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132. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie

28.04. - 01.05.2015, München

Blasenagenesie bei anorektaler Malformation – Fallbericht einer sehr seltenen Erkrankung

Meeting Abstract

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  • Sara Saidy-Rad - Klinikum Augsburg, Kinderchirurgische Klinik, Augsburg, Deutschland
  • Kurt Vollert - Klinikum Augsburg, Klinik für Diagnostische Radiologie und Neuroradiologie, Augsburg, Deutschland
  • Tobias Schuster - Klinikum Augsburg, Klinik für Kinderchirurgie, Augsburg, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie. 132. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie. München, 28.04.-01.05.2015. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2015. Doc15dgch169

doi: 10.3205/15dgch169, urn:nbn:de:0183-15dgch1698

Veröffentlicht: 24. April 2015

© 2015 Saidy-Rad et al.
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Gliederung

Text

Einleitung: Die Agenesie der Harnblase ist eine sehr seltene Anomalie (1:600.000), die in der Regel mit weiteren schweren Malformationen assoziiert ist. Wir berichten über einen weiblichen Säugling mit kloakaler Malformation, Meningocele und Harnblasenagenesie.

Material und Methoden: Uns wurde ein Frühgeborenes (34+0. Schwangerschaftswoche, Geburtsgewicht 2610 g) aufgrund einer anorektaler Malformation vorgestellt. Die klinische Untersuchung und perinatale Sonografie indizierten eine Laparotomie mit Ileostoma-Anlage. An weiterführender Diagnostik waren ein MRT der Wirbelsäule inklusive MRU, eine Endoskopie, eine Mag3-Szintigraphie sowie konventionelle Aufnahmen erforderlich.

Ergebnisse: Sonografisch konnte eine anorektale Malformation mit hoher Analatresie und Fistel zwischen dem Rektum und dem Urogenitaltrakt dargestellt werden – zusammen mit dem klinischen Befund des äußeren Genitales als kloakale Malformation definiert. Die sonografische Darstellung „der Blase" war zunächst inkonstant. Es zeigte sich zudem eine Doppelanlage der rechten Niere mit Hydronephrose und Hydroureter der oberen Anlage. Des Weiteren ließen sich u.a. eine Meningocele mit Tethering des Myelons, eine Syringohydromyelie sowie eine Sakrumhypoplasie und eine Hüftdysplasie darstellen. Bereits am 1. postnatalen Tag erfolgte eine Laparotomie zur Anlage eines Anus praeters. Intraoperativ konnte bei der Exploration des Abdomens letztlich keine blasenähnliche Struktur identifiziert werden – lediglich eine kleine zystische an die Bauchwand anhaftend Struktur unklarer Genese. Außerdem zeigte sich eine Duplikatur des Appendix, ein Uterus didelphys und ein insgesamt nur sehr kurzes Colon, so dass nicht – wie initial geplant – ein Colostoma, sondern ein Ileostoma angelegt werden musste. Zur Klärung der urogenitalen Verhältnisse erfolgte eine Endoskopie. Hier ließ sich eine kloakale Öffnung darstellen, die sich in zwei tubuläre Hohlräume aufzweigte, wobei sich der kaudale eindeutig als Darm identifizieren ließ und der ventrale als Vaginalanlage imponierte. Beidseits zeigten sich neben der Aufteilung der Kloake in Darm und Vagina kleine nicht, sondierbare Öffnungen, die am ehesten als Ureterostien zu werten waren. Eine Blase konnte nicht gespiegelt werden. Ein MRT bestätigte die bekannte komplexe urogenitale Fehlbildung mit kloakaler Malformation ohne sicheren Nachweis einer Blase. Die retrospektive Beurteilung der initialen Sonografien bestätigt den Verdacht auf eine Blasenagenesie. Bislang wurden bewusst noch keine weiterführenden Operationen durchgeführt. Gegenwärtig steht das Gedeihen der Patientin im Vordergrund.

Schlussfolgerung: Wie in der spärlichen Literatur beschrieben, liegt auch bei unserer Patientin die Blasenagenesie im Rahmen eines komplexen Fehlbildungssyndroms vor. Obgleich es sich hierbei um eine seltene Erkrankung handelt, wird dennoch deutlich, dass bei bereits bekannter Malformation eine umfangreiche Diagnostik notwendig ist, um assoziierte Fehlbildungen zu erkennen. Dies ist die Basis einer adäquaten initialen Behandlung der Patienten zur Vermeidung komplikationsträchtiger Übertherapie und notwendig für die Stratifizierung einer sehr individuellen langfristigen Therapie unter Berücksichtigung der Prognose, speziell hinsichtlich der Kontinenz.