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27. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Audiologie
und Arbeitstagung der Arbeitsgemeinschaft Deutschsprachiger Audiologen, Neurootologen und Otologen

Deutsche Gesellschaft für Audiologie e. V. und ADANO

19. - 21.03.2025, Göttingen

Stigmatisierung von Hörgeräten in Deutschland – eine datengestützte Analyse

Meeting Abstract

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  • presenting/speaker Edith Gramotke - Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen, Deutschland; WS Audiology, Erlangen, Deutschland
  • Ulrich Hoppe - Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen, Deutschland; Universitätsklinikum Erlangen, Audiologische Abteilung, Hals-Nasen-Ohren-Klinik, Kopf- und Halschirurgie, Erlangen, Deutschland
  • Rosa-Linde Fischer - WS Audiology, Erlangen, Deutschland
  • Ilse Ramirez - WS Audiology, Erlangen, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Audiologie e. V. und ADANO. 27. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Audiologie und Arbeitstagung der Arbeitsgemeinschaft Deutschsprachiger Audiologen, Neurootologen und Otologen. Göttingen, 19.-21.03.2025. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2025. Doc214

doi: 10.3205/25dga214, urn:nbn:de:0183-25dga2146

Veröffentlicht: 18. März 2025

© 2025 Gramotke et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Gliederung

Text

Fragestellung: Im Jahr 2019 waren etwa 1,5 Mio. Menschen von Hörverlust betroffen [1], doch nur 16,2% derer, die beidseitige Hörgeräte benötigen, besitzen diese auch [2]. Ein wesentlicher Grund dafür ist die Angst der Betroffenen vor Stigmatisierung [3]. Vorangegangene Studien zeigen, dass die Stigmatisierung je nach Altersgruppe und dem Versorgungsgrad unterschiedlich wahrgenommen wird [3], [4]. Trotz der Relevanz des Themas fehlen bislang umfassende nationale Untersuchungen. Die vorliegende Arbeit soll daher die Ausprägung der Stigmatisierung in verschiedenen Altersgruppen in Deutschland untersuchen. Dabei werden sowohl normalhörende Personen als auch Menschen mit Hörverlust einbezogen. Zudem wird ein möglicher Zusammenhang des Stigmas mit psychischer Gesundheit, Altersbildern sowie der Wahl von Hörgerätebauformen untersucht.

Methode: Es wurde eine anonyme Online-Umfrage durchgeführt. Zielgruppe waren Personen ab 18 Jahren. Die Teilnehmenden bewerteten neben Stigma-bezogene Faktoren auch Fragen zu psychischer Gesundheit, Altersbildern sowie Hörgerätebauformen. Zur Bewertung wurden etablierte Skalen verwendet, darunter das „Stigma Consciousness Questionnaire For Hearing Loss“ (SCQ-HL) und psychologische Inventare wie die „Rosenberg-Skala“ (Selbstwertgefühl) sowie „BSI-18“ (Depressivität/Ängstlichkeit). Neben dem subjektiven Hörverlust wurde auch die Hörschwelle mittels eines Online-Hörscreenings ermittelt. Zur statistischen Analyse wurden Hypothesentests und Korrelationsanalysen, sowie ein Strukturgleichungsmodel berechnet. Die Ergebnisse wurden differenziert nach subjektivem Hörstatus (normalhörend/mit unversorgtem Hörverlust/mit HG/CI-versorgtem Hörverlust) und Altersgruppen (unter bzw. über 50 Jahre) ausgewertet.

Ergebnisse: Die Stichprobe umfasst 370 Teilnehmende (41% Männer, 58% Frauen, 1% divers; Alter: 18–88 Jahre, M = 46, SD = 19), wobei 76% der Teilnehmenden ein hohes Bildungsniveau hatten. Die Verteilung der Hörstatusgruppen zeigt, dass 160 Teilnehmende keinen, 46 einen unversorgten und 164 einen versorgten (HG: 117, CI: 47) Hörverlust hatten.

Der Großteil der Befragten hatte ein mäßiges Bewusstsein für ein Hörverlust-Stigma, und ein geringes Hörgeräte-Stigma. Vorläufige Analysen zeigen, dass Personen unter 50 ein stärkeres Bewusstsein für Hörverlust-Stigma aufweisen als über 50, während die Stigmatisierung von Hörgeräten bei Personen ohne Hörverlust stärker ausgeprägt ist als bei Betroffenen. Bei Personen über 50 mit versorgtem Hörverlust korrelieren Hörgeräte-Stigma signifikant mit Depressivität, Ängstlichkeit, geringerem Selbstwertgefühl und reduzierter Selbstwirksamkeit (alle p < 0.05). Bei unversorgtem Hörverlust in derselben Altersgruppe zeigen sich Korrelationen mit Depressivität und geringerem Selbstwertgefühl (alle p < 0.05).

Die gewonnenen Erkenntnisse sollen dazu beitragen, die Situation von Personen mit Hörverlust besser zu verstehen, um langfristig Maßnahmen zur Reduktion der Stigmatisierung entwickeln zu können.


Literatur

1.
WHO. World report on hearing. Geneva: World Health Organization; 2021.
2.
Döge J, Hackenberg B, O Brien K, Bohnert A, Rader T, Beutel ME, Münzel T, Pfeiffer N, Nagler M, Schmidtmann I, Wild PS, Matthias C, Bahr K. The Prevalence of Hearing Loss and Provision With Hearing Aids in the Gutenberg Health Study. Dtsch Arztebl Int. 2023 Feb 17;120(Forthcoming):99-106. DOI: 10.3238/arztebl.m2022.0385 Externer Link
3.
Sindi A, Hanbazazah K, Alamoudi MM, Al-Harbi A, Aljuhani M, Zawawi F. The Hearing Aid Effect in the 2020s: Where Do We Stand? Cureus. 2023 Apr 29;15(4):e38302. DOI: 10.7759/cureus.38302 Externer Link
4.
Kochkin S, Rogin C. Quantifying the obvious: The Impact of Hearing Instruments on Quality of Life. Hear Rev. 2000;7(1):6-34.