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5. Internationale Konferenz der Deutschen Gesellschaft für Hebammenwissenschaft (DGHWi)

Deutsche Gesellschaft für Hebammenwissenschaft e. V.

13. - 14.02.2020, Bochum

Hebammenzentralen – Schlüsselfaktor zur Arbeitserleichterung von Hebammen?

Meeting Abstract

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  • corresponding author Kristina Luksch - Hochschule für Gesundheit Bochum, Deutschland
  • Andrea Villmar - Hochschule für Gesundheit Bochum, Deutschland
  • Nicola H. Bauer - Hochschule für Gesundheit Bochum, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Hebammenwissenschaft. 5. Internationale Konferenz der Deutschen Gesellschaft für Hebammenwissenschaft (DGHWi). Bochum, 13.-14.02.2020. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2020. Doc20dghwiP16

doi: 10.3205/20dghwi32, urn:nbn:de:0183-20dghwi324

Dieses ist die deutsche Version des Artikels.
Die englische Version finden Sie unter: http://www.egms.de/en/meetings/dghwi2020/20dghwi32.shtml

Veröffentlicht: 11. Februar 2020

© 2020 Luksch et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Gliederung

Text

Hintergrund: Jede Frau hat während der Schwangerschaft, Geburt, Wochenbett und bis zum Ende der Stillzeit einen gesetzlichen Anspruch auf Hebammenhilfe [1]. Dennoch scheint es in einigen Regionen Deutschlands trotz der gesetzlichen Grundlage schwierig, eine flächendeckende Versorgung mit Hebammenhilfe zu gewährleisten [2], [3]. Zudem ist der Zugang zu Hebammenhilfe nicht barrierefrei, so dass Frauen mit weniger Ressourcen, vor Herausforderungen stehen, um vorrausschauend eine Hebammenbetreuung zu organisieren [4]. Aus dieser Problematik heraus wurden Hebammenzentralen gegründet. Ziel deren Arbeit ist die Vereinfachung und Strukturierung der Hebammensuche und die Entlastung freiberuflicher Hebammen durch organisierte Vermittlungen in arbeitsorganisatorischen Prozessen [5]. In NRW existieren bereits 9 Hebammenzentralen. Darunter die Hebammenzentralen Düsseldorf und Bochum. Die Hebammenzentrale Düsseldorf wurde 2015 gegründet und wird von der Kommune finanziert. 2018 wurde durch den Arbeiter-Samariter-Bund die Hebammenzentrale Bochum eröffnet.

Ziel/Fragestellung: Ziel ist es, die Effekte der Hebammenzentralen Bochum und Düsseldorf im Rahmen einer formativen Evaluation zu messen, zu bewerten bzw. deren Auswirkungen oder Veränderungen primär auf die kooperierenden freiberuflichen Hebammen zu untersuchen. Daraus ergeben sich folgende Fragestellungen:

1.
Können freiberuflich tätige Hebammen durch die Mitgliedschaft in der Hebammenzentrale entlastet werden?
2.
Besteht bei der Vermittlung durch die Hebammenzentrale ein Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage von Hebammenbetreuung?

Methodik: Im Rahmen der Masterarbeit wurden die Mitglieder der Hebammenzentralen Bochum und Düsseldorf (N=139) im Zeitraum von 02.07.18–15.09.18 mittels eines retrospektiven und explorativen Surveys (online und postalisch) befragt. Darüber hinaus wurden Betreuungsanfragen aus beiden Hebammenzentralen im Zeitraum von Januar bis September 2018 ausgewertet. Die Auswertung erfolgte mittels SPSS® (Version 24); es wurden Verfahren der deskriptiven sowie der Inferenzstatistik eingesetzt.

Ergebnisse: Die Rücklaufquote beläuft sich auf 55,4% (n=77). 68,8% der Hebammen geben an, dass ihre Arbeitszufriedenheit durch die Mitgliedschaft in der Hebammenzentrale verbessert wurde. Hebammen mit geringerer Berufserfahrung scheinen besonders zu profitieren (rpbis=–0.216 p(einseitig)=0.030; n=77). 81,8% der Hebammen gaben an, dass freie Kapazitäten zeitnah durch die Hebammenzentralen ausgeschöpft werden können, so dass eine Verbesserung der kontinuierlichen Auslastung erreicht wurde. Diese Effizienzsteigerung führt dazu, dass 14,3% der Befragten monatlich mehr Betreuungsanfragen annehmen konnten.

Die Vermittlungsquote der Hebammenzentrale Bochum liegt bei 86,8% (n=269). Die mediane Vermittlungsdauer beläuft sich auf sieben Tage. Die Hebammenzentrale Düsseldorf hat eine Vermittlungsquote von 56,6% (n=1.260) und eine mediane Vermittlungsdauer von sechs Tage.

Relevanz: Erste Evaluation zu Effektivität, Effizienz und Nachhaltigkeit von Hebammenzentralen in Deutschland.

Schlussfolgerung: Hebammenzentralen können ein Schlüsselfaktor sein, um die Arbeit freiberuflicher Hebammen zu vereinfachen und um eine gleichbleibend stabile Auslastung der Kapazitäten von Hebammen zu unterstützen. Allerdings kann ein relatives Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage nicht vollständig ausgeglichen werden. Die weitere Etablierung von Hebammenzentralen sollte bundesweit gefördert werden.

Ethik und Interessenkonflikte: Das Forschungsvorhaben wurde der Ethikkimission vorgelegt und es konnte ein positives Votum ausgesprochen werden. Auf eine informierte Einwilligung wurde im Einklang mit der Deklaration of Helsinki (General Assembly of the World Medical Association, 2014) Wert gelegt. Die Forschung wurde durch Eigenmittel finanziert. Es liegen keine Interessenkonflikte vor.


Literatur

1.
SGB V – Das Fünfte Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung (Artikel 1 des Gesetzes vom 20 Dezember 1988, BGBI. IS. 2477, 2482), das durch Artikel 11 Abs. 43 des Gesetzes vom 18. Juli 2017 (BGBI. IS.2745) geändert worden ist.
2.
Albrecht M, Loos S, Sander M, Stengel V. Studie zur Hebammenversorgung im Freistaat Bayern: Studie für das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege. Berlin: IGES Institut; 2018 [Zugriff Dez 2019]. Verfügbar unter: https://www.stmgp.bayern.de/wp-content/uploads/2018/08/hebammenstudie_vollfassung.pdf Externer Link
3.
AOK Rheinland/Hamburg. Gesunder Start ins Leben: Schwangerschaft – Geburt – erstes Lebensjahr – Analysen zur Versorgungssituation im Rheinland und Hamburg. Düsseldorf: KomPart Verlagsgesellschaft; 2018.
4.
Mattern E, Lohmann S, Ayerle GM. Experiences and wishes of women regarding systemic aspects of midwifery care in Germany: a qualitative study with focus groups. BMC Pregnancy and Childbirth. 2017; 17(1):389. DOI: 10.1186/s12884-017-1552-9 Externer Link
5.
Salis B. Vermittlung optimieren. Hebammenforum. 2017; 18(1):36-8.