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3. Internationale Fachtagung der Deutschen Gesellschaft für Hebammenwissenschaft (DGHWi)

Deutsche Gesellschaft für Hebammenwissenschaft e.V.

12.02.2016, Fulda

Eine qualitative Studie zur Beschreibung der Interaktion zwischen Hebammen und Frauen unter Berücksichtigung von Autonomie und Leiblichkeit

Meeting Abstract

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Deutsche Gesellschaft für Hebammenwissenschaft. 3. Internationale Fachtagung der Deutschen Gesellschaft für Hebammenwissenschaft (DGHWi). Fulda, 12.-12.02.2016. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2016. Doc16dghwiP11

doi: 10.3205/16dghwi15, urn:nbn:de:0183-16dghwi159

Dieses ist die deutsche Version des Artikels.
Die englische Version finden Sie unter: http://www.egms.de/en/meetings/dghwi2016/16dghwi15.shtml

Veröffentlicht: 5. Februar 2016

© 2016 Skeide.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Vor dem Hintergrund einer zunehmend medikalisierten und technisierten Geburtshilfe in Deutschland sieht sich die Berufsgruppe der Hebammen dafür verantwortlich, physiologische Prozesse in Zusammenhang mit der Lebensphase Schwangerschaft, Geburt, Wochenbett und Stillzeit zu fördern und zu unterstützen. Die Autonomie der Frau wird dabei als bedeutsames Prinzip im Rahmen der Betreuung durch die Hebamme herausgestellt [1]. Unklar ist jedoch, wie genau diese Autonomie verstanden wird. Die in der Medizinethik vertretene Auffassung von Patientinnen- und Patientenautonomie, realisiert durch den informed consent, beruht auf einem kognitivistischen Verständnis, das die situativ abhängigen Dispositionen der Akteure und Akteurinnen sowie deren soziale Beziehungen vernachlässigt. Eine mögliche Alternative könnte eine leiblichkeitsbasierte Definition von Autonomie darstellen. In dem Konzept der Leiblichkeit wird die Differenzierung zwischen zwei möglichen Betrachtungsweisen vorgenommen: neben der objektivierenden Sichtweise auf sich selbst und auf andere, besteht die erfahrende, an der Lebenspraxis beteiligte [2]. Durch und mit dem Leib ist der Mensch umfassend auf seine Mitwelt ausgerichtet und von ihr beeinflusst, daher sind neben der Situation und der Lebenswelt des Entscheidungsträgers oder der Entscheidungsträgerin auch die Beschaffenheit und die Umstände des Kontaktes zum Gegenüber sowie die gesellschaftlichen, politischen und kulturellen Bedingungen innerhalb derer Entscheidungen getroffen werden zu berücksichtigen. Leiblichkeit im medizinischen bzw. hebammenspezifischen Kontext wird bisher a) vornehmlich im angloamerikanischen Raum und hier insbesondere aus feministischer Perspektive, b) vor allem theoretisch, c) wenn empirisch dann mithilfe von Interviewverfahren und d) nicht in ihren ethischen Dimensionen bzw. Konsequenzen untersucht.

Ziel: Die Forschungsfrage des Promotionsvorhabens lautet: Wie wird die Interaktion zwischen Hebammen und Frauen unter Berücksichtigung von Leiblichkeit und Autonomie der Akteurinnen gestaltet?

Methode: Die Bearbeitung erfolgt qualitativ-empirisch im Rahmen der Grounded-Theory-Methodologie. Zur Erhebung wird die teilnehmende Beobachtung ergänzt durch ethnographische und episodische Interviews angewendet. Es sollen sowohl außerklinische als auch klinische Settings der Hebammenarbeit untersucht werden. Dabei wird die gesamte Phase der Schwangerschaft, der Geburt und des Wochenbettes in die Untersuchung eingeschlossen. Die Auswertung erfolgt mithilfe der von Strauss [3] und Strauss und Corbin [4] vorgeschlagenen Verfahren, die durch die Situationsanalyse von Clarke [5] ergänzt werden sollen.

Relevanz und ethische Überlegungen: Die Arbeit soll dazu beitragen, den hebammenspezifischen Zugang zu Frauen und Familien zu beschreiben und damit den berufsspezifischen Beitrag zu einer frauen- und familienorientierten Versorgung herauszustellen. In einem zweiten Schritt sollen Überlegungen dazu angestellt werden wie der körperlich-leibliche Zugang zu Frauen auch in der Hebammenausbildung vermittelt und reflektiert werden kann. Die Interview- und Beobachtungspartnerinnen entscheiden sich freiwillig und nach ausführlicher vorheriger Aufklärung über die Schweigepflicht der Forscherin, des vertraulichen Umgangs der Forscherin mit den Daten sowie deren Anonymisierung und Pseudonymisierung für die Teilnahme an dem Forschungsvorhaben. Es wäre verfrüht zum jetzigen Zeitpunkt Ergebnisse vorzustellen. Die Posterpräsentation würde sich daher auf die Vorstellung des Forschungsvorhabens beschränken.


Literatur

1.
zu Sayn-Wittgenstein F, Hrsg. Geburtshilfe neu denken: Bericht zur Situation und Zukunft des Hebammenwesens in Deutschland. Bern: Huber; 2007.
2.
Waldenfels B, Giuliani R. Das leibliche Selbst: Vorlesungen zur Phänomenologie des Leibes. Frankfurt am Main: Suhrkamp; 2000.
3.
Strauss AL. Qualitative Analysis for social scientists. Cambridge [u.a.]: University Press; 1987.
4.
Corbin JM, Strauss AL. Grounded theory in practice. Thousand Oaks, Calif. [u.a.]: Sage Publications; 1997.
5.
Clarke AE. Situational analysis: grounded theory after the postmodern turn. Thousand Oaks, Calif. [u.a.]: Sage Publications; 2005.