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3. Internationale Fachtagung der Deutschen Gesellschaft für Hebammenwissenschaft (DGHWi)

Deutsche Gesellschaft für Hebammenwissenschaft e.V.

12.02.2016, Fulda

Akzeptanz der Handlungsempfehlungen zur Säuglingsernährung und Ernährung in der Schwangerschaft des Netzwerks „Gesund ins Leben“ – Konsequenzen für die Aus- und Weiterbildung von Hebammen?

Meeting Abstract

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  • corresponding author Katharina Reiss - aid infodienst e. V., Geschäftsstelle: Gesund ins Leben - Netzwerk Junge Familie, Bonn, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Hebammenwissenschaft. 3. Internationale Fachtagung der Deutschen Gesellschaft für Hebammenwissenschaft (DGHWi). Fulda, 12.-12.02.2016. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2016. Doc16dghwiV4

doi: 10.3205/16dghwi04, urn:nbn:de:0183-16dghwi049

Dieses ist die deutsche Version des Artikels.
Die englische Version finden Sie unter: http://www.egms.de/en/meetings/dghwi2016/16dghwi04.shtml

Veröffentlicht: 5. Februar 2016

© 2016 Reiss.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Gliederung

Text

Hintergrund: Das Netzwerk „Gesund ins Leben“ verfolgt das Ziel, seine bundesweit einheitlichen Handlungsempfehlungen „Säuglingsernährung und Ernährung der stillenden Mutter“ [1] sowie „Ernährung in der Schwangerschaft“ [2] in Fachkreisen zu verbreiten, damit Multiplikatoren diese Informationen jungen Familien alltagsnah vermitteln. Hebammen genießen bei (werdenden) Eltern ein großes Vertrauen. Deshalb kommt ihnen als Botschafterinnen der Handlungsempfehlungen eine wichtige Bedeutung zu.

Ziel/Fragestellung: Um die Handlungsempfehlungen erfolgreich umzusetzen, muss die Akzeptanz bei den Multiplikatoren – so auch bei Hebammen – gewährleistet sein. Deshalb wurde in zwei Evaluationsprojekten in Kooperation mit der Universität Bielefeld der Zustimmungsgrad bei verschiedenen Multiplikatorengruppen erfasst.

Methodik: Die Akzeptanz der Handlungsempfehlungen wurde in Online-Befragungen mit einem standardisierten Fragebogen befragt („stimme zu“/„stimme nicht zu“). Die Befragung zu den Kernaussagen „Säuglingsernährung und Ernährung der stillenden Mutter“ fand von Dezember 2011 bis Februar 2012 statt. Grundlage sind 60 Handlungsempfehlungen u. a. zu den Themen Stillen, Säuglingsmilchnahrung, Beikost und Allergieprävention beim Kind. Es wurden 1311 Multiplikatoren (87,4 % Hebammen, 3,6 % Frauenärzte, 3,4 % Kinder- und Jugendärzte, 0,8 % Kinderkrankenschwestern/-pfleger, 0,8 % Oecotrophologen, 3,5 % sonstige Berufsgruppen) befragt.

Von Mai bis August 2014 folgte die Befragung zu den Handlungsempfehlungen „Ernährung in der Schwangerschaft“. Inhalt des Fragebogens sind 34 Kernaussagen u.a. zu den Themen Gewichtsentwicklung, Ernährungsweise, Supplemente, Bewegung und Genussmittel. An der zweiten Befragung nahmen 864 Multiplikatoren (76,3 % Hebammen, 11,7 % Frauenärzte, 12 % andere Berufsgruppen) teil.

Ergebnisse: Die Ergebnisse wurden differenziert nach Berufsgruppen ausgewertet. Die Akzeptanz der Handlungsempfehlungen zur Säuglingsernährung fällt bei Hebammen im Vergleich zu den anderen befragten Berufsgruppen mit einem Zustimmungsgrad von insgesamt 67 % am geringsten aus. Keinen Konsens (Zustimmungsgrad < 75 %) finden z. B. Empfehlungen zu den Themen Vitamin K, Vitamin D, zusätzliche Flüssigkeit für Säuglinge sowie Folgenahrung.

Der Zustimmungsgrad für die Handlungsempfehlungen zur Ernährung in der Schwangerschaft beträgt bei Hebammen durchschnittlich 90 %. In dieser Berufsgruppe bilden die Kernaussagen zu den Themen Supplemente (Folat, Jod, Omega-3-Fettsäuren) und vegane Ernährung keinen Konsens (Zustimmungsgrad < 75 %). Für die Ablehnung der Handlungsempfehlungen ziehen die Befragten jeweils nur vereinzelt wissenschaftlichen Quellen heran. Der überwiegende Teil der Begründungen beruht auf Intuition, regionalen Gepflogenheiten und einem subjektiven Gefühl (Erfahrung).

Relevanz: Aufgrund der überdurchschnittlichen Beteiligung von Hebammen an der Befragung (> 70 %) haben die Ergebnisse eine große Relevanz für die Umsetzung der Empfehlungen in die Praxis: Die Ergebnisse lassen vermuten, dass Hebammen bestimmte Handlungsempfehlungen nicht bzw. nicht einheitlich an junge Familien weitergegeben. Widersprüchliche Aussagen können junge Eltern in vielen Entscheidungen rund um die Geburt verunsichern.

Empfehlungen/Schlussfolgerungen: Die Akzeptanz der Handlungsempfehlungen ist zwar hoch, ihre Implementierung in die Praxis aber noch nicht vollständig gelungen. Da Hebammen anscheinend einen unterschiedlichen Kenntnisstand bezüglich diverser Themen aufweisen, sollen sie verstärkt über die bundesweit einheitlichen Handlungsempfehlungen und deren wissenschaftlichen Hintergründe informiert werden. So möchte das Netzwerk Gesund ins Leben z. B. seine Handlungsempfehlungen bereits in die Aus- und Weiterbildung von Hebammen implementieren, damit Hebammen von Ausbildungsbeginn an mit den Empfehlungen vertraut sind. Welche Möglichkeiten dafür bestehen, soll im Anschluss an den Vortrag diskutiert werden.


Literatur

1.
Koletzko B, Bauer CP, Bung P, Cremer M, Flothkötter M, Hellmers C, Kersting M, Krawinkel M, Przyrembel H, Rasenack R, Schäfer T, Vetter K, Wahn U, Weißenborn A, Wöckel A. Ernährung in der Schwangerschaft – Handlungsempfehlungen des Netzwerks „Gesund ins Leben – Netzwerk Junge Familie“. Dtsch Med Wochenschr. 2012;137(24-26):1309-72.
2.
Koletzko B, Bauer C-P, Brönstrup A, Cremer M, Flothkötter M, Hellmers C, Kersting M, Krawinkel M, Przyrembel H, Schäfer T, Vetter K, Wahn U, Weißenborn. Säuglingsernährung und Ernährung der stillenden Mutter. Aktualisierte Handlungsempfehlungen des Netzwerks Gesund ins Leben – Netzwerk Junge Familie, ein Projekt von IN FORM. Monatsschr Kinderheilkd. 2013;161(3):237-46.