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3. Internationale Fachtagung der Deutschen Gesellschaft für Hebammenwissenschaft (DGHWi)

Deutsche Gesellschaft für Hebammenwissenschaft e.V.

12.02.2016, Fulda

Caseload Midwifery – Erfahrungen australischer Expertinnen zur Implementierung eines Betreuungsmodells im Hebammenwesen

Meeting Abstract

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  • corresponding author Anna-Maria Bruhn - Hochschule Osnabrück, Deutschland
  • Claudia Hellmers - Hochschule Osnabrück, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Hebammenwissenschaft. 3. Internationale Fachtagung der Deutschen Gesellschaft für Hebammenwissenschaft (DGHWi). Fulda, 12.-12.02.2016. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2016. Doc16dghwiP1

doi: 10.3205/16dghwi05, urn:nbn:de:0183-16dghwi052

Dieses ist die deutsche Version des Artikels.
Die englische Version finden Sie unter: http://www.egms.de/en/meetings/dghwi2016/16dghwi05.shtml

Veröffentlicht: 5. Februar 2016

© 2016 Bruhn et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Gliederung

Text

Hintergrund: Das Betreuungsmodell Caseload Midwifery gewährleistet einen hohen Grad an Beziehungskontinuität zwischen einer Hebamme und einer Frau bzw. Familie. Die „Bezugshebamme“ betreut pro Jahr eine bestimmte Anzahl an Frauen fortlaufend während der Zeit von Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett. Dabei arbeitet sie in Rufbereitschaft innerhalb eines Teams mit einer bis drei weiteren Hebamme(n) [1]. Dieses Modell wurde vor einigen Jahren im Bundesstaat Victoria, Australien in geburtshilflichen Abteilungen öffentlicher Krankenhäuser eingeführt. Aufgrund von Forderungen der Nutzerinnen nach Betreuungsmöglichkeiten mit einer vertrauten Bezugshebamme wird dieses Betreuungsmodell in ganz Australien zunehmend implementiert. Zwei in Australien durchgeführte randomisiert kontrollierte Studien - die M@NGO-Studie [2] und die COSMOS-Studie [3] - zeigen in ihren Ergebnissen, dass Caseload Midwifery ein sicheres sowie kosteneffektives Betreuungsmodell ist. Für die Implementierung und Umsetzung von Caseload Midwifery gibt es in Australien klare Richtlinien, um Aspekte wie Rufbereitschaft, Arbeitszeiten und angemessene Arbeitsbelastung zu regeln [4].

Ziel/Fragestellung: Diese Arbeit hat zum Ziel, die Erfahrungen, Einschätzungen und Empfehlungen australischer Expertinnen aus dem Hebammenwesen, am Beispiel vom Bundesstaat Victoria, zur Umsetzung und Implementierung von Caseload Midwifery herauszustellen. Auf Grundlage der „Normalization Prozess Theory (NPT)“ soll dargestellt werden, welche Faktoren die Expertinnen hinsichtlich eines gelingenden Implementierungsprozesses dieses Betreuungsmodells benennen.

Methodik: Im Zuge der Datenerhebung wurden neun leitfadengestützte Expertinnen-Interviews durchgeführt und mittels der qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring [5] ausgewertet.

Ergebnisse: Die Ergebnisse zeigen, dass Caseload Midwifery eine „andere Art“ des Arbeitens impliziert, welche zum einen Regelungen und eine gute Kommunikation und zum anderen Flexibilität und gemeinsame Entwicklung bedarf. Für die Implementierung des Modells stellen sich ein gutes Verständnis von dem Modell und das Involvieren aller Angestellten als wichtig heraus. Eine ausreichende Startfinanzierung, die Unterstützung des Managements und des geburtshilflichen Teams sowie motivierte und qualifizierte Hebammen wurden als Voraussetzungen für die Implementierung von Caseload Midwifery benannt. Unter Anwendung der NPT konnte ein Konzept entwickelt werden, welches die Empfehlungen, Ratschläge und Erfahrungen der interviewten Expertinnen hinsichtlich eines gelingenden Implementierungsprozesses darstellt.

Relevanz: In Deutschland traten in jüngster Vergangenheit in Form von Demonstrationen und Petitionen Forderungen nach einer 1:1-Betreuung mit einer Bezugshebamme auf. Caseload Midwifery kann als ein hebammengeleitetes Betreuungsmodell zu einem hohen Maß Betreuungskontinuität durch eine Bezugshebamme gewährleisten.

Empfehlungen: Die Ergebnisse zeigen, wie neue Betreuungsoptionen implementiert und weiterentwickelt werden können. Das Caseload Modell stellt hierbei eine Möglichkeit dar, um Frauen Betreuungskontinuität anzubieten. Für die Geburtshilfe in Deutschland wäre es ratsam zu überprüfen, ob und in welcher Art und Weise Caseload Midwifery als eine mögliche Reaktion auf die landesweiten Proteste und Forderungen eingeführt werden kann.

Ethische Kriterien: Die Anforderungen der Helsinki-Deklaration wurden eingehalten. Die Interviewpartnerinnen wurden informiert und gaben ihr Einverständnis zur freiwilligen Teilnahme schriftlich. Es erfolgte eine Anonymisierung der Daten.


Literatur

1.
Andrews S, Brown L, Bowman L, Price L, Taylor R. Caseload midwifery: A review. Midwifery Matters. 2006;(108):15-20.
2.
Tracy SK, Hartz DL, Tracy MB, Allen J, Forti A, Hall B, White J, Lainchbury A, Stapleton H, Beckmann M, Bisits A, Homer C, Foureur M, Welsh A, Kildea S. Caseload midwifery care versus standard maternity care for women of any risk: M@NGO, a randomised controlled trial. Lancet. 2013 Nov 23;382(9906):1723-32. DOI: 10.1016/S0140-6736(13)61406-3 Externer Link
3.
McLachlan HL, Forster DA, Davey MA, Farrell T, Gold L, Biro MA, Albers L, Flood M, Oats J, Waldenström U. Effects of continuity of care by a primary midwife (caseload midwifery) on caesarean section rates in women of low obstet-ric risk: the COSMOS randomised controlled trial. BJOG. 2012;119(12):1483-92. DOI: 10.1111/j.1471-0528.2012.03446.x Externer Link
4.
ANMF: Australian Nursing and Midwifery Federation. Nurses and Midwives (Victorian Public Health Sector), Single Interest Employers. Enterprise Agreement 2012 - 2016. 2011.
5.
Flick U. Qualitative Sozialforschung. Eine Einführung. 4. Auflage. Hamburg: Rowohlt Verlag; 2011.