Artikel
Hyperakusis und Hör-Rehabilitation bei Erwachsenen mit Cochlea Implantat (CI): Erste Ergebnisse
Suche in Medline nach
Autoren
Veröffentlicht: | 18. März 2025 |
---|
Gliederung
Text
Hintergrund und Problemstellung: Bei einer Hyperakusis (H 93.2) – einer Geräuschintoleranzerkrankung – werden Alltagsgeräusche, die normalerweise als unauffällig erlebt werden, als zu laut/unerträglich wahrgenommen. Mögliche Folgen sind Unbehagen, Stress, Ärger und/oder Schmerz. Unserer klinischen Erfahrung nach gibt es Hyperakusis bei erwachsenen CI-Patienten. Es gibt jedoch noch keine Prävalenzangaben. Außerdem wissen wir noch nicht, ob sich die Schwere der Erkrankung während der Hörrehabilitation nach einem CI verändert, auch wenn keine spezifische Hyperakusis-Behandlung erfolgt. Hierzu ist eine Fallserie geplant.
Methoden: Um erste Prävalenzangaben bei erwachsenen CI-Patienten zu erhalten, soll das Auftreten von Hyperakusis in zwei österreichischen Kliniken systematisch erfasst werden. Kandidaten für die Fallserie sind erwachsene CI-Kandidaten und CI-Träger mit einem beidseitigen sensorineuralen Hörverlust, diagnostizierter Hyperakusis und ohne psychotischen Erkrankungen. Datenerhebungen finden im Rahmen des routinemäßigen medizinischen, audiologischen und psychologischen CI-Versorgungsprozesses zu fixen Zeitpunkten statt (vor CI, Erstanpassung sowie 3, 6 und 12 Monate nach CI). Zu den Messinstrumenten siehe Tabelle 1 [Tab. 1].
Vorläufige Ergebnisse: Bis jetzt wurden bei 12 Prozent aller erwachsenen CI Kandidaten mit bilateralem Hörverlust Hinweise auf eine Hyperakusis gefunden (Standort Salzburg, Zeitraum 15 Monate, Tabelle 2 [Tab. 2]). Bei 7 Patienten (Salzburg, Wels) liegen erste Informationen für eine Fallserie vor. Hier berichten wir über einen 57-jährigen Mann, der mit fortschreitendem Hörverlust aufgrund chronischer Mittelohrentzündungen und Granulomatose mit Polyangiitis in die Klinik kam. Der Patient war links gehörlos und rechts mittelgradig schwerhörig. Sechs Jahre zuvor war er mit einer Knochenleitungsbrille rechts ausgestattet worden, die später durch ein herkömmliches Hörgerät ersetzt wurde. Seit drei Jahren litt er zusätzlich unter einem schwergradigen Tinnitus und unter Hyperakusis, weiters bestand der Verdacht auf eine depressive Störung (HADS). 12 Monate nach dem CI hatte sich die Spracherkennung (75% Prozent Einsilber, best aided) und das subjektive Hörvermögen verbessert, die depressive Problematik war unauffällig und die Tinnitusbelastung war zurückgegangen. Die Hyperakusis-Beschwerden (erhobene Werte anhand HIQ, SSSQ) hatten in den ersten 6 Monaten zugenommen. 6 Monate später waren sie wieder im Bereich der Ausgangswerte. Insgesamt hatte die Anzahl störender, unangenehmer oder schmerzhafte Geräusche abgenommen. Der soziale Rückzug (auch zur Vermeidung der Hyperakusis-Geräusche) war vor allem in den ersten 6 Monaten nach CI ausgeprägt.
Schlussfolgerungen: Die bisherigen Ergebnisse legen nahe, dass Hyperakusis bei CI-Patienten eine nicht allzu seltene und komplexe Erkrankung ist. Bei der Diagnose und bei der Behandlung ist der Einfluss des Vermeidungsverhaltens zu bedenken.