gms | German Medical Science

5. Wissenschaftlicher Kongress der Deutschen Gesellschaft für Essstörungen e.V. (DGESS)

Deutsche Gesellschaft für Essstörungen e.V.

03.03. - 05.03.2016, Essen

Diagnostischer Status bei Essstörungen im Langzeitverlauf: Remission und Verschiebung der Essstörungsdiagnose

Meeting Abstract

Suche in Medline nach

  • corresponding author presenting/speaker Norbert Quadflieg - Psychiatrische Klinik der LMU, München, Deutschland
  • author Manfred Fichter - Schön Klinik Roseneck und Psychiatrische Klinik der LMU, Prien und München, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Essstörungen e.V. (DGESS). 5. Wissenschaftlicher Kongress der Deutschen Gesellschaft für Essstörungen. Essen, 03.-05.03.2016. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2016. Doc16dgess001

doi: 10.3205/16dgess001, urn:nbn:de:0183-16dgess0015

Veröffentlicht: 18. Februar 2016

© 2016 Quadflieg et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Gliederung

Text

Hintergrund: Die diagnostischen Klassifikationssysteme DSM und ICD führen eine große Anzahl von Diagnosen zu Essstörungen auf. Ein erheblicher Teil der Patienten mit Essstörungen wechseln im Laufe ihrer Krankheitsgeschichte die konkrete Essstörungsdiagnose. Zur Verschiebung der Essstörungsdiagnose, insbesondere in großen Stichproben und über einen langen Zeitraum hinweg, gibt es nur begrenzt Befunde. Genauere Daten zur Verschiebung von Essstörungsdiagnosen geben Hinweise zur diagnostischen Klassifikation und deren Implikation für die Therapie.

Stichprobe: Von 3.425 Patienten (3.351 Frauen und 74 Männer), die in der Schön Klinik Roseneck in den Jahren 1985 bis 2005 wegen einer Essstörung [1.017 Anorexia nervosa (AN), 1.140 Bulimia nervosa (BN), 183 Binge-Eating-Störung (BES), 1.085 nicht näher bezeichneter Essstörung (EDNOS); alle nach DSM-IV] stationär behandelt worden waren, lagen Essstörungsdiagnosen aus einer Nachuntersuchung 10 Jahre später (M = 9,8; SD = 5,5 Jahre) vor.

Instrumente: Die Diagnosen wurden anhand des standardisierten Diagnosealgorithmus des Strukturierten Inventars für Anorektische und Bulimische Essstörungen (SIAB-S) definiert.

Ergebnisse: Insgesamt 2.011 Patienten wiesen bei der Nachuntersuchung noch eine Essstörungsdiagnose auf. Wechsel in den Diagnosen von Aufnahme zur Nachuntersuchung ergaben sich folgendermaßen:

  • 38,4% hatten bei Aufnahme und Nachuntersuchung die gleiche Diagnose
  • 62,4% der Patienten mit einer AN, BN oder BES waren teilremittiert (EDNOS bei Nachuntersuchung)
  • 18,2% der Patienten mit restriktiver AN wechselten zu einer Essstörung mit bulimischen Verhaltensweisen (binge eating/purging AN, BN, BES)
  • 6,9% der Patienten mit BES wechselten zur BN purging Typ, weitere 1,0% zu BN non-purging Typ
  • 5,7% der Patienten mit binge eating/purging AN und 0,2% mit BN purging Typ (keine der Patienten mit BN non-purging Typ oder BES) wechselten zur restriktiven AN
  • 3,6% der Patienten mit BN purging Typ wechselten zu BN non-purging Typ oder BES.

Schlussfolgerung: Ein geringer Anteil von Patienten, die über lange Zeit eine Essstörung aufweisen, gibt die bulimischen Verhaltensweisen (Essanfälle und unangemessene gegensteuernde Maßnahmen) ganz oder teilweise auf. Ein weitaus größerer Anteil von ursprünglich restriktiven Patienten weist im Laufe der Zeit zusätzliche bulimische Verhaltensweisen auf. Eine weitere Aufschlüsselung, z. B. innerhalb der Essstörungen EDNOS wird erarbeitet.

Anmerkung: Die Studie wurde von der Christina Barz-Stiftung gefördert.