometrie bei größeren Gehörgangsvolumina. Hier fanden sich häufig deutlich überhöhte Compliances, bzw. mehrgipflige Tympanogramme. Das durchschnittliche Gehörgangsvolumen lag in diesen Fällen bei 0,89 ml mit einer SD von 0,18.

Fazit

An Hand dieser Ergebnisse gehen wir davon aus, dass weniger das Lebensalter und damit die Elastizität der Gehörgangswand der Patienten, als vielmehr das Gehörgangsvolumen der entscheidende Faktor ist, welche Sondentonfrequenz bei der Tympanometrie in der Lage ist, die „wahre“ Compliance zu erkennen. Dies bedeutet für die Praxis, dass z.B. bei Kindern mit Down Syndrom, welche naturgemäß sehr kleine Gehörgänge haben, die 1000Hz-Tympanometrie deutlich länger angewendet werden sollte.

Die erhobenen Daten lassen den Schluss zu, dass es bei einem Gehörgangsvolumen unterhalb von 0,9 ml (Restvolumen hinter der Sonde) sinnvoller scheint, einen Sondenton mit 1000 Hz einem 226 Hz-Ton vorzuziehen. Wir möchten damit die Rolle der Hochfrequenztympanometrie neu diskutieren.


Literatur

1.
Schade G, Fauser H-A, Fleischer S, Breitfuss A, Schiller R, Müller F, Bubenheim M, Hess M. 1000Hz- versus 226Hz-Tympanometrie – welche Methode ist hilfreicher? 22. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie, 24. Kongress der Union der Europäischen Phoniater. Berlin, 16.-18.09.2005. Düsseldorf, Köln: German Medical Science; 2005. Doc 05dgppV20. Online verfügbar unter: http://www.egms.de//en/meetings/dgpp2005/05dgpp025.shtml.
2.
Harris PK, Hutchinson KM, Moravec J. The use of tympanometry and pneumatic otoscopy for predicting middle ear disease. Am J Audiol. 2005;14(1):3–13.
3.
Rhodes MC, Margolis RH, Hirsch JE, Napp AP. Hearing screening in the newborn intensive care nursery: comparison of methods. Otolaryngol Head Neck Surg 1999; (6):799-808.
4.
Hunter LL, Margolis RH. Effects of tympanic membrane abnormalities on auditory function. J Am Acad Audiol 1997 Dec; 8(6): 431-46.