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5. Wissenschaftlicher Kongress der Deutschen Gesellschaft für Essstörungen e.V. (DGESS)

Deutsche Gesellschaft für Essstörungen e.V.

03.03. - 05.03.2016, Essen

Untersuchung der Körperbildstörung bei Anorexia Nervosa mithilfe biometrischer Avatare in virtueller Realität

Meeting Abstract

  • corresponding author presenting/speaker Simone C. Mölbert - Universitätsklinikum Tübingen, Innere Medizin VI - Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Tübingen, Deutschland
  • Anne Thaler - Max-Planck-Institut für biologische Kybernetik, Tübingen, Deutschland
  • Betty Mohler - Max-Planck-Institut für biologische Kybernetik, Tübingen, Deutschland
  • Stephan Streuber - Max-Planck Institut für Intelligente Systeme, Tübingen, Deutschland
  • Michael J. Black - Max-Planck Institut für Intelligente Systeme, Tübingen, Deutschland
  • Stephan Zipfel - Universitätsklinikum Tübingen, Innere Medizin VI - Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Tübingen, Deutschland
  • Katrin E. Giel - Universitätsklinikum Tübingen, Innere Medizin VI - Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Tübingen, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Essstörungen e.V. (DGESS). 5. Wissenschaftlicher Kongress der Deutschen Gesellschaft für Essstörungen. Essen, 03.-05.03.2016. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2016. Doc16dgess087

doi: 10.3205/16dgess087, urn:nbn:de:0183-16dgess0870

Veröffentlicht: 18. Februar 2016

© 2016 Mölbert et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Die Körperbildstörung ist ein Kernsymptom der Anorexia Nervosa (AN). Sie gilt als Indikator für eine schlechte Prognose, als schwierig zu therapieren und besteht oft auch nach Gewichtszunahme fort. Diese Studie verwendet individuelle 3D-Avatare, um folgende Forschungsfragen näher zu untersuchen: (1) Repräsentieren AN Patientinnen körperbezogene Informationen generell anders oder ist die Körperbildstörung rein selbstbezogen? (2) Ist die Körperbildstörung eher perzeptuell oder eher durch dysfunktionale Bewertungen charakterisiert?

Methoden: Untersucht werden N=20 AN-Patientinnen und N=20 Kontrollprobandinnen. Von jeder Teilnehmerin wird auf Basis eines 3D-Körperscans ein individueller Avatar mit 9 verschiedenen BMI-Stufen gefertigt, nämlich aktueller BMI und +/- 5%, 10%, 15% und 20% BMI. Um die Rolle des Selbstbezugs zu bestimmen, wird basierend auf der Figur der Teilnehmerin eine zweite Avatar-Serie mit dem Aussehen einer fremden Person erstellt. Die Avatare werden in einer virtuelle Realität-Umgebung lebensgroß und in 3D präsentiert. Das Experiment folgt einem 2x2 gemischten Design mit den Faktoren Gruppe (AN versus Kontrolle) und Avatar-Serie (eigenes versus fremdes Aussehen), wobei es zwei unterschiedliche Aufgabenformate gibt: Im "2 Alternatives Forced Choice Task" sieht die Teilnehmerin jeden Avatar 20 Mal für 2 Sekunden, anschließend muss sie entscheiden, ob dies der eigene bzw. richtige oder ein manipulierter Avatar war. Im "Method of Adjustment Task" soll die Teilnehmerin jeden der Avatare jeweils so verändern, dass er ihrem aktuellen bzw. dem richtigen Körper entspricht und zusätzlich jeweils so, dass er ihrem idealen Körper entspricht. Zusätzlich werden Selbstwert, Körperunzufriedenheit und Essstörungspathologie detailliert erfasst.

Ergebnisse: Erste Ergebnisse von N=14 AN-Patientinnen zeigen für die Avatare mit eigenem Aussehen eine klare Neigung der Patientinnen, dünnere Avatare als den eigenen zu identifizieren bzw. einzustellen. Bei Avataren mit Aussehen einer fremden Person waren die AN-Patientinnen hingegen weitgehend akkurat. Bei den N=8 Kontrollprobanden zeigt sich zwar ein ähnliches Muster, jedoch deutlich weniger ausgeprägt.

Schlussfolgerung: Unsere vorläufigen Ergebnisse weisen darauf hin, dass die Körperbildstörung bei AN-Patientinnen selbstbezogen und vor allem durch Bewertung charakterisiert ist und keine generell andere Wahrnehmung oder Verarbeitung von Körpern zugrunde liegt.