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6. Internationale Konferenz der Deutschen Gesellschaft für Hebammenwissenschaft (DGHWi)

Deutsche Gesellschaft für Hebammenwissenschaft e. V.

28.07. - 29.07.2022, Winterthur, Schweiz

Die Perspektive geflüchteter Frauen in der perinatalen Gesundheitsversorgung: Übersetzen und Verstehen im Kontext qualitativer Forschung

Meeting Abstract

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  • corresponding author Milena Wegelin - Berner Fachhochschule, Departement Gesundheit/Angewandte Forschung und Entwicklung Geburtshilfe, Schweiz
  • Nour Abdin - Berner Fachhochschule, Departement Gesundheit/Angewandte Forschung und Entwicklung Geburtshilfe, Schweiz

Deutsche Gesellschaft für Hebammenwissenschaft. 6. Internationale Konferenz der Deutschen Gesellschaft für Hebammenwissenschaft (DGHWi). Winterthur, Schweiz, 28.-29.07.2022. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2022. Doc22dghwiV11

doi: 10.3205/22dghwi12, urn:nbn:de:0183-22dghwi127

Dieses ist die deutsche Version des Artikels.
Die englische Version finden Sie unter: http://www.egms.de/en/meetings/dghwi2022/22dghwi12.shtml

Veröffentlicht: 28. Juli 2022

© 2022 Wegelin et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Frauen mit Fluchtbiografie stellen eine Population dar, für die in der Schweiz zentrale Zugangsbarrieren zur perinatalen Gesundheitsversorgung identifiziert wurden. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, wie die Gesundheitsversorgung auf die Bedürfnisse geflüchteter Frauen ausgerichtet werden kann. Um bedarfsgerechte Lösungsansätze zu entwickeln, ist die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Sichtweise der Betroffenen angezeigt. Bezüglich der präkonzeptionellen Beratung im Bereich Familienplanung und Verhütung besteht in der Schweiz gerade für prekarisierte Personen wie Frauen im Asylsystem eine Versorgungslücke.

Das aktuelle Forschungsprojekt „Zugang zu Familienplanung und Verhütung. Die Perspektive von geflüchteten Frauen in der Schweiz“ erfragt durch semi-strukturierte Interviews die Bedürfnisse, Erfahrungen und Sichtweisen arabisch sprechender Frauen. Die Arabischkenntnisse der Forschenden vereinfachen den Zugang zur Zielgruppe und sind dem Vertrauensaufbau zu Interviewteilnehmerinnen dienlich. Für die Interviewtermine wird jedoch zusätzlich eine interkulturelle Dolmetscherin beigezogen, um eine möglichst fehlerfreie Verständigung zu garantieren. Während einer Pilotphase wurden die damit einhergehenden methodologischen Fragen des Projektes reflektiert. So nimmt Dolmetscherin mittlerweile eine erweiterte Rolle als Mitarbeiterin im Forschungsprojekt ein. In dieser Weise fliesst ihr spezifisches, interkulturelles Wissen auch in die Überarbeitung der Fragestellungen, in die Entwicklung der Leitfäden, in die Transkription der Interviews und der Analyse der Daten ein. Ihre Teilnahme am zyklisch-iterativen Forschungsprozesses und ihre Arbeit werden entsprechend transparent gemacht.

Ziel/Fragestellung: Variierende Kompetenzen und Rollen von Dolmetschenden haben einen relevanten Einfluss auf qualitative Studien, ihre Arbeit bleibt in Forschungsvorhaben jedoch oftmals unreflektiert und unsichtbar. Methodologische Reflektionen über die Art des Einbezugs von Dolmetschenden in Forschungsprozesse untermauern die Qualität von Studien. Forderungen bestehen, das Dolmetschen als sichtbaren und integrativen Teil des gesamten Forschungsprozesses zu verstehen, transparent zu machen und institutionell zu verankern.

Methodik: Anhand konkreter Beispiele und Veranschaulichungen aus dem Forschungsprojekt werden im Vortrag methodologische Fragen diskutiert: Wie wirkt sich eine erweiterte und inklusive Rolle der Dolmetschenden positiv auf eine qualitative Forschung aus? Welche Herausforderungen stellen sich bei der Umsetzung und wie kann ihnen begegnet werden?

Ergebnisse: Eine Pilotphase des Forschungsprojekt „Zugang zu Familienplanung und Verhütung. Die Perspektive von geflüchteten Frauen in der Schweiz“ diente dazu, einerseits den effektiven Zugang zu einer „hard-to-reach Gruppe“ und andererseits die Möglichkeiten der Datenerhebung in der sensiblen Thematik der sexuellen Gesundheit zu prüfen. Die enge und erweiterte Zusammenarbeit mit der interkulturellen Dolmetscherin erwies sich als ein zentraler Faktor in der Erhebung von validen Daten und wird im Pilotbericht transparent gemacht.

Relevanz/Empfehlung: Wirksame Versorgungskonzepte für Angebote der perinatalen Gesundheitsversorgung im Fluchtkontext und im Migrationsbereich bauen auf der Perspektive und den Bedürfnissen der Betroffenen auf. Es soll dargelegt werden, inwiefern ein qualitativer Forschungsansatz mit interkultureller Dolmetschung dazu beiträgt, die wissenschaftliche Grundlage für die Entwicklung entsprechender Angebote zu schaffen.

Ethik und Interessenkonflikte: Es war in der Pilotphase nicht notwendig, die Forschungsarbeit einer Ethikkommission vorzulegen. Die Forschung wurde durch Eigenmittel finanziert. Es liegen keine Interessenkonflikte vor.