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4. Internationale Fachtagung der Deutschen Gesellschaft für Hebammenwissenschaft (DGHWi)

Deutsche Gesellschaft für Hebammenwissenschaft e. V.

16.02.2018, Mainz

Individuelle Schwangerschaftsdauer – Die Reife ist nicht errechenbar

Meeting Abstract

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  • corresponding author Dorothea Zeeb - Fachhochschule Salzburg, Puch bei Hallein, Österreich
  • Christine Loytved - Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften, Institut für Hebammen, Departement Gesundheit, Winterthur, Schweiz
  • Claudia Berger - freiberufliche Dozentin, Osnabrück, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Hebammenwissenschaft. 4. Internationale Fachtagung der Deutschen Gesellschaft für Hebammenwissenschaft (DGHWi). Mainz, 16.-16.02.2018. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2018. Doc18dghwiP40

doi: 10.3205/18dghwi46, urn:nbn:de:0183-18dghwi466

Dieses ist die deutsche Version des Artikels.
Die englische Version finden Sie unter: http://www.egms.de/en/meetings/dghwi2018/18dghwi46.shtml

Veröffentlicht: 13. Februar 2018

© 2018 Zeeb et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Gliederung

Text

Hintergrund: Seit über 200 Jahren wird versucht, mit zunächst rechnerischen und später auch sonographischen Methoden den voraussichtlichen Geburtstermin zu bestimmen. Ursprünglich für eine grobe Einteilung der Schwangerschaftsphasen gedacht, entwickelt sich der errechnete Termin (ET) bei SSW 40+0 zunehmend zu einer strikten Grenze, deren Überschreitung als Risiko gewertet wird. Routinemäßig wird der ET als Ausgangspunkt für Interventionen wie terminierte Kaiserschnitte und Einleitungen wegen Terminüberschreitung genutzt. Dass Schwangerschaften in einem individuellen Rhythmus verlaufen und der Reifezustand von Neugeborenen erfahrungsgemäß nicht zwingend mit dem errechneten Gestationsalter korreliert, wird wenig beachtet. Es ist jedoch fraglich, inwiefern der rechnerische Termin Aussagekraft hat, um das physiologische Ende der Schwangerschaft vorherzusagen und wie linear das errechnete Gestationsalter mit den individuellen Reifungsprozessen des Kindes in utero korreliert [1], [2].

Zielsetzung: Es soll bestimmt werden, ob Neugeborene in ihrem Reifezustand dem errechneten Gestationsalter entsprechen.

Methode: 100 reifgeborene Kinder (rechnerisch zwischen SSW 37+4 und SSW 42+6) wurden in den ersten 72 Lebensstunden nach dem New Ballard Score von der Autorin auf ihre Reife hin untersucht [3], [4]. Aufgrund des relativ klein angelegten Rahmens einer Masterarbeit wurde vorab keine Powerberechnung zur Fallzahl vorgenommen.

Die Stichprobe wurde hinsichtlich des Einflusses mütterlicher und kindlicher Faktoren auf die Schwangerschaftsdauer und auf die Reife der Neugeborenen überprüft. Dabei wurden das Alter, die Parität, die Größe und das Gewicht der Mutter sowie das Geschlecht des Kindes berücksichtigt. Das allgemeine Verhältnis zwischen dem errechneten Gestationsalter und der erreichten Reife sowie Unterschiede zwischen den Gruppen mit spontanem und induziertem Geburtsbeginn wurden analysiert.

Die Daten wurden mit SPSS 24 statistisch ausgewertet. Dabei wurden der gepaarte und der ungepaarte t-Test eingesetzt, Varianzanalysen (ANOVA) durchgeführt und die Odds Ratio für eine markante Abweichung der Reife bei spontanem Geburtsbeginn und Einleitungen bestimmt.

Ergebnisse: In der Studie wurde kein Einfluss vom kindlichen Geschlecht sowie von Alter, Parität, Größe und Gewicht der Mutter auf die Schwangerschaftsdauer und die Reife der Neugeborenen festgestellt.

Je weiter vor ET die Geburt stattfand, desto weiter wichen die Neugeborenen in ihrer Reife nach oben ab. Je weiter der ET überschritten wurde, desto weiter wichen die Neugeborenen in ihrer Reife vom errechneten Gestationsalter nach unten ab. Bei einer Einleitung war eine starke Abweichung der Reife nach unten gegenüber einem spontanen Geburtsbeginn festzustellen.

Schlussfolgerung: Besonders bei Überschreitung des Termins deutet sich an, dass das rechnerische Gestationsalter keine diagnostische Aussagekraft für den Reifezustand des Kindes hat. Die Indikation „Überschreitung des Termins“ für Einleitungen ist aus diesem Gesichtspunkt kritisch zu hinterfragen. Forschung in einer größer angelegten Studie wäre wünschenswert.

Ethik und Interessenkonflikt: Die Forschungsarbeit wurde einer Ethikkommission vorgelegt. Sie wurde durch Eigenmittel finanziert. Es liegt kein Interessenkonflikt vor.

Das PDF des für die Tagung eingereichten Posters ist in deutscher Sprache als Anhang 1 [Anh. 1] verfügbar.


Literatur

1.
Ahn Y. Assessment of Gestational Age Using an Extended New Ballard Examination in Korean Newborns. J Trop Pediatr. 2008;54(4):278-3.
2.
Alexander GR, de Caunes F, Hulsey TC, Tompkins ME, Allen M. Validity of postnatal assessments of gestational age: a comparison of the method of Ballard et al. and early ultrasonography. Am J Obstet Gynecol. 1992;166(3): 891-4.
3.
Ballard J, Khoury JC, Wedig K, Wang L, Eilers-Walsman BL, Lipp R. New Ballard Score, expanded to include extremely premature infants. J Pediatr. 1991;119(3):417-5.
4.
Ballard J, Novak KK, Driver M. A Simplified Score for Assessment of Fetal Maturation of newly born infants. J Pediatr. 1979;95(5):759-5.