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6. Internationale Konferenz der Deutschen Gesellschaft für Hebammenwissenschaft (DGHWi)

Deutsche Gesellschaft für Hebammenwissenschaft e. V.

28.07. - 29.07.2022, Winterthur, Schweiz

Zusammenhang von Selbstwirksamkeit, Geburtsangst und Geburtsmodus sowie der individuellen Stillhistorie und der Stilldauer des eigenen Kindes – Ergebnisse einer Longitudinalstudie

Meeting Abstract

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  • corresponding author Annette Kluge-Bischoff - Dekanat der medizinischen Fakultät der Universität Augsburg, Deutschland; Institut für Gesundheit und Soziales, Deutschland
  • Tanja Kistler - Hochschule für Oekonomie und Management München, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Hebammenwissenschaft. 6. Internationale Konferenz der Deutschen Gesellschaft für Hebammenwissenschaft (DGHWi). Winterthur, Schweiz, 28.-29.07.2022. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2022. Doc22dghwiP05

doi: 10.3205/22dghwi21, urn:nbn:de:0183-22dghwi210

Dieses ist die deutsche Version des Artikels.
Die englische Version finden Sie unter: http://www.egms.de/en/meetings/dghwi2022/22dghwi21.shtml

Veröffentlicht: 28. Juli 2022

© 2022 Kluge-Bischoff et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Gliederung

Text

Hintergrund: Die geburtshilfliche Versorgung in Deutschland zeichnet sich durch hohe Interventionsraten aus. Exemplarisch dafür ist der massive Anstieg der Kaiserschnitte in den letzten 30 Jahren auf mehr als ein Drittel aller Geburten. Die zunehmende Präferenz für den Kaiserschnitt ist zum Teil auf die von Frauen berichtete und zunehmende Geburtsangst zurückzuführen. Selbstwirksamkeit ist die persönliche Überzeugung, dass schwierige Situationen durch eigene Anstrengungen erfolgreich bewältigt werden können. Geburtsangst ist ein multifaktorielles Konstrukt, ein Aspekt betrifft den Geburtsmodus. Erste Studien zeigen einen Einfluss der geburtsspezifischen Selbstwirksamkeit auf die Geburtsangst. Der Zusammenhang zwischen Selbstwirksamkeit, Geburtsangst und Geburtsmodus ist bislang nur wenig untersucht und wird in der vorliegenden Studie adressiert. Weiterhin wird untersucht, ob das Erziehungsverhalten sowie das Wissen, ob man selbst gestillt wurde, einen Einfluss auf die geburtsspezifische Selbstwirksamkeit bzw. die Stilldauer des eigenen Kindes haben.

Ziel: Ziel der Studie ist die Identifikation der wechselseitigen Zusammenhänge von geburtsspezifischer Selbstwirksamkeit, Geburtsangst und Geburtsmodus, sowie die Identifikation von Prädiktoren der geburtsspezifischen Selbstwirksamkeit, der Geburtsangst und einer erfolgreichen Stillbeziehung.

Methode: Die Studie im Design einer prospektiven, longitudinalen Kohortenstudie erhebt die genannten Konstrukte mittels validierter Messinstrumente (CBSEI, FEE, GAS). Die Modellierung erfolgt mit linearen Regressionen und Moderatoranalysen.

Ergebnisse: Selbstwirksamkeit und Geburtsangst zeigen einen signifikant negativen Zusammenhang (b=-0,060, SE=0,020, p=0,003). Die Geburtsangst wirkt signifikant auf den Geburtsmodus (b=0,02, SE=0,008, p=0,007). Frauen, die als Baby selbst gestillt wurden, zeigen signifikant häufiger langfristige Stillerfolge (b=1,60, SE=0,43, p=<0,001). Die Ergebnisse lassen weiterhin die Vermutung zu, dass ein von Kontrolle und Überbehütung geprägter Erziehungsstil in Abhängigkeit vom jeweiligen Bildungsniveau der Frau, einen Einfluss auf ihre geburtsspezifische Selbstwirksamkeit hat.

Relevanz: Die Ergebnisse der Arbeit sind relevant für die psychosoziale Betreuung schwangerer Frauen durch Hebammen und Gynäkolog*innen, sowie die Begleitung von Frauen in der Stillzeit.

Schlussfolgerung: Die Selbstwirksamkeit beeinflusst die Geburtsangst und somit den Geburtsmodus. Die Stärkung geburtsspezifischer Selbstwirksamkeit sollte Ziel der Betreuung Schwangerer sein. Die standardisierte Evaluation der Selbstwirksamkeit in der Schwangerenvorsorge könnte in Zukunft Frauen mit ausgeprägter Geburtsangst identifizieren. Durch eine entsprechende Intervention kann anschließend die Selbstwirksamkeit der Schwangeren gestärkt und die Geburtsangst reduziert werden. Die Interventionsrate, insbesondere Kaiserschnittentbindungen und die Gabe von PDA würden in Folge gesenkt werden können. Der Zusammenhang, dass eine Frau, die selbst gestillt wurde eher einen langfristigen Stillerfolg hat,kann bei der differenzierten Begleitung von Wöchnerinnen eingesetzt werden.

Ethik und Interessenkonflikte: Es war nicht notwendig, die Forschungsarbeit einer Ethikkommission vorzulegen. Die in dieser Studie erhobenen Daten wurden auf freiwilliger Teilnahme und nach Zustimmung der Teilnehmer:innen und unter Einhaltung der Anonymität erhoben. Die Studienteilnehmer:innen wurden keiner Intervention unterzogen. Es wurde kein menschliches Material entnommen, keine Medikamente getestet oder ähnliches. Die Forschung wurde durch Eigenmittel finanziert. Es liegen keine Interessenkonflikte vor.

Das PDF des für die Tagung eingereichten Posters ist in deutscher Sprache als Anhang 1 [Anh. 1] verfügbar.