gms | German Medical Science

4. Internationale Fachtagung der Deutschen Gesellschaft für Hebammenwissenschaft (DGHWi)

Deutsche Gesellschaft für Hebammenwissenschaft e. V.

16.02.2018, Mainz

Einschätzungen und Erfahrungen zur Netzwerkarbeit im Bereich der Frühen Förderung: Online-Umfrage unter frei praktizierenden Hebammen in der Schweiz

Meeting Abstract

  • corresponding author Astrid Krahl - Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ZHAW, Winterthur, Schweiz
  • Jessica Pehlke-Milde - Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ZHAW, Winterthur, Schweiz
  • Rebekka Erdin - Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ZHAW, Winterthur, Schweiz
  • Susanne Grylka-Bäschlin - Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ZHAW, Winterthur, Schweiz
  • Irina Radu - Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ZHAW, Winterthur, Schweiz

Deutsche Gesellschaft für Hebammenwissenschaft. 4. Internationale Fachtagung der Deutschen Gesellschaft für Hebammenwissenschaft (DGHWi). Mainz, 16.-16.02.2018. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2018. Doc18dghwiP17

doi: 10.3205/18dghwi23, urn:nbn:de:0183-18dghwi238

Dieses ist die deutsche Version des Artikels.
Die englische Version finden Sie unter: http://www.egms.de/en/meetings/dghwi2018/18dghwi23.shtml

Veröffentlicht: 13. Februar 2018

© 2018 Krahl et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Gliederung

Text

Hintergrund: In der Schweiz sind zahlreiche Familien mit psychosozialen Belastungen konfrontiert, einen optimalen Start in das Kinderleben erschweren können [1]. Unter anderem gilt Armut als ein wichtiger Faktor für die Ausprägung familiärer Belastungen; für Paare mit Kindern unter drei Jahren liegt die nationale Armutsgefährdungsquote bei 17.9 Prozent [2]. Flankiert durch das Nationale Programm gegen Armut werden zunehmend interdisziplinäre Netzwerke in kantonalen oder gemeindenahen Initiativen zur Frühen Förderung von insbesondere gefährdeten Familien implementiert. Frei praktizierende Hebammen gelten dort als wichtige Netzwerkpartnerinnen im familienunterstützenden Frühbereich. Bis jetzt ist weitgehend unbekannt, ob und in welcher Form frei praktizierende Hebammen vernetzt sind und welche Erwartungen sie an gelingende Netzwerkarbeit richten.

Ziel: Analyse von Formen der Vernetzung sowie der Chancen und Herausforderungen, die sich aus Sicht der Hebammen aus der Zusammenarbeit im Frühbereich ergeben.

Methodisches Vorgehen: Dreisprachige Online-Befragung der frei praktizierenden Hebammen der Schweiz. Angeschrieben wurden 1'379 frei praktizierende Hebammen, die in 2016 Wochenbettbetreuungen durchgeführt hatten. Die Rücklaufquote lag bei 29.1 Prozent (n=401). Es wurden deskriptive Analysen der soziodemografischen Daten sowie Gruppenvergleiche der Häufigkeiten mithilfe von Chi-Quadrat-Tests und Cramers-V durchgeführt.

Ergebnisse: 130 Hebammen (37.6 %) waren in keinem Netzwerk (NW) organisiert. Jeweils 108 Hebammen (31.2 %) waren in monodisziplinäre (mon.) oder interdisziplinäre (int.) Netzwerke integriert.

Allgemein betrachtet betreuten vernetzte Hebammen signifikant häufiger sozial benachteiligte Familien (p<0.001). 16.7 % der in Netzwerken und 9.2 % der nicht in Netzwerken organisierten Hebammen betreuten regelmäßig Familien mit erhöhtem Unterstützungsbedarf. Die Einschätzung des Unterstützungsbedarfes von Familien wurde unabhängig von der Form des Netzwerkes am häufigsten durch den regelmäßigen Austausch mit Kolleginnen gestützt (Ø NW 65.6 %, mono. NW 76.4 %, inter. NW 72.2 %, n. s.). Gegenüber den anderen Varianten äußerten in interdisziplinären Netzwerken integrierte Hebammen häufiger, durch regelmäßigen interdisziplinären Austausch bei dieser Einschätzung unterstützt zu werden (Ø NW 48.8 %, mono. NW 50.5 %, inter. NW 66.3 %, p=0.038). Im Falle eines erweiterten Unterstützungsbedarfs der Familie konnten Hebammen in interdisziplinären Netzwerken häufiger auf ein bereits etabliertes Netzwerk zurückgreifen (p=0.001) oder verfügten über bekannte Ansprechpartner (p<0.001). Interdisziplinär vernetzte Hebammen sahen häufiger den Vorteil von Netzwerken darin, mehr Verständnis für die Sicht- und Handlungsweisen von Fachpersonen anderer Berufsgruppen zu erlangen (p=0.001) und sehen Familien mit komplexer Problemlage umfassender versorgt (p=0.001). Zudem sehen sie die Potentiale der eigenen Arbeit für belastete Familien besser genutzt (p=0.029). Gegenüber monodisziplinär vernetzten Hebammen fühlen sie sich mehr entlastet und nicht mehr für alles allein verantwortlich und zuständig (58.1 vs. 42.1 % p=0.026).

Schlussfolgerungen: Die Ergebnisse geben Hinweise darauf, dass sozial belastete Familien als auch die Hebammen selbst von der Zusammenarbeit in interdisziplinären Netzwerken profitieren. Der Zugang zu Hebammen durch ihre Integration in Netzwerke scheint für sozial benachteiligte Familien erleichtert zu sein.

Ethik und Interessenkonflikt: Die Forschungsarbeit wurde einer Ethikkommission vorgelegt. Sie wurde durch folgende Fremdmittel finanziert: Nationales Programm gegen Armut, Family Start Zürich. Es liegt kein Interessenkonflikt vor.


Literatur

1.
Zettlin J, Mohangoo A, Delnord M, eds. European Perinatal Health Report: Health and care of pregnant women and babies in Europe in 2010. EURO-PERISTAT; 2012. [Zugriff/cited Oct 2017]. Verfügbar unter/available from: http://www.europeristat.com/reports/european-perinatal-health-report-2010.html Externer Link
2.
Bundesamt für Statistik. Familien in der Schweiz: Statistischer Bericht 2017. Neuchâtel; 2017. [Zugriff/cited Oct 2017]. Verfügbar unter/available from: https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/kataloge-datenbanken/publikationen.assetdetail.2347880.html Externer Link