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27. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Audiologie
und Arbeitstagung der Arbeitsgemeinschaft Deutschsprachiger Audiologen, Neurootologen und Otologen

Deutsche Gesellschaft für Audiologie e. V. und ADANO

19. - 21.03.2025, Göttingen

Welchen langfristigen Nutzen hat das frühe Lernen von Gebärden bei Kindern mit CI? Eine qualitative Datenerhebung aus Elterninterviews

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Maika Werminghaus - Universitätsklinikum Düsseldorf, Hörzentrum der HNO-Klinik, Düsseldorf, Deutschland
  • Susann Thyson - Universitätsklinikum Düsseldorf, Hörzentrum der HNO-Klinik, Düsseldorf, Deutschland
  • Melanie Eberlein - Deutschland
  • Katja Garling - Europäische Fachhochschule Rhein/Erft GmbH, Hochschule für Gesundheit, Soziales & Pädagogik, Rostock, Deutschland
  • Thomas Klenzner - Universitätsklinikum Düsseldorf, Hörzentrum der HNO-Klinik, Düsseldorf, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Audiologie e. V. und ADANO. 27. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Audiologie und Arbeitstagung der Arbeitsgemeinschaft Deutschsprachiger Audiologen, Neurootologen und Otologen. Göttingen, 19.-21.03.2025. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2025. Doc169

doi: 10.3205/25dga169, urn:nbn:de:0183-25dga1695

Veröffentlicht: 18. März 2025

© 2025 Werminghaus et al.
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Gliederung

Text

Einleitung: Über den Einfluss von Gebärden auf die Sprachentwicklung von Kindern mit CI liegen international Studien mit differierenden Ergebnissen vor. So zeigen sich einerseits positive Effekte des Gebärdenlernens auf den Spracherwerb, andererseits gibt es Belege für den erfolgreichen Spracherwerb ohne Gebärdensprach-Input. Ziel der Studie war die Untersuchung der langfristigen und situativen Nutzung von Gebärden bei normalentwickelten Kindern mit CI im Schulalter aus Sicht der Eltern. Die Ergebnisse sollen dazu beitragen, Beratungsprozesse in der Versorgung nach CI-OP in Bezug auf das Erlernen von gebärdensprachlichen Kompetenzen im frühen Verlauf der Nachsorge zukünftig zu optimieren.

Methode: Fünf Eltern von Kindern mit CIs, die vor dem dritten Lebensjahr implantiert wurden, wurden in Einzelinterviews befragt. Eingeschlossen wurden Eltern, deren Kinder in den ersten 2,5 Lebensjahren mit einem oder zwei CIs versorgt worden sind, im Laufe der Basis- und Folgetherapie Gebärdensprache (GS) im Alltag gelernt und genutzt haben und deren Kind eine Regelschule besucht. Die halbstrukturierten Interviews wurden online durchgeführt, und die erhobenen Daten mittels qualitativer Inhaltsanalyse nach Kuckartz ausgewertet.

Ergebnisse: In der Auswertung wurden zehn Kategorien gebildet, u.a. Häufigkeit der Gebärdennutzung, Gebärdennutzung mit und ohne CI, Missverständnisse, Empfinden und Empfehlung zur Gebärdennutzung. Die Eltern berichteten, dass GS hauptsächlich in Situationen verwendet wird, in denen die CIs nicht getragen werden (z.B. Schwimmen, Duschen). Während der CI-Verwendung werden Gebärden meist zur Kommunikation mit anderen hörgeschädigten Personen oder bei Störschall genutzt. Die Akzeptanz von GS im sozialen Umfeld wurde unterschiedlich wahrgenommen. Entscheidungen zur Nutzung von GS wurden maßgeblich durch die Empfehlungen von Logopäd:innen und Frühförderkräften beeinflusst. Es zeigte sich, dass eine klare Unterscheidung zwischen der Verwendung von GS und gestenbasierter Kommunikation notwendig ist, da Familien häufiger Gesten oder gestengestützte Kommunikation anstelle von GS einsetzen. Alle Befragten würden das Gebärdenlernen und die Nutzung anderen Eltern empfehlen.

Diskussion: Die Ergebnisse legen nahe, dass das Erlernen von GS parallel zur Lautsprachentwicklung bei Kindern mit CIs keine nachteiligen Effekte hat, sondern in spezifischen Situationen unterstützend wirkt. Eine frühe und kontinuierliche Exposition gegenüber GS, vermittelt durch kompetente Kommunikationspartner, fördert deren langfristigen Nutzen. Für eine effektive Kommunikationsstrategie ist eine fundierte Beratung durch Fachkräfte essenziell. Dabei sollte eine klare Abgrenzung zwischen gestengestützter Kommunikation und GS in der Beratung hervorgehoben werden.