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Wie häufig sind Essstörungen bei Jugendlichen in Österreich? Ergebnisse der ersten epidemiologischen Studie für Österreich
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Veröffentlicht: | 18. Februar 2016 |
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Hintergrund: Für Österreich standen zur Häufigkeit von psychischen Störungen, und insbesondere Essstörungen, bei Jugendlichen zwischen 10 und 18 Jahren bislang keine repräsentativen Daten zur Verfügung. Zur Abschätzung der Problematik musste stets auf Zahlen aus anderen Ländern zurückgegriffen werden. Die Frage nach deren Übertragbarkeit blieb stets offen. Mit dem soeben abgeschlossenen Forschungsprojekt „MHAT – Mental Health in Austrian Teenagers“ (gefördert durch: Gemeinsame Gesundheitsziele aus dem Rahmen Pharma-Vertrag - eine Kooperation von österreichischer Pharmawirtschaft und Sozialversicherung) sollte dieser Situation Abhilfe geschaffen werden.
Methoden: Die MHAT Studie hatte ein zweistufiges Design bestehend aus Screening mittels Fragebögen (YSR, SCOFF) und anschließendem Telefoninterview (Kinder-DIPS). In der Screeningphase wurde eine repräsentative Stichprobe in Schulen aller Schultypen in ganz Österreich erhoben. Zusätzlich wurden basierend auf einem Samplingplan kleinere Stichproben von SchulabbrecherInnen, die Kurse zum Nachholen des Schulabschlusses besuchten, und von Jugendlichen in Kinder- und Jugendpsychiatrischen Stationen einbezogen. Insgesamt 3507 SCOFF-Fragebögen waren auswertbar. In der Interviewphase wurde mit dem Ziel der Ermittlung der Punkt- und Lebenszeitprävalenzen nach DSM-5 mit 471 Jugendlichen und 483 Erziehungsberechtigten ein strukturiertes klinisch-diagnostisches Interview geführt.
Ergebnisse: Mindestens zwei der im SCOFF genannten Symptome und somit ein Risiko für Essstörungen haben 32.1% der Mädchen und 15.2% der Burschen (nur Schulstichprobe: 30.9% und 14.6%). Die Interviews ergaben folgende Punktprävalenzen für Essstörungen: Anorexia Nervosa (AN): 1.01%, Bulimia Nervosa (BN): 0.17%, Binge Eating Disorder (BED): 0.12%, Other Specified Feeding or Eating Disorder (OSFED): 0.30%. Die Lebenszeitprävalenzen liegen bei 1.44% für AN, 0.32% für BN, 0.20% für BED und 0.59% für OSFED. Nur rund 20% der Jugendlichen aus der Schulstichprobe mit einer dieser Essstörungen haben professionelle Hilfe in Anspruch genommen.
Schlussfolgerung: Die Ergebnisse stimmen mit internationalen Studien gut überein und zeigen großen Bedarf an Präventionsmaßnahmen. Alarmierend ist zudem der hohe Prozentsatz von Jugendlichen mit Essstörungen, die keine professionelle Hilfe in Anspruch nehmen. Dies erfordert dringend wirkungsvolle Maßnahmen.