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5. Internationale Konferenz der Deutschen Gesellschaft für Hebammenwissenschaft (DGHWi)

Deutsche Gesellschaft für Hebammenwissenschaft e. V.

13. - 14.02.2020, Bochum

Mechanismen der Zugangsgewinnung zu schutzsuchenden Frauen

Meeting Abstract

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  • corresponding author Katharina Averdunk - Hochschule Osnabrück, Deutschland
  • Friederike zu Sayn-Wittgenstein - Hochschule Osnabrück, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Hebammenwissenschaft. 5. Internationale Konferenz der Deutschen Gesellschaft für Hebammenwissenschaft (DGHWi). Bochum, 13.-14.02.2020. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2020. Doc20dghwiP01

doi: 10.3205/20dghwi17, urn:nbn:de:0183-20dghwi178

Dieses ist die deutsche Version des Artikels.
Die englische Version finden Sie unter: http://www.egms.de/en/meetings/dghwi2020/20dghwi17.shtml

Veröffentlicht: 11. Februar 2020

© 2020 Averdunk et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Gliederung

Text

Hintergrund: In Deutschland leben ca. 1.781.000 Personen mit Schutzstatus (Stand: 12/2018). Der Frauenanteil beträgt 37,4%. 51% der Frauen sind im gebärfähigen Alter (15–45J.) [1]. Zum Gesundheitszustand und zu spezifischen Bedarfslagen schutzsuchender Frauen liegen keine repräsentativen Daten vor. Nationale und internationale Literatur zeigt, dass Fluchterfahrungen einen gesundheitlichen Risikofaktor auf physischer und psychischer Ebene darstellen. Kulturelle und sprachliche sowie strukturelle Barrieren verhindern den Zugang zu Versorgungsangeboten [2], [3], [4]. Bekannt ist, dass der Abbau struktureller Barrieren nicht zwingend zu einer vermehrten Nutzung von Angeboten führt. Die Planung zielgruppenspezifischer Angebote kann somit nur unter Berücksichtigung des soziokulturellen Hintergrundes erfolgen [3], [4]. Hierfür sind Erhebungen kultureller und individueller Spezifika aus der Perspektive schutzsuchender Frauen und der Akteur/innen erforderlich, welche durch Zugangshindernisse beider Seiten erschwert sind [5].

Ziel/Fragestellung: Untersucht wurden mögliche Kontaktwege zu schutzsuchenden Frauen als Grundlage für die Entwicklung bedarfs- und bedürfnisgerechter Angebotsformen unter folgenden Fragestellungen:

1.
Was sind die Mechanismen der Zugangsgewinnung zur Zielgruppe schutzsuchende Frauen?
2.
Wie kann eine wissenschaftliche Befragung schutzsuchender Frauen unter Mitwirkung von Gatekeepern gelingen?

Methodik: Im Frühjahr 2019 wurden sechs leitfadengestützte Interviews mit Expertinnen der geburtshilflichen Versorgung der Zielgruppe geführt. Die Ergebnisse wurden in der Gestaltung einer Fokusgruppe mit fünf schutzsuchenden Frauen angewandt. Die Auswertung erfolgte durch paraphrasierende Transkription und Inhaltsanalyse nach Mayring. Eine Genehmigung durch die Ethikkommission der Hochschule Osnabrück liegt vor.

Ergebnisse: Die Ergebnisse zeigen, wie der Erstkontakt zu schutzsuchenden Frauen organisatorisch und inhaltlich gestaltet werden kann, damit eine Verstetigung von Angeboten oder die Umsetzung von Forschungsvorhaben möglich sind. Interprofessionelle Zusammenarbeit ist von besonderer Bedeutung, wobei geeignete Kooperationspartner/innen und Multiplikator/innen ermittelt werden konnten. Die Vermittlung von Informationen sollte zielgruppengerecht erfolgen. Die Ergebnisse zeigen zudem Gelingensbedingungen und Hindernisse im Kontakt mit schutzsuchenden Frauen auf. Neben strukturellen Rahmenbedingungen sind Einstellung und individueller Hintergrund sowohl von Akteur/innen als auch von Frauen der Zielgruppe bedeutsam. Deutlich wurde, dass Hebammen als Gatekeeper einen wichtigen Beitrag im Zugang zu schutzsuchenden Frauen sowohl für wissenschaftliche Erhebungen als auch zur Umsetzung spezieller Angebote leisten können.

Empfehlungen: Die Zugangsgewinnung zu schutzsuchenden Frauen sollte in fünf Schritten vorgenommen werden:

1.
Identifikation von Gatekeepern
2.
Organisation der Rahmenbedingungen (z.B. Format, Sprachmittlung)
3.
Identifikation von Multiplikator/innen
4.
Gestaltung des Erstkontaktes/ Vorstellung des Projektes
5.
Förderung der Verstetigung/ Durchführung des Projektes

Die Ergebnisse können in Befragungen schutzsuchender Frauen Anwendung finden. Die ermittelten Bedarfe und Bedürfnisse aus der Perspektive der Zielgruppe sollten in der Planung von Angeboten berücksichtigt werden.

Ethik und Interessenkonflikte: Es wurde ein Ethikvotum eingeholt. Die Forschung wurde durch Eigenmittel finanziert. Es liegen keine Interessenkonflikte vor.


Literatur

1.
Statistisches Bundesamt. Genesis Onlinedatenbank. [Zugriff Aug 2019]. Verfügbar unter: https://www-genesis.destatis.de/genesis/online/tabellen/12521-01 Externer Link
2.
Kasper A. Scoping Review zur maternalen Gesundheit und Versorgung von Frauen mit Fluchterfahrung. Hebammenforum. 2019;(7):3-11. Verfügbar unter: https://www.hebammenverband.de/hebammenforum/wissenschaft/index.php?eID=tx_nawsecuredl&u=0&g=0&t=1583147522&hash=f1d5ba04d895274a300f24a41b871c162ac9a269&file=/fileadmin/user_upload/pdf/Hebammenforum/Wissenschaftsforum_Heft_07-19-rz_01.pdf Externer Link
3.
Diaz E, Ortiz-Barreda G, Ben-Shlomo Y, Holdsworth M, Salami B, Rammohan A, et al. Interventions to improve immigrant health. A scoping review. Eur J Public Health. 2017; 27(3):433-9. DOI: 10.1093/eurpub/ckx001 Externer Link
4.
Villadsen SF, Mortensen LH, Andersen AMN. Care during pregnancy and childbirth for migrant women: How do we advance? Development of intervention studies – The case of the MAMAACT intervention in Denmark. Best Practice & Research Clinical Obstetrics and Gynaecology. 2016; 32:100-12. DOI: 10.1016/j.bpobgyn.2015.08.013 Externer Link
5.
Merry L, Low A, Carnevale F, Gagnon AJ. Participation of childbearing international migrant women in research: The ethical balance. Nursing Ethics. 2016; 23(1):61-78. DOI: 101111/j1468-2435.2011.00722.x Externer Link