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6. Internationale Konferenz der Deutschen Gesellschaft für Hebammenwissenschaft (DGHWi)

Deutsche Gesellschaft für Hebammenwissenschaft e. V.

28.07. - 29.07.2022, Winterthur, Schweiz

Der Beitrag von Geburtsvorbereitung zur psychischen Gesundheit von fremdsprachigen Migrantinnen. Ein Erhebungsinstrument für gedolmetschte Kurse

Meeting Abstract

  • corresponding author Raquel Mühlheim - Berner Fachhochschule, Schweiz
  • Eva Soom Ammann - Berner Fachhochschule, Schweiz
  • Paola Origlia Ikhilor - Berner Fachhochschule, Schweiz

Deutsche Gesellschaft für Hebammenwissenschaft. 6. Internationale Konferenz der Deutschen Gesellschaft für Hebammenwissenschaft (DGHWi). Winterthur, Schweiz, 28.-29.07.2022. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2022. Doc22dghwiP10

doi: 10.3205/22dghwi26, urn:nbn:de:0183-22dghwi262

Dieses ist die deutsche Version des Artikels.
Die englische Version finden Sie unter: http://www.egms.de/en/meetings/dghwi2022/22dghwi26.shtml

Veröffentlicht: 28. Juli 2022

© 2022 Mühlheim et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Gliederung

Text

Hintergrund: In Hocheinkommensländern weisen fremdsprachige Migrantinnen mit einem Anteil von 24–42% (vs. 10–20% in der einheimischen Bevölkerung) eine hohe Prävalenz von psychischen Erkrankungen auf. Die benannte Population ist in der Forschung unterrepräsentiert und in der Praxis nicht adäquat versorgt. Gedolmetschte Geburtsvorbereitungskurse (GVK) können das psychische Wohlbefinden von Schwangeren stärken. Es fehlen jedoch adäquate Instrumente zur Erhebung der perinatalen psychischen Gesundheit (PPG) von Migrantinnen, welche kulturelle und sprachliche Besonderheiten angemessen adressieren.

Ziel/Fragestellung: Ziel der Studie war die Entwicklung eines Instruments zur Erfassung des Beitrags von gedolmetschten GVK zur psychischen Gesundheit der Teilnehmerinnen. Die Fragestellung dazu lautete: Welche Art von Instrument eignet sich, um den Beitrag von gedolmetschten GVK zur psychischen Gesundheit von fremdsprachigen Migrantinnen kultursensitiv zu erheben?

Methode: Basierend auf einem qualitativ explorativen Design wurden im Frühjahr und Herbst 2020 deduktiv mittels 24 publizierten Studien und induktiv aus 12 semistrukturierten, gedolmetschten Leitfadeninterviews mit Müttern, die einen GVK besucht hatten, Aspekte der PPG bei Migrantinnen mittels thematischer Analyse eruiert. Auf der Grundlage der identifizierten Stressoren und Ressourcen wurden Indikatoren psychischer Gesundheit generiert und ein Fragebogen skizziert. Dieser wurde in einer Fokusgruppe durch fünf Expertinnen aus den Bereichen Migration und Geburtshilfe eingeschätzt (Face Validity) und daraufhin adaptiert.

Ergebnisse: Folgende Stressoren wurden identifiziert: sich orientieren im Gesundheitssystem, Mutterschaft als etwas Neues, Alleinsein, Sprachbarrieren, somatische Beschwerden, stressige Lebensereignisse. Gedolmetschte GVK wirkten den Stressoren entgegen durch Informationen in der eigenen Sprache zum Gesundheitssystem, zur Geburt und zur Zeit danach, mittels Körper- und Entspannungsübungen, mittels Möglichkeit Fragen zu stellen und adäquate Hilfeleistungen zu erhalten. Ein Fragebogen mit 12 Items und einer Ordinalskala, zum Ankreuzen am letzten Kurstag vor der Geburt, unter der mündlichen Übersetzung durch Dolmetschende, liegt als Endergebnis vor.

Relevanz: Ein geeignetes Erhebungsinstrument birgt das Potenzial, die Effektivität gedolmetschter GVK auf die PPG von Migrantinnen aufzuzeigen. Die Erhebung von Aspekten psychischer Gesundheit, welche durch den Besuch von gedolmetschten GVK gestärkt werden und subjektiv zum Wohlbefinden beitragen, ist die Voraussetzung dafür, um die PPG der genannten Population mittels adäquater Angebote präventiv sicherzustellen.

Empfehlungen/Schlussfolgerungen: Soziale Beziehungen, somatisches Wohlbefinden, sprachliche Verständigung sowie verstehbare Gesundheitsangebote haben eine massgebliche Bedeutung für die PPG von Migrantinnen. All diese Themen können gedolmetschte GVK aufgreifen. Den entwickelten Fragebogen gilt es auf den Inhalt zu validieren und zu pilotieren. Daneben ist die Möglichkeit zur Erhebung der psychischen Gesundheit von fremdsprachigen Migrantinnen erforderlich. Die Studie liefert die theoretischen und inhaltlichen Grundlagen dazu. Insgesamt können so Versorgungsangebote an die Bedürfnisse fremdsprachiger Migrantinnen angepasst und die PPG der Population präventiv sichergestellt werden.

Ethik und Interessenkonflikte: Für das Forschungsvorhaben bestätigte die Ethikkommission des Kantons Bern am 28. August 2020 unter der Genehmigungsnummer Req-2020-00979 eine Nichtzuständigkeit. Die Forschung wurde durch Eigenmittel finanziert. Es liegen keine Interessenkonflikte vor.